Wie nennt man diese Art des Locationwechsels wohl? Rückbau im laufenden Betrieb? Soft Closing? Leiser Abschied und lautes Hello, again?
Denn gerade mal fünf Wochen war im Übergang vom „Qurt“ am Bahnhof zum „Butchers“ im Zentrum Lingens tatsächlich komplett geschlossen. Ein Großteil der vor Übergabe an den Vermieter zu tätigenden Arbeiten im „Qurt“ wurde unter der Woche vorgenommen und am Wochenende lief das Programm weiter. Oft habe man dann erst gemerkt, dass da ja eine Wand fehle, berichtet Betreiber Markus Quadt in einem ausführlichen Beitrag eines lokalen TV-Senders über den Locationwechsel. „Über sechs Monate hat uns EV1TV begleitet“, erklärt er uns. Hier das Video (auf das Bild klicken, Videolink öffnet sich in neuem Fenster):
Der Betreiber kann resümieren, dass die „Baustellenphase“ die fünf Jahre bestehende Location noch einmal aktivieren konnte: „Die Umsätze gingen trotz des Sommers noch einmal nach oben“, so Quadt. „Gleichzeitig haben wir „geheimes Marketing“ betrieben und nur kleine Informationshappen über den neuen Laden gestreut.“ So habe man bis August den neuen Standort verheimlicht und bis Baubeginn nur drei Personen über die neue Location informiert. „Kurz vorher haben wir kleine „Qurt-Aufkleber“ an leerstehende Läden in der Lingener Innenstadt geklebt, um die Gerüchteküche anzuheizen. Das hat wunderbar funktioniert. Im Zeitalter des Internets gab es mehr als fünf verschiedene Gerüchte, wo denn nun unser neues Lokal hinkäme.“
Quadt kommt aus einer Gastronomenfamilie, Onkel und Tante betreiben den Landgasthof Backers in vierter Generation, er kellnert seit dem 14. Lebensjahr. Aber nicht nur im Emsland: Er arbeitete in der Bit Brasserie in Sydney und im Es Moli Hotel auf Mallorca. 2005 startet er Caterings mit „Q-barfly cocktailservices“, kam schon 2007 auf über 200 Einsätze im Jahr beschäftigte über 30 Nebenberufler. Das Catering betrieb er parallel zum „Qurt“ weiter, das 2008 eröffnete. Bevor er ganz in die Gastronomie ging, lernte er Industriekaufmann bei einer örtlichen Kornbrennerei und studierte später BWL.
Doch statt auf den im Emsland allgegenwärtigen Korn setzt er im Butchers auf Gin. Nicht auf einen, sondern auf 15 Sorten. Und nicht nur auf einen Filler, sondern auf Thomas Henry, Fever Tree und Fentiman´s. Ebenso gibt es mehr als ein Dutzend Rumsorten und u.a. einen Dark´n´Stormy mit Ginger Beer. Sein Team schulte der sympathische Ginthusiast Oliver Steffens aus Hamburg auf die Produkte.
Ein solches Spirituosen- und Fillerprogramm würde in Hamburg, Berlin, München oder Frankfurt nicht überraschen. Aber in Lingen? Kommt das an? „Ich bin fest davon überzeugt, dass auch in Lingen die Leute Lust auf Neues, auf Auswahl und Genuss haben“, so Quadt. „Die ersten Wochen geben uns bisher recht. Unser Tonic-Water-Umsatz hat sich gegensätzlich entwickelt: Der Laden ist dreimal so klein, der Tonic Water Umsatz hat sich aber verdreifacht. Daran kann man sehen, wie der Gin-Tonic-Umsatz sich entwickelt.“
Das erziele man vor allem durch aktives Verkaufen und Empfehlen: „Wenn jemand ein Getränk bestellt, schlagen wir was Neues vor.“ Beispiele? „Weißwein, bitte!“ „Haben Sie schon mal einen Lilly probiert? Das ist ein Tonic Water Elderflower mit dem französischen Weinlikör Lillet, Gurke und Orange.“ „Gin Tonic, bitte! „Magst Du es lieber kräftig-klassisch? Oder doch ein wenig süßlich-blumig? Hast Du schon mal einen Monkey 47 mit Thomas Henry probiert?“ „Apfelschorle, bitte! „Schon mal eine Fritz Melone oder ein Lemonaid probiert?“ Man müsse die Leute mit der Nase drauf stoßen, so Quadt.
Er arbeitet schon am nächsten Projekt: „Die Nachfrage der Gäste nach Produkten für zu Hause lässt uns gerade an einem Onlineshop basteln. Wahrscheinlich wird es ab diesem Sommer den Laden Liebeslottchen.com geben und unsere Gäste können über die Seite ihren Lieblingsgin oder etwas anderes bei uns ordern. Mal schauen…“
Butchers Lingen
Schlachterstraße 12
49808 Lingen/Ems
Food: Tapas
Drinks: Klassiker mit Fokus auf Gin und Rum
Größe: 74 qm
Sitzplätze: 42
