In unserer losen Reihe über Beratungsunternehmen für die Gastronomie stellen wir dieses Mal Cocktailkunst aus Köln vor. Geschäftsführer Stephan Hinz ist preisgekrönter Bartender – u.a. Mixologe des Jahres 2010 und Deutscher Cocktail-Meister 2010 – und nominiert zum Caterer des Jahres 2013, denn wie viele Bartender betreibt auch er ein Catering- und Eventgeschäft. Aber er berät auch Gastronomiebetriebe und gibt seine Expertise im Mixen, Kalkulieren und Gastgebersein als Consulter weiter. Wir haben mit ihm gesprochen.
Stephan, wie ist die Idee zum Beratungsgeschäft entstanden?
Als Barmanager haben mich immer die engen Grenzen irritiert, denen sich viele Barleute unterwerfen. Eine wichtige Motivation von Cocktailkunst liegt deshalb darin, die Grenzen der klassischen Bar zu überschreiten – und das in alle Richtungen. Dabei tragen wir einerseits die Barkultur in Bereiche wie Clubs, Restaurants oder einfach an ungewöhnliche Orte, damit aus dieser kleinen, elitären Szene eine kulinarische Erfahrung für jeden werden kann.
Andererseits arbeiten wir intensiv an der Verschmelzung von Sterneküche und gehobener Bar. Denn beim Spiel mit Texturen und aufwändigen Zubereitungstechniken hinkt die Bar im Vergleich immer noch deutlich hinterher. Deshalb haben wir zum Beispiel mit Sterneköchen Menüs konzipiert, bei denen sich Getränk und Gericht perfekt ergänzen und arbeiten für unsere Drinks mit Sous-Vide-Verfahren oder Rotationsverdampfer. Dieses Wissen geben wir auch in Schulungen weiter, denn für die meisten Bartender ist das noch absolute Zukunftsmusik.
Wen beratet Ihr?
Unsere Kunden für die Beratung kommen oft aus der Hotellerie im Vier- und Fünf-Sterne-Segment. Da haben einige erkannt, dass in den kleinen Bars Trends gesetzt werden und die Hotelbars das Nachsehen haben. Genauso beraten wir aber auch die breit aufgestellte Systemgastronomie oder Bars in klassischer Einzelunternehmensform.
Wie sieht Euer Consulting aus?
Wir erstellen individuelle Beratungskonzepte, die gezielt auf den Wissenstand der Kunden und Gäste eingehen. Standardkonzepte funktionieren im Consulting nur schlecht und bei einer vielfältigen Szene wie der Hospitality gar nicht. Hier kommen unglaublich viele Faktoren zueinander. Zu einer guten Vorabanalyse zählen deshalb auch Mystery Checks oder die Mitarbeit im Betrieb, bevor wir überhaupt mit der eigentlichen Beratung beginnen. Erst so lassen sich die ganz speziellen Probleme und internen Strukturen verstehen.
Danach folgt die Entwicklung und Implementierung einer Lösungsstrategie. Wichtig ist, dem Kunden keinen Vorschlagskatalog zu liefern, den er dann nicht richtig umsetzen kann. Man muss vor Ort sein, um zu sehen, ob Änderungen im Arbeitsalltag funktionieren. Viele Mitarbeiter fühlen sich sonst schnell alleine gelassen und verfallen in alte Muster.
Cocktails und Longdrinks gibt es ja auch außerhalb klassischer Bars. Beratet Ihr Kunden in diesem Segment anders?
Bei Betrieben, die nicht in erster Linie als Bar arbeiten, muss zuerst mal oft eine realistische Wahrnehmung für das erzeugt werden, was möglich ist und was nicht. Ohne das richtige Equipment, genügend Platz, Kühlmöglichkeiten und gut eingearbeitetes Personal kann man keine umfangreiche Cocktailkarte anbieten. Oft geht es deshalb darum, bei einfachen Drinks und einer kleinen Karte die feinen Unterschiede zu erklären. Von Eis und Glas über die effiziente Zubereitung bis zu besseren Zutaten und interessanten Twists bieten sich da schon bei einem einfachen Highball viele Möglichkeiten.
