Getestet: Eatfirst, ein Lieferdienst für frisches, schnelles Essen in Berlin

von Jan-Peter Wulf

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Frisch und schnell will er sein: Eatfirst, der neue Lieferdienst aus dem Startup-Portfolio von Rocket Internet. Schnell ist er. Aber auch frisch?

Geschmack ist ein komplexes Unterfangen mit vielen Komponenten und zudem höchst subjektiv. Das gilt auch beim Thema Essen. Außer, man lässt es sich bringen, behaupte ich. Dann geht es vor allem um drei Dinge: Schnelligkeit, Frische und Temperatur. Wenn diese Dinge stimmen, behaupte ich, dann ist eine Dienstleistung, die ihr Geld mit dem Thema Essenslieferung verdienen will, überlebensfähig, behaupte ich. Warum? Als junger Student habe ich Essen ausgeliefert. Pizza. Es gab häufiger Beschwerden bei diesem Lieferdienst, aber immer nur zweierlei Art: zu spät oder zu kalt. Das Gute daran: Löst man das eine Problem, löst man auch das andere. Wer früh kommt, der überzeugt. Oder?  

Mit diesem Vorgedanken bestelle ich bei Eatfirst, einem neuen Lieferdienst für das Zentrum Berlins. Im Sommer hat das Start-Up in London begonnen, wochentags zur Mittagszeit jeweils zwei Gerichte – eins vegetarisch – auszuliefern. Für sieben Pfund, in Berlin für sieben Euro. Hinter Eatfirst steht das Samwer-Imperium Rocket Internet, die im „nomyblog-relevanten“ Bereich bereits Projekte wie HelloFresh (Lebensmittel-Lieferung) und Wimdu (private Übernachtungen) angestoßen haben.

Lieferdienste gibt es wie Sand am Meer, die Idee, mit der Eatfirst sich abgrenzen will: „Wir glauben, dass du nicht auf frisches Essen und eine ausgewogene Ernährung verzichten solltest, nur weil du nicht viel Zeit dafür hast. (…) Wir liefern jedes Gericht in weniger als 15 Minuten, denn wir glauben an Frische, die man schmecken kann.“

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Dann mal los. Der Online-Bestellvorgang ist unglaublich einfach. Was freilich auch daran liegt, dass es nur zwei Optionen gibt. Ich wähle Hähnchen mit Pfefferkruste auf Süßkartoffelpüree und klicke auf Bestellen. Bezahlt wird per Kreditkarte. Die Uhr tickt, in 15 Minuten soll mein Essen da sein. Eine Bestätigungsmail trifft ein und die Zahl 15 auf dem Screen aktualisiert sich automatisch auf 10. Im Jahr 2014 ist das technisch wahrlich keine Hexerei, aber bei Bringdiensten sieht man es selten. Aus Gründen, vermutlich. 

Noch fünf Minuten. Das Handy klingelt. Eine Stimme vom Band sagt mir, mein Essen sei nun gleich da. Ich soll zum vereinbarten Abholpunkt an der Straße kommen. Eine Computerstimme sagt mir, ich soll losgehen, und ich tue es. Wow. Ich gehe runter, der Fahrer ist schon da und ruft mich an. Nach genau 14 Minuten habe ich eine weiße Tüte mit der Bestellung in meiner Hand und gebe dem Fahrer ein Trinkgeld in seine. Darüber ist er etwas erstaunt, freut sich und fährt ab. Also, damals bei uns beim Pizzaservice war Trinkgeld das A und O, wir waren nie erstaunt drüber. Die Zeiten ändern sich anscheinend.

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Zurück im Büro. Auspacken: Vor mir liegen eine Plastikschale mit dem Essen, Besteck aus Holz, Zahnstocher, Salz und Pfeffer, Serviette. Probieren: Das Hähnchen ist zart, die Pfefferkruste pikant und umfangreich, die Süßkartoffeln sind gut gewürzt. Die Gemüsebeilage – Paprika, Mais – ist mitsamt sehr flüssiger Sauce etwas in den Rest infundiert. Ich erinnere mich an flüssige Toppings auf meinen zu liefernden Pizzen zurück, die waren gar nicht gut in Kurvenlagen. 

