Dass man mit einem Burrito-Foodtruck auf eine Reise losfahren und vier Jahre später einen Fuhrpark von 14 Trucks, ein florierendes Cateringgeschäft und 100 Mitarbeiter haben kann, zeigt das Beispiel von „Celebrate Streetfood“ aus Frankfurt, das heute deutschlandweit arbeitet und bald ins europäische Ausland expandieren will. Mit den Gründern Jan Dinter und Oliver Meiser haben wir über ihre Story, ihre Philosophie und die Professionalisierung in diesem jungen Business gesprochen.
Jan, Oliver: Ihr habt im Jahr 2013 euer Unternehmen gegründet. In dem Jahr war Streetfood beziehungsweise der Begriff noch ziemlich unbekannt, der Hype ging erst 2014 los. Wie fing das alles bei euch an, was habt ihr vorher gemacht? Und wie fiel die Entscheidung: Wir machen jetzt ein Food-Business?
Jan: Wir kommen beide ursprünglich aus der Finanz- beziehungsweise Logistikbranche, hatten aber das Bedürfnis, nicht mehr so fremdbestimmt zu sein und den ganzen Tag vorm Rechner sitzen. Ich persönlich bin gerne draußen und in Bewegung und brauche den persönlichen Kontakt zu Menschen.
Oliver: Die Idee, etwas Eigenes aufzubauen, hat mich schon immer sehr gereizt. Lediglich das passende Geschäftsmodell hatte noch gefehlt. Mit Jan habe ich dann endlich den richtigen Partner und die richtige Idee gefunden: ehrliches Streetfood frisch für unsere Gäste zubereitet.
Jan: Wir beide lieben gutes Essen, haben aber natürlich ab und zu auch mal zu Fast Food gegriffen, wenn es schnell gehen musste. Irgendwann haben wir uns dann gefragt, warum das eine das andere immer ausschließen muss. Anderthalb Jahre haben wir an unserer Idee gefeilt, diskutiert, recherchiert und unzählige Geschmacksrichtungen ausprobiert. Das Ergebnis war schließlich die „Burrito Bande“, mit der wir in Frankfurt gestartet sind. Zu zweit standen wir im Truck und haben zur Mittagszeit an wechselnden Standorten unsere Burritos gerollt.
Gebt uns bitte mal einen Überblick: Wie ging es weiter, was findet heute unter der Marke „Celebrate Streetfood“ alles statt?
Oliver: Nachdem wir 2015 mit „Burger Unplugged“ das zweite Konzept aufgebaut hatten, war Celebrate Streetfood als Dachmarke der nächste logische Schritt. Unser Fokus ging weg vom klassischen Foodtruck-Geschäft in der Mittagszeit hin zu Streetfood-Catering. Heute findet man unter der Marke „Celebrate Streetfood“ die Konzepte „Burger Unplugged“ mit Pulled Beef und Pulled Pork Burgern, die „Burrito Bande“, „Trinity BBQ“ mit original American Barbecue sowie „Cucina Nostra“ mit Steinofenpizza und frischer Pasta.
Jan: In Frankfurt und Umgebung sind wir nach wie vor mit unseren „Mittagüberfällen“ der „Burrito Bande“ unterwegs. Unser Hauptgeschäft sind jedoch Firmen- und Privat-Caterings in ganz Deutschland. Mittlerweile kommen wir auf knapp 1.700 Caterings mit fast 100.000 Gästen. Aktuell haben wir 100 Mitarbeiter, wovon die meisten Teilzeitkräfte sind. Wir operieren mit 14 Foodtrucks und sieben mobilen Live-Cooking-Stations.
Ihr nennt euch „die Streetfood-Entertainer“. Worin besteht das Unterhaltungsprogramm?