Bleiben wir außerhalb der Barszene: Apérodrinks wie der Aperol Spritz oder der Hugo haben die Gastronomie erobert. Heißt: das Interesse der Gäste für Drinks – vor dem Essen – ist da. Wie bewertet Ihr das?
Bei all den Lästereien, die es aus der klassischen Barszene über Hugo und Spritz gibt, muss man zunächst einmal feststellen, dass diese Drinks im Vergleich zu den pappsüßen Mischungen der 80er- oder 90er-Jahre schon ein Fortschritt sind. Man sollte aber auch bedenken, dass es zumindest in Teilen des deutschsprachigen Raums schon immer eine ausgeprägte Aperitifkultur gab. Oft gibt es hier auch ein viel klareres Qualitätsbewusstsein, während in anderen Regionen eher die Lust am aktuellen Trend anziehend ist. Daran ist die Industrie natürlich nicht unbeteiligt. Da wurden einige Entwicklungen vielleicht etwas zu schnell ausgeschlachtet, ohne sich zu fragen: Was passiert denn hier eigentlich kulinarisch? Generell sind die Gäste aber durch diese Trends offener geworden. Heute ist es kein Problem, auf einer Großveranstaltung eine Gin-Fizz-Variante mit spannenden Kräutern anzubieten, gerade bei leichteren, spritzigen Drinks sind die Leute auf den Geschmack gekommen.
Cocktailkunst macht auch Kommunikationstraining. Was sind die größten Herausforderungen dabei, wo haben die meisten Kunden Verbesserungspotential?
Viele Gastronomen haben ein grundsätzliches Problem, den Gästen gegenüber offen und natürlich zu sein. Wir versuchen deshalb, Hemmungen abzubauen und ein echtes Interesse für den Gast zu vermitteln. Auch von den Connaisseuren ist man in der ein oder anderen Bar überfordert. Man sollte als Gastronom zugeben können, dass man mal etwas nicht weiß oder hat, statt das mit distanzierender Arroganz zu überspielen. Dinge wie eine offene Körperhaltung oder die richtige Sprache helfen dabei, hier selbstsicherer zu werden. Dass viele Dinge kommunikativ gar nicht gehen, sagt einem aber eigentlich schon der gesunde Menschenverstand. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Bartender mit ihrem Smartphone spielen, statt sich mit dem Gast zu unterhalten oder mal das Backboard sauber zu machen.
Upselling-Schulung gibt es bei Euch auch. Verrätst Du uns einen Tipp?
Ich verrate Euch lieber die Grundlage für jede Art von Upselling: Die Bedürfnisse des Gastes erkennen! Niemand bekommt gerne etwas aufgeschwatzt, was er im Prinzip nicht haben möchte. Das heißt, es gibt zwar Consultants, die dem Gastronomen raffinierte Methoden zeigen, um den Gast zu überrumpeln, aber spätestens wenn die Zusatzbestellung dann auf dem Tisch steht, ärgert sich der Gast und merkt, dass er das so eigentlich nicht haben wollte. Einen langfristigen Erfolg hat man auf diese Weise bei den Gästen nicht. Ein guter Gastronom erkennt deshalb an Stimmung, Verhalten und im Gespräch, was ein Gast eigentlich möchte, aber vielleicht nicht von sich aus bestellt. Wie man das genau anstellt, vermitteln wir natürlich detailliert in unseren Schulungen.
Was sind Eure nächsten Projekte?
Eine große Sache wird sicher das Cocktailkunst-Buch sein, das im Frühjahr 2014 erscheint. Das Projekt beschäftigt mich immerhin schon eine Weile. Drei Jahre lang haben wir daran gearbeitet, unsere Vorstellung von Barkultur für jeden verständlich in Textform zu bringen. Dabei wird von der Geschichte des Alkohols bis zu modernen Zubereitungsmethoden alles abgedeckt. Ich bin gespannt, wie das Buch aufgenommen wird und freue mich darauf, endlich das erste Exemplar in der Hand zu halten.
Stephan, vielen Dank.
Cocktailkunst GmbH
E-Mail:
Web: www.cocktailkunst.de