Koch-Talente zeigen, was sie können: Zu Gast beim S.Pellegrino Young Chef 2016

von Redaktion
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Italienisches Flair beim „S.Pellegrino Young Chef 2016“

Wir platzen zur Mittagszeit mitten ins Küchengeschehen hinein im „Gesellschaftshaus“ des Frankfurter Palmengartens. Zehn junge Köche (neun Männer und eine Frau, acht Deutsche, zwei Österreicher) sind schon seit vier Stunden eifrig in den Vorbereitungen. Anlass ist der „S.Pellegrino Young Chef 2016 Award“, genauer das Halbfinale, denn heute Abend wird einer von diesen zehn Talenten das Ticket für das globale Finale im Oktober in Mailand lösen, wo dann 20 Köche um die Krone wetteifern werden. Ein Kochevent, das 2015 zum ersten Mal stattfand.

Weltweit bewarben sich mehrere Tausend Nachwuchsköche aus 90 Ländern für den diesjährigen Wettbewerb. Wer zu den 20 nationalen Vorenscheiden in 20 Weltregionen anreisen darf, das entscheidet die renommierte ALMA („International School of Italian Cuisine“) nach fünf Kriterien: Zutaten, Fertigkeit, Genialität, Schönheit und Botschaft – aus welchem Haus die Einreichungen kommen, spielt dabei keine Rolle und nicht jeder hierzulande wohl bekannte Name lässt es auch in italienischen Ohren klingeln. Das ist gut, denn das verhindert Voreingenommenheit. Einzige Ausschlusskriterien: mindestens ein Jahr Tätigkeit als Sous Chef, Chef de Partie oder Chef und nicht älter als 30 Jahre.

Zurück ins Küchengeschehen. Tief stecken sie alle in ihren Vorbereitungen, die zehn Köche, für die sich die ALMA in Deutschland und Österreich entschieden hat. Braten, Kochen, Arrangieren, Probieren. Viel zu tun. Aber es geht entspannt zu und – das ist besonders schön zu sehen – die Teilnehmer helfen sich hie und da auch gegenseitig aus und finden die Zeit zum Fachsimpeln. Echte Gastronomen eben.

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Der extravagante Fond wird im Coffee-Syphon zubereitet

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„jakobsmuschel / ham hock / einkorn / brennnessel“ von Ricky Saward

Ein großer Blondschopf setzt gerade eine Jakobsmuschel auf eine Art Setzkasten auf, in den Erde gefüllt ist. Das sieht experimentell aus. Ricky Saward heißt er und ist Sous Chef im „Chairs“ hier in Mainhattan. Sein Gericht heißt „jakobsmuschel / ham hock / einkorn / brennnessel“, das klingt nach undergroundigem Supperclub. Das Muskelfleisch der Muschel hat er als Sashimi aufgeschnitten, den Rogen zur Tamara verarbeitet, die Schale dient beim Servieren als Schale für einen ganz besonderen Fond, den er gerade aus Schweinefuß, frisch gezapften Birkensaft, getrockneten Pilzen, angeflämmten Fichtennadelsprossen, Tannenzapfen und Kräutern in einem Coffee-Syphon kocht. Dazu stellt Saward ein Gläschen mit Moos. „Der Geruch sorgt dafür, dass man sich schon beim Einservieren wie im Wald fühlt“, erklärt der Koch. Dort, im Wald, war er am Vortag selbst unterwegs, um einige seiner Zutaten zu sammeln.

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Karl Obauer und Karlheinz Hauser prüfen die Arbeit der Teilnehmer

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Matthias Walter bereitet sein „Duck Shanghai“ vor

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Ablöschen mit Acqua Panna: Marina Amann

Drinnen wie draußen: Das Grill-Erlebnis ins Restaurant hinein holen, das ist die Idee, die Marina Amann, Chef de Partie im „Hotel Vier Jahreszeiten Starnberg“ mit ihrem „Barbecue 2.0“ verfolgt. „Ein Barbecue auf dem Restaurant-Teller. Mit dem einzigen Unterschied, dass ich kein kurzgebratenes, sondern geschmortes Fleisch verwende.“ 4 Stunden schon garen die Querrippen, es riecht rauchig, aromatisch, lecker. Dazu wird es Mais, Silberzwiebeln, frittierte Zwiebelringe und marinierter Ananas geben. Man würde glatt gleich mal probieren wollen … aber nein – das Vergnügen ist erst einmal der Jury vorbehalten.