Jan: Streetfood an sich ist schon Entertainment pur. Für uns ist Streetfood dabei mehr als nur leckeres Essen. Es ist eine Mischung aus der Zubereitung der frischen Speisen direkt vor den Augen der Gäste, der Interaktion mit dem Gast und der Ausgabe aus unseren Foodtrucks oder den mobilen Live-Cooking-Stations. Das macht Streetfood-Catering so besonders und ist für die Gäste eine willkommene Abwechslung zu den klassischen Catering-Angeboten. Natürlich gibt es bei uns Musik auf den Trucks und auf Kundenwunsch bieten wir gerne auch eine mexikanische Band oder zum Beispiel eine Popcornmaschine an. Bei uns bekommt der Kunde alles, was er möchte, aus einer Hand.
Viele Foodhändler stehen vor der Eröffnung eines eigenen Restaurants oder der Expansion ihres Geschäfts. Ihr seid mittlerweile deutschlandweit aufgestellt. Wie expandiert man als Streetfood-Händler?
Oliver: Wie bei jeder Expansion kommt es vor allem auf die Prozesse an. Sind diese nicht klar definiert und etabliert, sind Wachstum und Skalierung nur schwer möglich. Dabei stellt sich natürlich auch immer die Frage, was zentral und was lokal oder regional gesteuert werden muss.
Ich war kürzlich beim „World Street Food Congress“ in Manila. Ein großes Thema dort war die Professionalisierung der Branche. Wie professionalisiert man sich aus eurer Sicht?
Oliver: Professionalisierung ist tatsächlich ein sehr großes Thema, nicht nur bei uns, sondern auch aus Sicht des Gastes. Die größte Sorge, die Kunden bezüglich Streetfood-Catering haben ist, dass die Speisen nicht schnell genug an die Gäste ausgegeben werden können. Gleichzeitig gilt der Anspruch, jeden Gast so individuell wie möglich zu bedienen. Dieser Spagat ist bei einem Catering mit zum Beispiel 2.500 Personen eine enorme Herausforderung. Nur dank unserer langjährigen Erfahrung, standardisierten Prozessen und sehr gut geschulten Mitarbeitern können wir dem Anspruch „Professionalität bei hoher Individualität“ in vollem Umfang gerecht werden.
Jan: Für uns heißt das konkret, dass wir regelmäßig interne Schulungen durchführen und ein Prozesshandbuch für alle Mitarbeiter entwickelt haben. Darüber hinaus sind jedem Team Teamleiter und jeder Veranstaltung Veranstaltungsleiter zugeordnet, die die nötige Erfahrung mitbringen und Abläufe vor Ort strukturieren.
Das zweite große Thema in Manila war Echtheit. Auf großen Fachmessen kann man sehen, wie die Lebensmittelindustrie das Thema Streetfood für sich aufgegriffen hat, da werden Convenienceprodukte wie Potato Wedges in Tüten mit Holzoptik als Streetfood deklariert. Was ist für euch Streetfood und was nicht?
Jan: Als wir 2013 mit der Burrito Bande angefangen haben, war die Streetfood-Szene, so wie wir sie in Deutschland heute kennen, noch in den Kinderschuhen. Wir haben die Entwicklung von Anfang an miterlebt und zu einem gewissen Teil auch mitgestaltet. Dabei ging es und geht es immer um das Besondere und das Außergewöhnliche, das dem Gast geboten wird. Streetfood ist definitiv mehr als nur Essen. Es ist das Erlebnis, dass wir und unser gesamtes Team den Kunden tagtäglich vermitteln.
Oliver: Streetfood ist für mich auch mehr ein Gefühl als die Reduzierung auf ein Produkt. Ich denke hier zum Beispiel an die Stimmung auf einem Street-Food-Festival mit Familie und Freunden an einem sonnigen Tag. Das symbolisiert heute für mich Streetfood.
Aber könnt ihr mit eurer Größe überhaupt „echtes“ Streetfood anbieten und wenn ja, wie? Muss man Kompromisse eingehen? Ihr bietet ja ein großes Sortiment vom Barbecue über Pizza und Pasta bis zu Dessertprodukten an. Wenn ein Restaurant das alles auf einer Karte anbietet, bin ich skeptisch.
