Lesen lenkt ab, Lesen tut gut – findet Beraterin Andrea Grudda und sie hat recht. Hier sind ihre 7 neuen Buchtipps für eine Zeit, in der viele Menschen viel zu Hause sind. Achtung: ein Nicht-Tipp ist auch darunter.
1. Das Tao der Physik – Die Konvergenz von westlicher Wissenschaft und östlicher Philosophie
von Fritjof Capra
Das Buch verändert alles. Ich verstehe nicht, warum es nicht in den Talkshows rauf und runter besprochen wird. In einigen Kreisen wird es als eine „neue“ alternative Religion zu den Herkömmlichen gefeiert. Denn es bringt das westliche Denken der Wissenschaft zusammen mit östlichen Religionen und liefert Beweise für Dinge, an die man bisher nur glauben konnte oder nicht. Ich habe es verschlungen. Einer meiner Lieblingssätze, frei zitiert, ist: „Wir könnten noch viel mehr beweisen, wenn unsere Sprache nicht so beschränkt wäre“.
2. Drei
von Dror Mishani
Ein literarischer Krimi vom Feinsten. Psychologie sehr filigran, spielerisch souverän und fesselnd. Das Buch beginnt wie eine der zur Zeit typischen feinsinnigen Beziehungsgeschichten, die gerade die israelischen Schriftsteller*innen so gut können. Im Laufe der Zeit verwandelt es sich in die Geschichte eines Serienmörders. Hoch realistisch und das Aufdecken der Taten steht interessanter Weise nicht im Mittelpunkt. Vielmehr geht es um Einsamkeit und um ein präzises Psychogramm dreier Frauen, die alle Opfer desselben Täters werden. Dessen raffiniertes Vorgehen ist genau so faszinierend wie die Lebenssituation der Frauen.
3. Im Grunde gut – Eine neue Geschichte der Menschheit
von Rutger Bregmann
In unseren Köpfen hat sich der Gedanke, dass der Mensch eigentlich schlecht ist und man selbst nur eine Ausnahme ist, gesellschaftlich so manifestiert, dass wir das Offensichtliche nicht sehen wollen. Dies ist kein Buch, das fantastische Geschichten über gute Menschen und Taten erzählt. Sondern fundiert recherchierte Fakten aufführt, die zeigen, dass wir wohl ein Paradigma im Kopf haben, das Beweise für das Schlechte im Menschen sucht. Mich hat es fasziniert zu lesen, wie unterschiedlich wissenschaftliche Tests gedeutet werden können. Wie ignorant wir sind, wenn sich Meinungen festgesetzt haben. Es gibt kein besseres Buch in diesen Zeiten. Es erfüllt einen mit Hoffnung und macht glücklich beim Lesen.
(Anmerkung der Redaktion: Haben wir auch gelesen, stimmen voll zu!)
4. Three Women/drei Frauen
von Lisa Taddeo
Ich bin der Autorin total auf den Leim gegangen. Alle drei Frauen waren mir unsympathisch, aus verschiedenen Gründen. Ich habe sie vorverurteilt und verachtet. Bis ich gemerkt habe, dass auch ich in gesellschaftlichen Konventionen denke und mir schnell mal ein „selber Schuld“ durch den Kopf gesprungen ist. Das Buch ist fordernd und herzzerreißend. Es lässt einen kopfschüttelnd und nachdenklich zurück. Es ist erstaunlich wie sehr weibliche Lust noch stigmatisiert ist. Jede Frau wird sich in ganz vielen der Szenen wiederfinden und sich ertappt fühlen. Ich habe noch lange über die Frauen nachgedacht.
5. Heimweh nach einer anderen Welt
von Odessa Moshfegh
Harte Kost. Rau, roh und sehr direkt. Die einzelnen Erzählungen drehen sich um Drogen, Scheitern, Sex, Hilflosigkeit, Einsamkeit und noch viel mehr Trostlosigkeit. Die sehr unterschiedlichen Storys spiegeln für mich aber auch das aktuelle Amerika wieder. Ein Panoptikum der Menschen in Trump-Zeiten. Es ist äußerst plastisch geschrieben und macht deshalb traurig und wehmütig.
6. Der Gesang der Flusskrebse
von Delia Owns
Warnhinweis: Ich habe mich so geärgert, dass ich es doch gekauft habe. Eigentlich fand ich den Titel schon so bekloppt dass ich darauf keine Lust hatte. Dann war und ist es aber seit vielen Wochen in der Bestsellerliste ganz weit oben und so dachte ich, es muss ja was haben. Oh Mann … es ist so schlecht. Eine Rosamunde-Pilcher-Geschichte, die kaum vorhersehbarer sein könnte. Romantische Kleinmädchen-Fantasien mit plumper Unterhaltung, Action in einen Pseudo-Krimi gepackt. Dazu kitschige Landschaftsbeschreibungen und ein tränenreiches Ende. Ganz schlimm.
7. M Train – Erinnerungen
von Patti Smith
Ich bin ein großer Patti-Smith-Fan. Und M Train erzählt über ihr Leben in einer losen Ansammlung von Geschichten. Anders als in dem Bestseller „just Kids“ mit seiner komplexen Story, nimmt sie einen diesmal mehr in ihre Gedankenwelt mit. Man versteht die Künstlerin mehr, die Gedankengänge hinter der Person. Ich liebe diese schrägen Geschichten und den feinen Sinn für Humor, mit denen sie ihr Leben erzählt. Ihre täglichen Rituale und die Schrulligkeit einer großen Poetin. Das macht sie so nahbar. Auch für Nichtfans sehr gut geeignet.