Kleine Läden und schmales Sortiment, dafür hoch in der Qualität und stark im Auftritt – live wie auf Social Media: So präsentieren sich diese 6 Street- und Soulfoodkonzepte aus Berlin.
Kolbenkult: Amaize
Mais gibt’s an Wochenmarktständen oder als Beilage in amerikanischen Schnellrestaurants. Doch als Protagonisten eines Gastrokonzepts sind die gelben Kolben rar. Aurora Haliti und Dilara Türk leisten mit ihrem Amaize im Kreuzberger Bergmannkiez, mutmaßlich sogar erstes Mais-Restaurant Deutschlands, folglich echte Pionierinnenarbeit. In ihrer kleinen Location, die sie im Dezember 2023 eröffneten, verkaufen sie die Feldfrucht in vielen Variationen: Als Maiskörner im Becher zum Löffeln, als frisch zubereitete Kolben, als geviertelte, knusprige „Amaize Corn Ribs“ (Bestseller-Produkt), ebenso lecker sind wie die frittierten „Corn Chips“ und die mit Mozzarella gefüllten Maispuffer.
Dazu werden verschiedene Saucen gereicht, von der Sriracha-Mayonnaise über Guacamole bis zum Trüffelöl, ferner Toppings à la Feta, Chilischoten oder Tomaten-Salsa. Wer Lust auf Fleisch hat: Neu im Sortiment sind knusprig frittierte Stücke vom Maishähnchen. Und während viele Streetfood-Konzepte mit einem Marktstand begannen und sich zum Restaurant weiterentwickelt haben, geht „Amaize“ den umgekehrten Weg: Mit einem eigenen Foodtruck bespielt man nun auch Märkte, Feste, Caterings und Events. Die Mais-Mission will man perspektivisch auch an weitere feste Standorte und in andere Städte bringen.
Fettfinger-Festival: Munchies
Munchies heißt Heißhunger, und wer den verspürt, in der Schenkendorfstraße goldrichtig. Der klitzekleine, in knalligem Rot-Weiß-Kontrast eingerichtete Laden, wie „Amaize“ im Bergmannkiez angesiedelt, hat sich schnell zur In-Adresse entwickelt – längere Schlangen sind keine Seltenheit. Wozu auch viele, viele Stories, Reels und Posts auf Instagram und TikTok beigetragen haben dürften. Die Frage, ob es lieber die Tacos oder die Sandwiches sein dürfen, sollte man am besten mit „Beides!“ beantworten.
Die mexikanischen Teigtaschen gibt es in den Varianten Veggie und Birria Beef, zartes Rindfleisch in landestypischer, würziger Sauce, die Sandwiches u.a. als Melt, was sie quasi zu einem Burger macht, oder als Fried-Chicken-Version mit Nashville Hot Honey (Honig mit geräucherter Paprika, Cayenne-Pfeffer und weiteren Gewürzen). Unbedingt dazu bestellen: die „Tater Tots“, geriebene, zylindrisch geformte und frittierte Kartoffeln, eine in den USA weit verbreitete, bei uns noch unbekannte Alternative zwischen Fritte und Krokette. Eine Sache sollte man von vorne herein verwerfen: den Versuch, sich keine fettigen Finger zu holen, während man die Gerichte von „Munchies“ vor dem Laden oder anderswo (drinnen ist kein Platz) verputzt. Es ist vergeblich. Bitte nicht an den Servietten sparen!
Pflanzenbasierte Perfektion: Doen Doen
Döner Kebap ohne Fleisch: Auf dieses Thema setzen immer mehr Imbisse und bieten vegetarisch-vegane Varianten an. Doch so richtig konnte – uns jedenfalls – bislang kein Produkt überzeugen – bis wir zu Doen Doen nach Friedrichshain kamen. Der moderne, 2023 eröffnete Laden setzt zu 100 Prozent auf vegane Zutaten, und der Fleischersatz kommt vom Partner Planted aus der Schweiz. Das mit Millionenfinanzierungen ausgestattete Startup setzt, anders als viele Mitbewerber, auf pflanzlichen Purismus und Produkte ohne Pülverchen à la Geschmacksverstärker oder Bindemittel. Vor allem aus Erbsenproteinen stellt man seine Produkte her, die vom „Planted Kebap“ bis zum Premiumprodukt vegane Hühnerbrust reichen, die sogar Tim Raue in seinem Zwei-Sterne-Restaurant einsetzt.
Bei „Doen Doen“ kommt die pflanzliche Alternative zusammen mit viel Gemüse, Salat und hausgemachten Saucen ins Brot. Und ganz hervorragend dazu schmeckt das seidige, leicht nussige Ayran mit Hafermilch von Oatly, trotz deutlich höherem Preis im Vergleich zur Standardversion. Hinter „Doen Doen“ steht Abdullah Budik, der den ersten Imbiss in seiner Heimatstadt Stuttgart eröffnet hat, wo er auch die Bars „Transit/Bergamo“ und „Bergamo“ betreibt.