Oliver: Wir entwickeln alle Rezepte selbst und so authentisch wie möglich. Gerade jetzt in den Sommermonaten führen wir teilweise über 50 Caterings an einem Wochenende durch. Da können wir natürlich nicht morgens anfangen, unsere BBQ-Sauce anzurühren. Einige Speisen und Komponenten produzieren wir jedoch weiterhin selbst. Grundsätzlich arbeiten wir mit einer Mischung aus großen, deutschlandweit operierenden Lieferanten und dem lokalen Bäcker und Fleischer um die Ecke zusammen. Alle unsere Partner produzieren nach unseren Rezepten und erfüllen unsere hohen Qualitätsansprüche …
Jan: … wo wir wieder bei dem Punkt Professionalisierung bei gleichbleibender beziehungsweise möglichst hoher Individualität wären.
Ich bin Foodhändler, freiberuflicher Bartender oder arbeite gerne neben meinem Studium im Service. Kann ich bei euch mitarbeiten oder greift ihr auf Personaldienstleister zurück?
Jan: Das klingt fast so, als wärst du auf der Suche nach einem weiteren Job? Wenn du so viel Erfahrung in dem Bereich mitbringst, kannst Du jederzeit bei uns anfangen! Aber Spaß beiseite: Wir suchen immer Mitarbeiter, die serviceorientiert und kundenfreundlich sind. Dazu müssen sie unsere Prozesse verstehen und umsetzen können. In den Sommermonaten, also der Hauptsaison für Caterings, greifen wir zum Teil aber auch auf ausgewählte Personaldienstleister zurück, zum Beispiel für Personal bei der Getränkeausgabe.
Was war das ungewöhnlichste Catering, das ihr bis jetzt gemacht habt?
Jan: Da können wir mittlerweile schon einige lustige Geschichten erzählen. Was mir besonders im Gedächtnis geblieben ist, war ein Catering bei dem Schlagzeuger eines sehr bekannten deutschen Sängers. Eben jener Sänger hatte so viel Spaß dabei, die Burger selber an die Gäste rauszugeben, sodass wir zum Teil nur noch zuschauen durften. Aber genau das steht eben sinnbildlich für die Interaktion mit dem Kunden beziehungsweise seine Einbindung durch unser Streeetfood-Konzept.
Oliver: Stimmt, an das Catering erinnere ich mich auch gut, nicht zuletzt aufgrund der handsignierten Schallplatte, die wir als Dankeschön bekommen haben. Aber für mich sind gerade auch die Großevents mit mehr als 1.000 und bis zu 10.000 Personen, die wir in letzter Zeit immer häufiger machen, absolute Spaßbringer.
Wie sehen eure Pläne aus, woran arbeitet ihr zurzeit?
Oliver: Aktuell planen wir für Herbst dieses Jahres den nächsten festen Standort. Perspektivisch werden noch drei bis vier weitere Standorte in den kommenden Jahren in Deutschland folgen, um danach unser Konzept auch europaweit ausrollen zu können. Darüber hinaus wollen wir unser Produktportfolio um weitere Food-Konzepte erweitern. Abgesehen davon arbeiten wir zurzeit sehr stark an der Optimierung der „Customer Journey“. Dabei ist uns wichtig, dass wir dem Kunden von der Angebotsanfrage bis zum Feedback nach der Veranstaltung den bestmöglichen Kundenservice bieten.
Zum Schluss: Welche Tipps habt ihr für Kollegen, die mit ihrem Streetfood-Business expandieren wollen?
Jan:
1. Dein Geschäftsmodell steht und fällt mit der Qualität Deines Teams.
2. Im Fokus Deines Schaffens sollte immer der Kunde stehen.
3. Hinterfrage Dich und Dein Werk jeden Tag.
4. Prozesse, Prozesse, Prozesse.
5. Finde das richtige Verhältnis zwischen Professionalität und Individualität.