Geschmack, Würzung, alles soweit in Ordnung, auch die zunächst etwas klein wirkende Portion ist am Ende völlig hinreichend. Aber, aber: Es ist alles nur lauwarm, die letzten Bissen sind sogar weniger als das. Frisch schmeckt anders. Wie kann das sein, so fix, wie das Essen da war? Die Antwort: genau deswegen.

Hier kommt das Kampfsport-Prinzip zum Tragen: Du bist immer schneller als Dein Gegner, wenn Du im Gegensatz zu ihm in Bewegung bist. (Selbst in der Rückwärtsbewegung). Bei anderen Bringdiensten stehen die Fahrer. Rauchend vor oder wartend im Laden. Dann kommt die Bestellung, dann düsen sie los. Aber halt, halt, nicht sofort eben: In 15 Minuten vom Anruf bis zur Tür? Nie im Leben, selbst wenn nur eine Straße weiter geliefert wird. Das Essen muss ja noch frisch zubereitet werden, und das dauerte selbst bei unseren Pizza-Projektionen knapp zehn Minuten – wenn der Ofen frei war.

Die Eatfirst-Fahrzeuge sind im Stadt- bzw. Liefergebiet verteilt, den Auftrag bekommt das zielnächste Fahrzeug. Das Essen ist schon an Bord. Eatfirst ist logistisch gesehen somit eher eine schnelle Variante von Essen auf Rädern und kein Mitbewerber von Pizza Pronto und Dschung Fu. (Vor-)gekocht wird in der Oranienstraße in Kreuzberg, die Wagen werden dann vor der Auslieferzeit (11.45 Uhr bis 14 Uhr) mit zwölf Portionen bestückt, ein- bis zweimal müssen die derzeit sechs Fahrer zurück zur Küche, um aufzustocken, so die Gründerszene.

Und das ist die Krux: Das Essen ist nicht 15 Minuten unterwegs, sondern schon eine Weile länger, vor der Bestellung eben. Deswegen die relativ niedrige Temperatur und der leicht warmgehaltene Gesamteindruck des Essens – man kann auch sagen: die Unfrische. Das könnte im Mittagsgeschäft problematisch für Eatfirst werden. Mittagsgeschäft ist Krieg. Hier geht es um Schnelligkeit, weil alle wenig Zeit haben, wer es doch hat, geht entspannt essen oder kocht selbst. Ist Eatfirst schnell? Dicker grüner Haken dran. Es gibt einen Prohibitivpreis im Mittagsgeschäft, der liegt bei zehn Euro. Zweistellig geht es nur, wenn der Chef einlädt oder man es schon richtig weit gebracht hat, dann hat man aber auch mehr Zeit. Man telefoniert dann vom Vier-Gänge-Menü aus mit den Untergebenen. Ist Eatfirst günstig? Mit sieben Euro ebenfalls ein grüner Haken dran. Dass man Getränke nicht anbietet, halte ich für klug. Wie oft bestellen sogar Mittagsgäste im Restaurant nichts zu trinken, liefern lassen würden sie sich es schon gar nicht, die Firma ordert ja kistenweise Getränke. Viele wollen etwas Gesundes, auch hier ein grüner Haken dran, ein blasser. Denn, und hier kommt das dicke rote Kreuz: Eatfirst ist nicht frisch (was neben geschmacklicher Einbuße auch Vitaminverlust bedeutet). Wie soll es das auch sein, wenn das Essen schon fertig ist, bevor man bestellt. 

Weil man sich aber genau diese „Frische, die man schmecken kann“ als Kernkompetenz auf die Seite schreibt, bin ich am Ende not convinced, Mr. Eatfirst. Sollte man dieses, allerdings integrale, Problem lösen können, dann bin ich wieder dabei. Aber das sehe ich nicht: Frisches, fertiges, warmes Essen liefern in 15 Minuten bleibt weiterhin jenseits des Machbaren. Das gilt auch für Rocket Internet.

Mehr Infos: 
www.eatfirst.de

 

 

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