Buchtipp: das Craft-Bier-Buch

von Jan-Peter Wulf

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Für einen Verleger hipper Design-Bücher wie dem Gestalten Verlag ist das Thema Craft Beer ein dankbares: Die Produkte sehen oft cool aus, die Typen, die an den Braukesseln stehen, oft auch. Sie tragen oft Bärte, oft Karohemden und oft Basecaps, sehen oft mehr aus wie Bandmitglieder von Calexico oder Giant Sand als wie klassische Bierbrauer. Weil sie es auch nicht sind, klassisch: Sie sorgen für viel Bewegung in der Bierwelt, experimentieren mit Aromahopfen, allerlei Beigaben zum Sud und kleben Tintenfische, Comicfiguren oder andere „bierferne“ Motive als Etiketten auf die Flaschen.

Deswegen sieht auch dieses Buch anders aus als gängige Bücher über Bier, auf denen eine Flasche neben einem Glas auf einem dunkelbraunen Holztisch steht und daneben drei Dolden liegen. Gut, solche Bilder gibt es hier auch mal, aber dann ist der Tisch schöner. Das Buch ist heller als herkömmliche Bierbücher, wirkt luftig und lässig. Nicht staatstragend. Das ist gut. Wenn ich einen Wunsch zum Thema Craft-Bier-Trend äußern darf, dann diesen: Bitte bleib genau so, Craft Bier – lässig. Werde nicht so wie Wein, nimm Dich nicht so (bier)ernst. Ja, schenke uns gute Produkte, aber schenk Dir die Spießigkeit, mit der die Weinwelt sich meist darbietet (wenngleich auch hier sich was tut). Nur, wenn Dein Genuss den Menschen Spaß machen darf, wirst Du sie für Dich gewinnen. 

„Dieses Buch spiegelt das Lebensgefühl, den Anspruch und die Begeisterung der Craft-Beer-Bewegung“, erklärt Autorin Sylvia Kopp, Bier-Sommelière und Leiterin der Berlin Beer Academy anlässlich der Präsentation von Das Craft-Bier Buch. Und freut sich, dass es nun endlich auch in Deutschland Neugründer gibt, „die kreativ und mutig brauen und sogar die Großbrauereien zu neuen Taten inspirieren. Das Bild von Bier steht Kopf. Pale Ale, India Pale, Stout, Saison und Triple aus Belgien. Wir haben nicht mehr nur den einen Trinkanlass nach dem Rasenmähen oder im Stadion, sondern Biere, die perfekt als Apéritif sind oder die ich einschenke, wenn die Schwiegermutter zu Besuch kommt.“ Für Letzteres meint sie vielleicht ein kompaktes Sauerbier? Eigentlich ganz lecker!    

Was gefällt, ist der Mix. Aus der ganzen Welt wurden Beispiele zusammengetragen, und vor allem sowohl Produzenten als auch ausgewählte Gastronomen, die den Trend befeuern, Superstars wie Mikkeler ebenso wie die Jungbrauer (und -gastronomen) von Vagabund aus Berlin-Wedding. Auch das geschätzte Herman wird vorgestellt, Brauer aus Finnland, dem Libanon und Japan.

Ein schönes Rundumbild, das in kompakten, auch für Laien gut lesbaren Texten Einblicke in eine nicht unnerdige Welt gibt. So, wie es von diesem Verlag auch schon für die junge Food-Entrepreneur-Welt gemacht wurde. Dieses Buch ist nicht für die Craft-Bier-Szene (schon eher dieses) geschrieben, sondern für die Zielgruppe, in die der Trend vornehmlich hineinwill, bitteschön: jung, urban, großenteils übrigens weiblich, probierfreudig, Bier bislang kaum zugetan. Dieses Buch wird man demnächst sicher im Eingangsbereich von szenigen Agenturen, in Design-Hotel-Lounges und im Stapel mit weiteren bildreichen Dickschiffen auf dem abgeschliffenen Parkett der einen oder anderen von Grafik-Designern bezogenen Innenstadtwohnung sehen. Oder im Kochbuchregal, denn hinten gibt es auch eine feine Auswahl an Speisenideen zu Bier. Und jedes Mal, wenn ein Gast es – und sei es nur zum oberflächlichen Durchblättern – hervorholt, wird der neuen Braukultur ein kleiner Dienst getan. Jeder Kontakt zählt. 

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Denn eines ist noch lange nicht klar: Dass es wirklich zu einer kleinen Revolution in der hiesigen Bierwelt kommt. So schön bunt die neue Braukultur ist, so richtig angekommen ist sie beim Konsumenten noch längst nicht in dem Maße, wie sie es verdient hätte. 

Verdient, in diesem Buch genannt zu werden, hätten es aus meiner persönlichen Sicht noch einige weitere Beispiele aus Deutschland. Es fehlen z.B. der formidable Braukunstkeller oder die Brauer von Crew Republic, nicht der (nicht intendierten) Vollständigkeit wegen, sondern weil beides wichtige Player/Pioniere aus meiner Sicht sind. Auch bei der Auswahl der Gastronomien hierzulande, die sich für Craft Beer stark machen, wären noch ein paar mehr Adressen außerhalb Berlins drin gewesen. „Und wo kann ich das alles trinken?“ Diese Frage muss zukünftig mehr beantwortet werden. Ich sehe da schon eine Online-Fortschreibung u.a. mit Orten, an denen die neue Braukultur genossen werden kann.

Das Craft-Bier Buch: Die neue Braukultur
von Sylvia Kopp, Robert Klanten und Sven Ehmann
vollfarbig, Hardcover, 256 Seiten, 35 Euro 
auf Deutsch und als Barley & Hops: The Craft Beer Bookir?t=nomyblog 21&l=as2&o=3&a=3899555333 - medien-tools Buchtipp: das Craft-Bier-Buch auf Englisch erschienen

 

 

 

 

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