7 Fragen an Claus Lampert, Hotel-, Gastronomie- und Barpsychologe

von Jan-Peter Wulf

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Claus Lampert aus Frankfurt ist Psychologe mit einem besonderen Spezialgebiet: Hotel-, Gastronomie- und Barpsychologie. Was das ist und warum Gastronomen sich mit ihr beschäftigen sollten, hat er uns erklärt. 

Herr Lampert, Ihre Berufsbezeichnung ist keine gängige. Wie kamen Sie dazu?
Was nicht ist, das kann ja noch werden. Ich fand den Begriff passend, um das Tätigkeitsfeld zu bestimmen, für das ich mich als Psychologe interessiere. In meinem Studium habe ich das Fach Arbeits- und Organisationspsychologie vertieft studiert und war u.a. als Dozent für die Ausbildung von Wirtschaftspsychologen (BA) an der Hochschule Fresenius tätig. In Gesprächen mit einem befreundetem Gastronom und auf der Suche gastronomisch- psychologischer Literatur ist mir vor mehr als 20 Jahren aufgefallen, dass es über Psychologie in der Gastronomie keine Literatur gab. Das ist doch unfassbar, dachte ich. Ich war darüber wirklich sehr erstaunt, weil doch so viele Menschen in diesem Arbeitsfeld tätig sind und die Gastronomie hauptsächlich von der Beziehung zu ihren Gästen lebt. Über alles wird geschrieben, und wenn es über den Flügelschlag von Insekten ist, aber es gab kein Buch über Psychologie in der Gastronomie. Es muss Gründe dafür geben und vielleicht gibt es sogar, aus welchen Gründen auch immer, ein Tabu? Dieses Thema beschäftigte mich immer wieder, bis ich mich, selbst mittlerweile Diplompsychologe, mit einem befreundeten Barkeeper zusammen tat und erste Artikel über Barpsychologie in der Mixology veröffentlichte. Das war im Jahr 2004. Darauf folgend konzipierte ich einen Lehrplan für die Berufsausbildung, woraus schließlich das Lehrbuch Hotel- und Barpsychologieir?t=nomyblog 21&l=as2&o=3&a=3827430291 - interviews-portraits 7 Fragen an Claus Lampert, Hotel-, Gastronomie- und Barpsychologe entstanden ist. Ich bin seit Jahren damit beschäftigt dieses Fach zu fördern und an den Berufsschulen als festen Bestandteil der Lehre zu etablieren. Das Interesse daran ist gut, aber es gibt aus bestimmten Gründen auch Widerstände. 

Warum ist dieser Bereich aus Ihrer Sicht wichtig für die Branche?
Alle Begegnungen mit Menschen in der Gastronomie basieren auf neurologischen, soziologischen, wirtschaftlichen und psychologischen Prozessen. Um es kurz zu machen: Ich glaube, nur ein gut informierter Gastronom ist ein guter Gastronom. Dies gilt sowohl für die Beziehung zu Gästen, als auch zu seinen Mitarbeitern und letztlich zu sich selbst. Psychologisches Wissen ist deshalb eine Basis, um zu wissen, was Gäste brauchen und vor allem weshalb sie manches mögen und anderes eher meiden. Grundkenntnisse aus der Psychologie können dem Gastronomen helfen, die tieferliegenden Motive seiner Gäste besser zu verstehen und so gezielt auf sie einzugehen. Denn nur was man an psychologischen Phänomen kennt, kann man auch in der jeweiligen Situation erkennen und dementsprechend adäquat darauf reagieren.

Geht es dabei mehr ums clevere Verkaufen, oder darum, dem Gast eine gute Zeit zu geben – man denke an das filmische Klischeebild: Bartender poliert, Gast sinniert – oder darum, selbst nicht völlig aus dem Lot zu geraten in dieser harten Branche?
In der Hotel- und Barpsychologie geht es weniger ums Verkaufen als um die Beziehungsgestaltung zu anderen, aber auch um die eigene seelische Vorsorge und Pflege. Verkaufsschulungen gibt es ja wie Sand am Meer. Deswegen hätte ich mir nicht die Mühe gemacht, ein solch aufwändiges Lehrbuch zu schreiben. Nein, mir geht es in erster Linie um die Gastronomen und die Beziehungsgestaltung zu ihren Gästen. Ihnen die Psychologie nah zu bringen, damit sie nicht länger allein auf ihre Intuition angewiesen bleiben. Gleichwohl sind Intuition und Erfahrung sehr wichtig und das Wissen der Barpsychologie ist eine gute Ergänzung dazu. Aber fundiert sollte es sein, sonst wäre es keine Ergänzung zur Intuition. Nach Gefühl zu handeln ist oftmals richtig, aber würden Sie in ein Flugzeug steigen wenn Sie wüssten, dass der Pilot nur nach Intuition fliegt, oder wäre Ihnen die Ergänzung durch Kompass und Radar nicht doch viel sicherer und beruhigender?