Auf der anderen Seite der Küche sieht es sehr grün aus. Sebastian Schinko arbeitet mit gepickelten Gurken, Aloe Vera und frischer Goa-Kresse. Gekontert – farblich (knallrot) wie geschmacklich (pikant) von Carabinero, den er auf einem heißen Stein servieren wird. Der Name seines Tellers: „spring sea scent“. „Bei uns im Restaurant haben wir mit Aloe Vera schon öfter im Dessertbereich gearbeitet. Da dachte ich mir: Das könnte auch sehr gut mit Gurke und Carabinero harmonieren. Es ist eigentlich mehr als Vorspeise gedacht: sehr frisch, ein cooler Start in einen gelungenen Abend“, so Schinko, der im Wiener „Le Ciel“ an den Töpfen steht.

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Sebastian Schinko bei der Zubereitung des „spring sea scent“ … unten das Resultat.

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Schließlich ist es soweit: Es beginnt der Vorentscheid der Jury, die aus Karl Obauer (Restaurant-Hotel „Obauer“, Werfen), Karlheinz Hauser (Restaurant „Seven Seas“, Hamburg), Nils Henkel (Sterne-Koch, Bergisch Gladbach) und dem letztjährigen Finalisten Tobias Wussler („Waldgaststätte Ponyhof“, Gengenbach) besteht. Denn nur drei der zehn werden am Abend ihre Kreationen live auf der großen Bühne präsentieren können. Keine leichte Aufgabe. Neben Ricky Saward und Sebastian Schinko ist es Matthias Walter, Sous Chef im „Burgrestaurant Staufeneck“ in Salach bei Göppingen, der in der zweiten Runde sein „signature dish“ noch einmal zubereiten wird, dieses Mal für zehn Personen. Und er ist es auch, der sich am Ende des Abends mit seinem fabelhaften „Duck Shanghai“ durchsetzen und die Reise nach Mailand antreten darf.

Eigentlich sei sein Teller ein Wok-Gericht. „Nur eben schön angerichtet“, sagt der 27-jährige uns schmunzelnd beim Gespräch nach der Awardverleihung. Eine Lackierung aus Sesamguss, dazu Soja-Cannelloni, gefüllt mit Artischocken-Püree, geröstete Artischocken-Ecken und Enoki-Pilze und ein kleines Bällchen aus Aubergine, Sojasoße und Tapioka inszenieren den Klassiker – Entenbrust – modern und individuell.

Ich hatte von der Form her vermutlich den einfachsten Teller heute. Aber mein Chef Rolf Straubinger hat mir immer gesagt: Mach dein Gericht und setz es auf einen weißen Teller. Sieht es dann immer noch gut aus?

Das tat es, und es schmeckte auch gut, sehr sogar – denn die drei Gerichte der zweiten Runde dürfen wir im Rahmen des festlichen Abends mit 150 geladenen Gästen probieren. „Mailand wird super. Aber ich bin froh, dass es noch etwas Zeit bis dahin ist“, erklärt er. Die Zeit bis zum Finale am 13. Oktober wird er auch nutzen, um mit Karlheinz Hauser, der ihm als Mentor zur Seite steht, sein Gericht zu perfektionieren.

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Der Sieger-Teller: „Duck Shanghai“ von Matthias Walter

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Sebastian Schinko, Sieger Matthias Walter und Ricky Saward

Wir wünschen schon jetzt viel Glück in Mailand und allen anderen Teilnehmern dieses Halbfinals des „S.Pellegrino Youn Chef“ sei gesagt: Ihr seid auch Sieger. Ja, das hört man auf jedem Wettbewerb dieser Art. Aber hier stimmt es besonders, weil alle zehn mit viel Leidenschaft gezeigt haben, wie kreativ und vielfältig ihr Beruf ist, der heutzutage ein polarisierendes Bild hat – glitzernder Star-TV-Koch auf der einen Seite, überarbeiteter und unterbezahlter Küchenknecht auf der anderen.

Events wie dieses leisten einen Beitrag, den jungen, mitunter versteckten Talenten in den Küchen eine Bühne zu geben, und das ganz ungeachtet dessen, ob sie in einem großen Hotel oder einem kleinen, feinen Landgasthof arbeiten wie der Vorjahressieger. Und so werden sie hoffentlich Vorbilder für viele, die es ihnen nacheifern, sodass wir auch in Zukunft in den Restaurants tolle Speisen, frisch und individuell, genießen dürfen.

 

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