Designtrends: Was kommt nach Vintage? Im Gespräch mit Andrea Grudda

von Jan-Peter Wulf

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Skandinavisches Design wird stärker: Ein Bild aus dem Buch Northern Delightsir?t=nomyblog 21&l=as2&o=3&a=3899554728 - medien-tools, gastronomie, nomyblog Designtrends: Was kommt nach Vintage? Im Gespräch mit Andrea Grudda, erschienen im Gestalten Verlag

In ihrem Vortrag auf der Intergastra Neo stellte die Lifestyle- und Trainingsexpertin Andrea Grudda klar: Vintage und Retro haben als Designtrend in der Gastronomie ausgedient. Eigentlich wollten wir nur wissen, welcher Trend jetzt kommt. Doch am Ende erfahren wir, dass es um viel mehr geht als nur die richtige Tapetenfarbe. Umso besser.

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Andrea Grudda

Frau Grudda, wie kam es eigentlich dazu, dass so viele Shops und Gastronomien sich mit Vintage-Design einrichten?

Wir leben in einer Gesellschaft, die permanent mit Updates beschäftigt ist. Wir müssen immer sehen, dass wir nicht den Anschluss an Entwicklungen verpassen, da es in Bereichen wie Technik und Medien unglaublich schnelle Veränderungen gibt. Außerdem leben wir in extrem unruhigen Zeiten. Länder und Kontinente gehen pleite. Die aktuelle Ökonomie ist wie ein Pulverfass. Die Rente ist schon lange nicht mehr sicher und der islamische Frühling hat zu vielen Brandherden geführt. Eine akademische Ausbildung ist kein Garant mehr für einen Arbeitsplatz und so weiter. All diese Dinge haben wohl dazu geführt, dass bei uns eine starke Sehnsucht nach Vertrautem entstanden ist. Das erklärt den Vintage- und Retro-Trend. Vor drei Jahren konnte man ja nicht durch Berlin laufen, ohne dass die jungen Männer wie ihre eigenen Großväter gestylt waren. Vollbart, Schiebermütze, Hemd, Hosenträger, Wanderstiefel. Das hat sich alles wieder beruhigt und der Blick nach vorne ist wieder interessanter als der Blick zurück. In der Mode sehen wir das zur Zeit wieder deutlich, beim Interieur ebenso. 

Was kommt jetzt?
Das skandinavische Design hat sich in den letzten Jahren stark verbreitet: Alles ist wieder heller und klarer, die Farben werden freundlicher und transparenter. Es gibt viele Schattierungen von Weiß und Grau, Pastell und Naturholz. Auch der sozialpolitische Aspekt, der sich hinter der skandinavischen Möbelindustrie verbirgt, wie die Demokratisierung von gutem Design, schwingt hier mit. Wir wissen alle, was für einen Wert der Einzelne hat und möchten die gleichen Möglichkeiten haben. Auch in der Einrichtung. Hinzu kommt ein starker „do it yourself“-Gedanke: Nichts ist langweiliger, als etwas fertig zu kaufen. Vintage-Elemente werden in den nächsten Jahren noch bleiben, aber viel mehr unter einem Wiederverwertungsaspekt in Kombination mit skandinavischem Design: Alte Dinge sind gut und cool, wenn sie mit neuem Bewusstsein aufgeladen sind. Das Design wird organisch, recycelt und individuell.

Was raten Sie Gastronomen, die sich (neu) einrichten wollen, worauf ist zu achten?
Die meisten Gastronomen verlieren sich bei Einrichtungen in Details. Hier noch ein lustiges Element und etwas Teppich, da noch ein cooles Teil. Doch auch die Modefarbe der Saison ist in drei Jahren wieder alt. Ob ein Stuhl hellblau oder orange ist, entscheidet nicht über den Erfolg eines Unternehmens. Man sollte sich viel mehr fragen: Was wollen Menschen heutzutage? Hat man früher zum Beispiel auf Isolation bestuhlt – möglichst weit weg vom Nachbarn, damit keiner belästigt werden kann –, ist es heute die Kommunikation, die uns zusammenführt. Ein gutes freies WLAN-Netz hilft dabei auch schon mal. Wir sitzen heute lieber etwas niedriger und essen auch gerne auf tieferen Tischen. Halbservice in der Gastronomie ist so beliebt, da man die Freiheit hat jederzeit zu gehen – oder zu bleiben ohne Zwang. Auf solche Dinge zu achten, ist entscheidend für den Erfolg. Mehr als die Farbe der Tapete.

Man kann sich ja meist auch nicht halbjährlich neu einrichten. Wie schafft man den Spagat zwischen Trendbewusstsein und Beständigkeit?
Wenn man sich gastronomische Konzepte ansieht, die über viele Jahre schon Erfolg haben, also mehr als zehn Jahre, sieht man immer wieder prinzipielle Gemeinsamkeiten. Immer ist der Mensch wichtiger als das Interieur. Die Menschen müssen strahlen, nicht das Design. Eine Einrichtung darf nicht schreien: „Schau her und bewundere mich“. Es geht um die Kunst, einen modernen Klassiker zu schaffen, der modisch nicht so aufregend ist, dass er nach drei bis fünf Jahren untragbar ist. Pflegen sie den Blick nach vorne und seien Sie sich im Klaren, dass wir ein hohes Bewusstsein und einen starken Sinn für Fairness haben. Diese Dinge spüren wir. Wir registrieren diese Dinge unterbewusst und sie ziehen uns an. Stellen sie sich auf zukünftige Kunden ein, die überraschend intelligent, schnell, vernetzt und komplex im Denken und Handeln sind. Dann klappt es auch mit der Einrichtung.

Andrea Grudda ist in Augsburg geboren und lebt in Düsseldorf. Sie ist Buchautorin (u.a. Power Briefing), gefragte Rednerin und hat sich schon vor Jahren auf Lifestyle und Sales-Training spezialisiert. Seit 2004 coacht sie Unternehmen im In- und Ausland.  www.andreagrudda.de  

 

 

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