Womit beschäftigen Sie sich ansonsten?
Ich arbeite selbstständig in eigener Praxis in Frankfurt am Main. Von Hause aus bin ich Diplompsychologe und Psychotherapeut. Weiter bin ich Dozent, Lehrtherapeut und Supervisor und seit vielen Jahren in der Berufsausbildung tätig. Ich unterrichtete anfänglich Psychologie an Berufsschulen und bin derzeit an mehreren Instituten und Universitätsinstituten in der Psychologenausbildung tätig. Mir war und ist immer auch an einer alltagssprachlichen Psychologie gelegen, gerade für Berufsschüler und fachfremde Berufsgruppen. Früher lernte ich auch Fleischer in unserem Familienbetrieb, war für Partyservice und Großküchen zuständig und lernte auch den Service in Hotel und Gastronomie kennen. Ich bin sozusagen auch vom Fach und glaube, Psychologie kann jedem was bringen, wenn er/sie daran interessiert ist. 

Als nächstes Buch veröffentlichen Sie Anfang 2015 eine Einführung in die Barpsychologie. Was ist der Unterschied zum Lehrbuch? 
Der Springer Verlag, in dem ich mein Lehrbuch veröffentliche habe, bat mich um eine Kurzeinführung in das Thema der Hotel- und Barpsychologie. Es ist eine neue Sparte in deren Angebot. Es geht darum, dem Leser aus den Lehrbüchern ein „Essential“ anzubieten. Dieses umfasst ca. 30 Seiten, soll elektronisch für ca. 4,90 Euro zum Download bereit stehen und kann z.B. auf einer Zugfahrt von Frankfurt nach Köln gut gelesen werden. Geplant ist auch ein Paperback für ca. 6 Euro. Das Essential bietet einen ersten Einblick in die Barpsychologie und beinhaltet im Weiteren zwei neue Themenbereiche, die im Lehrbuch noch nicht vorhanden sind. Zum einen beschreibe ich tatsächliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Berufen Bartender und Psychologe, da ich immer wieder hörte, ein Bartender sei ja auch so etwas wie ein Psychologe. Dem bin ich in einem neuen Kapitel nachgegangen und stelle beide Berufe einander gegenüber. Zum anderen versuche ich aufzuzeigen, welche tieferen Gründe dazu führen könnten, dass Gastronomen ihren „Problemgästen“ zuhören und bereit sind, sich bei ihrer Arbeit Stress, Lärm, Schichtarbeit usw. auszusetzen und dies manchmal für nur wenig Gehalt. Diese beiden Kapitel sind eine echte und spannende Ergänzung zum Lehrbuch.

Und dann haben Sie ja auch noch einen Stammtisch ins Leben gerufen. Worum geht es hier und wie läuft ein solches Treffen ab?
Nun, ich sitze natürlich auch mal gerne privat und locker abends mit Barkeepern zusammen. Freizeit und selbst mal bedient werden finde ich sehr wichtig. Mir ist daran gelegen, neben der Theorie die Barpsychologie lebendig zu gestalten, darüber mit den unterschiedlichsten Fachleuten zu reden und jedem Interessierten die Möglichkeit zu geben, sich darüber in angesagter Runde auszutauschen. Theorie alleine ist ohne praktische Anwendung sinnlos. Vor kurzem bekam ich eine Anfrage, ob ich auch mal einen Stammtisch in der Nähe von Erfurt anbieten würde. Dies zeigt mir, dass Interesse an Barpsychologie besteht. Den Frankfurter Stammtisch habe ich ins Leben gerufen, um miteinander zu „schnacken“, wie der Norddeutsche sagt. Die Teilnahme ist, bis auf das was jeder verzehrt und natürlich selbst bezahlt, kostenlos.

Wann findet der nächste statt?
Ich denke kurz vor Weihnachten, wahrscheinlich am 15. Dezember. Den genauen Ort werde ich auf meiner Homepage www.barpsychologie.de noch bekannt geben. Ich plane den Stammtisch zukünftig auch in unterschiedlichen Frankfurter Locations anzubieten. Vielleicht findet sich so irgendwann auch ein Stammtisch in einer Stammkneipe oder -bar. Über den Besuch von auswärtigen Gästen würde ich mich sehr freuen.

Herr Lampert, vielen Dank!

Und der Termin für den dritten Stammtisch ist bestätigt.

 

 

 

 

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