Sus(h)stainable: Friendly Fish
@friendlyfish.de Lunch in the sun anyone?🤤🍣 #friendlyfish #friendlyfishberlin #wedofishybusiness #sushi #sushitogoberlin #grabandgo #nigiri ♬ Originalton – grab and go
Nicht, dass es nicht bereits viele Konzepte in der Stadt geben würde, die auf Sushi setzen – und das, wie auch das neue Friendly Fish, mit Spezialisierung auf Delivery und Takeaway. Aber, und darauf soll das „Friendly“ hindeuten: Nachhaltigkeit sowie ein verantwortungsvoller Umgang mit den natürlichen Ressourcen – und Fischen als Lebewesen – hat man sich hier auf die Fahnen geschrieben, womit man (leider) noch ein Alleinstellungsmerkmal hat. So arbeitet man ausschließlich mit Lieferanten und Fischereien zusammen, die sich für den Schutz der Meere einsetzen und Fisch traditionell mit Haken und Leine fangen. Der Lachs kommt aus irischen Zuchtfarmen, der Thunfisch aus Zuchtbecken bei Gibraltar.
Zudem erreicht man im Sortiment, das aus Makis, Nigiris, Rolls und Beilagen besteht, einen tierfreien Anteil von rund 50 Prozent. Das Wasabi wird, das ist alles andere als Standard, aus der echten Wasabi-Wurzel hergestellt. Bagels mit Fisch, Gemüse sowie süßen Aufstrichen bilden den zweiten Schwerpunkt des Konzepts. Auf die Umwelt achtet man auch beim Packaging – statt der üblichen Sushi-Plastikboxen verwendet man stabile, schicke Papierschachteln, die zu 100% recyclebar sind. Dies falle nicht nur den Kunden beim Außer-Haus-Verkauf positiv auf, sondern auch den Gästen im Catering-Geschäft, das „Friendly Fish“ ebenfalls anbietet, erklärt Gründer Moritz Mary. Er hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahresende komplett plastikfrei zu arbeiten.
Fleischbällchen-Finesse: Möllers Köttbullar
Erstens: Korrekt werden sie Schöttbüllar ausgesprochen. Zweitens: Sie können wirklich besser schmecken als in der Möbelhauskette. Die schwedischen Fleischbällchen in Perfektion zu präsentieren, ist Henrik Möllers Mission. Früher leitete er in Berlin den Club „Golden Gate“, nun hat er mit Möllers Köttbullar bereits zwei Imbiss-Restaurants in der Stadt eröffnet, zunächst am Schlesischen Tor in Kreuzberg und im Herbst vergangenen Jahres auch im Prenzlauer Berg, dort auf größerer Fläche. Das moderne Tiefkühlhaus konnte er vom Vormieter übernehmen, der schon nach drei Monaten schloss. Dort lagern u.a. die nach eigenem Rezept von der renommierten Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall hergestellten Fleischbällchen sowie die vegane Alternative aus Erbsenprotein-Schnetzel, Flohsamenschalen und Gewürzen. Dazu gibt es u.a. Kartoffelstampf, Pommes, Rahmsauce, Gurkensalat und natürlich Preiselbeeren.
Schmales Sortiment, tiefe Analyse: Möller hat eine Foodmap gestalten lassen, mit der er transparent machen will, woher die Zutaten für seine Produkte stammen. Dies sei den Gästen mit einer Illustration deutlich einfacher zu kommunizieren als in textlicher Form, erklärt er uns. Die Foodmap informiert z.B. darüber, dass die Kartoffeln für die Fritten von Demeter-Betrieben aus Niedersachsen stammen, die Kartoffeln für den Stampf hingegen aus Eppingen in Baden-Württemberg. Die Äpfel wachsen im Alten Land bei Hamburg, die Milchkühe grasen rund um Brodowin, die Butter stammt aus Velten und die Bio-Preiselbeeren tatsächlich aus Schweden, nicht aus China wie in den allermeisten Fällen. Geplant ist ein Rollout des Konzepts über die Stadt hinaus – da hilft es sicher, dass die Möbelhauskette die Bällchen im ganzen Lande bekannt gemacht hat.
Köpenicker Straße 190, Kreuzberg
Danziger Straße 26, Prenzlauer Berg
www.koettbullar.com
Smash-Style: All In.
Nach üppigen Türmen sind in Sachen Burger derzeit ja die flachen Smashburger der heiße Sch***. Das Ende 2023 eröffnete All In. auf der Schönhauser Allee macht dem Platzhirsch „Goldies Smashburger“ dabei Konkurrenz und mischt die Frage, wer am coolsten smasht, ordentlich auf – das zeigt auch der tägliche Andrang. Die Location selbst ist knallrot gefliest und gestrichen, der große Stehtisch aus Edelstahl auf der Gästeseite versprüht äußerst nüchternen Charme, und mit seinen roten Schürzen und Plastik-Visoren auf dem Kopf sieht das Team aus wie einem Achtziger-Jahre-Film entsprungen. Schön schräg alles.
Aber wie schmeckt der Burger? Die Single-Version, völlig hinreichend übrigens, mit gegrillten Zwiebeln, Käse, Pickles und Geheimsauce, gebraten wird mit Erdnussöl, ist ein Knaller, wozu auch die fluffigen Buns beitragen, „Martin’s Potato Sandwich Rolls“ aus den USA. Auch von der Veggie-Version mit Blumenkohl-Patty hört man Gutes. Die gewellten Fritten sind innen weich, außen kross, so wie sie sein müssen. Und der Vanille-Shake kostet zwar schlappe fünf Euro, doch die ist er, ganz wie Uma Thurmans legendärer Fünf-Dollar-Shake in „Pulp Fiction“, tatsächlich wert. Unser Tipp: all in, sprich alles rein in die Tüte und entspannt draußen futtern.