Es gibt mittlerweile recht viele Apps und digitale Services rund ums Thema Essen, Kochen, Gastronomie und Genuss. Die meisten allerdings richten sich an den Endverbraucher und/oder Hobbykoch, was nicht überrascht, schließlich ist die B2C-Zielgruppe doch weitaus größer als der B2B-Bereich. Wenn sich zwischen diesen im Zeitalter des Prosumenten, der in unserer Welt der „Foodie“ ist, der essen geht und kocht, der Dinner-Partys macht und seine Erlebnisse beschreibt und fotografiert, überhaupt noch trennen kann.
Sophie Radtke ist so ein Foodie: „Cooking makes me horny“ steht auf ihrem Blog „Gastroinferno“, und sie bezeichnet sich als „Gastrofreak, Kochbuchmessi, Kochshowsüchtige, Koch-Utensilien-Sammler, Restaurant-Groupie und vollkommenes Opfer der Branche“. Sie ist zudem und hauptberuflich Co-Founderin der Catering-Plattform „heycater!“, die in Berlin und München aktiv ist. Dort widmet man sich bereits intensiv digitalen B2B-Services und kooperiert mit einigen von diesen, sodass auch die Cateringfirmen, die bei „heycater!“ mitmachen, davon profitieren. Zwei Tools stellt sie uns in ihrem Gastbeitrag vor.
Zeit ist Geld – auch in der Gastronomie. Das ist keine Überraschung, trotzdem hat es sehr lange gedauert, bis Startup-Konzepte in dieser Branche Fuß gefasst haben. Akzeptanz für Andersartigkeit und vor allem Neuartigkeit spielt hier eine große Rolle. Dabei wollen diese Startups gar nichts Böses. Sie wollen den Gastronom nicht „übers Ohr hauen“ oder ihn belehren, er habe die letzten 20 Jahre etwas falsch gemacht. Die Gastro-Startups von heute möchten etwas bewegen und einen Mehrwert bieten. Sie sind die Schnittstelle zwischen einer konservativen Branche und dem schnelllebigen digitalen Zeitalter.
Nicht nur die erhöhte Schnelligkeit im Geschäft macht heutzutage Probleme, sondern auch die zahlreichen gesetzlichen Anforderungen an die Gastronomie und Hotellerie. Besonders im Fokus stehen hier zum einen die Kennzeichnung von Allergenen und zum anderen erhöhte Hygienevorschriften. Wer in diesen Bereichen auf Digitalisierung setzt, kann enorme Effizienz in seinen Betrieben schaffen. Zwei Gastro-Startups haben sich deshalb den genannten Problematiken verschrieben: „FoodNotify“ und „Check de Cuisine“ bereichern den Markt mit digitalen Lösungen für Gastronomie & Hotellerie.
Rezept- und Speisekartenmanagement mit „FoodNotify“
Mit dem Inkrafttreten der EU-Lebensmittelinformationsverordnung Nr. 1169/2011 am 13. Dezember 2014 wurde die bestehende Informationspflicht um die Kennzeichnung von loser Ware erweitert. Es ist zwar allen Gastronomiebetrieben bekannt, dass sie seitdem die 14 Hauptallergene in ihren Gerichten deklarieren müssen. An der praktischen Umsetzung hapert es allerdings drei Jahre nach der Erweiterung der Verordnung immer noch.
„Nur für smarte Gastronomen!“ ist der Slogan von „FoodNotify“, einem 2014 gegründeten Unternehmen mit Sitz in Wien, das sich genau diesem Problem verschrieben hat. Es bietet mit einer Datenbank von über 650.000 Produkten inklusive Inhaltsstoffen, Nährwerten und Allergenen die Möglichkeit, das komplette Rezept- und Speisekartenmanagement von Gastronomiebetrieben zu standardisieren und vor allem zu digitalisieren. Das bedeutet: Keine unübersichtlichen Excel-Tabellen oder Papierlisten mit Rezepten und Allergenen mehr. Die webbasierte Software spart so enorm viel Zeit und Geld. Es lassen sich beispielsweise wöchentliche Menükarten zentral mit einem Minimum an Verwaltungsaufwand fehlerfrei managen.
Mit mehr als 800 Kunden ist das Unternehmen auf Erfolgskurs und hat seine Services erweitert, zum Beispiel ist es nun auch möglich, über Schnittstellen zu bekannten Großhändlern wie der Metro Ware direkt zu bestellen und über ein angeschlossenes ERP-System das Inventar zu verwalten.
Digitales Checklistensystem: „Check de Cuisine“
Zusätzlich zu der aktualisierten Allergenverordnung muss seit 2006 für jeden Betrieb, der Lebensmittel herstellt oder mit diesen arbeitet, ein HACCP-Konzept in dokumentierter Version vorliegen. Bei allen Betrieben sind also ausführliche Aufzeichnungen zu jeglichen Prozessen Pflicht. Das bedeutet jede Menge administrative Arbeit. Arbeit, die größtenteils mit Checklisten in Papierform erledigt wird. Sie müssen gedruckt, ausgeteilt, kontrolliert und archiviert werden – das birgt ein enorm hohes Fehler- und Manipulationspotenzial.
Das Unternehmen „Check de Cuisine“ bietet für diese Herausforderung ein digitales Checklistensystem für Lebensmittelbetriebe. Weg von der Zettelwirtschaft und hin zu einer sicheren standardisierten Lösung. Jeder Betrieb kann die Checklisten maßgeschneidert an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Bei Kontrollen sind alle Informationen sofort abrufbar und ersparen lästiges Suchen von Papierprotokollen oder Erklärungsnot bei fehlenden Unterlagen.
Darüber hinaus sind die Checklisten über alle Arten von Endgeräten verfügbar. Restaurantinhaber können beispielsweise bequem über eine iPhone-App auf alle relevanten Informationen zugreifen. Dazu gehört auch der Geschäftsführer-Tagesbericht. „Check de Cuisine“ wird sogar vom Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure als digitale Lösung für HACCP-Konzepte empfohlen.
Laut einer Umfrage des statistischen Bundesamts sieht die Mehrheit von deutschen Gastronomie- und Hotelbetrieben die Steigerung der Bekanntheit und Verbesserung des Images als größten Vorteil der Digitalisierung. Doch 59 Prozent aller Betriebe geben an, zu wenig Zeit zu haben, sich mit digitalen Konzepten auseinander zu setzen. Anhand der oben genannten Themen ist zu erkennen, dass Bekanntheit in keinem Fall eins der größten Probleme in der Branche ist. Es gilt jetzt, Effizienzen zu schaffen mit digitalen Lösungen, damit Geld und Arbeitszeit im Betrieb sinnvoll investiert ist.
Wenn nicht jetzt, wann dann?