Mit ihrem nomadischen Gastro-Konzept „Bananaleaf“ mieten sich Daniela Weinhold und Nastasia Broda temporär in Locations (u.a. „Nudo“, „Josefa“, auf der sensationell platzierten „Alten Utting“ und „Mates“) ein und veranstalten Corona-konforme Pop-up-Picknicks in München. Sie gewannen im März das Online-Finale des „Deutschen Gastro-Gründerpreises“ und denken jetzt ihr Thema, Flächen effektiver zu nutzen, noch größer.
Während wir sonst mit den Gewinner*innen des DGGP live und vor Ort auf der Messe ein Interview führen, fand es dieses Mal wegen Mr. C via Zoom statt.
Daniela, Nastasia, fangen wir ganz von vorne an. Wie ist „Bananaleaf“ entstanden?
Daniela: Nach meinem Master wollte ich ein Projekt machen, ohne dabei Kompromisse eingehen zu müssen. Ich habe vorher im Agenturbereich gearbeitet, dort habe ich viele Konzepte geschrieben. Die präsentiert man dem Chef, dem Kunden, es wird viel glattgebügelt – und am Ende bleibt vieles Kreative auf der Strecke liegen. Ich habe mich dann gefragt, worauf ich Lust hätte. Weil ich Frühstück ganz gerne mag, habe ich mir überlegt: Wie kann ich damit mehr Zeit verbringen (lacht). Ich wollte aber auch nicht gleich und immer Gastronomie machen, sondern es einfach mal einen Sommer lang ausprobieren. Ich habe dann losgelegt mit Branding, Logo, Konzept … und dann stellte sich natürlich die Frage: Wo mache ich das? Gibt es Plattformen, die Orte anbieten, wo man sich für kurze Zeit reinmieten kann? Die gab es nicht, deswegen habe ich mich im Freundeskreis umgehört und wurde an den Betreiber des „Nudo“ in der Amalienstraße vermittelt. Der machte erst abends auf und bot mir an, es mal in seiner Fläche auszuprobieren. Und drei Wochen später kam schon Nasti mit an Bord …
… und wie kamst du dazu?
Nastasia: Da muss ich etwas ausholen. Ich arbeite in der Gastronomie, seit ich 15 bin. Erst am Bodensee, wo ich herkomme, dann habe ich in Potsdam Geoökologie und Landschaftsplanung studiert und in Berliner Gastronomien gearbeitet, u.a. im „La Tazza“, „Süß war gestern“, „Zu mir oder zu dir“, viel im Nachtleben. Ich wollte nach dem Studium zurück in den Süden, habe in einem Planungsbüro in München angefangen zu arbeiten, aber habe schnell gemerkt, mir fehlt die Gastronomie, ich brauche den Trubel um mich herum. Ich hatte erst die Idee, ein eigenes Café zu machen, habe mir Flächen angeschaut, eine Maklerin dazu genommen, aber es ist in München noch schwieriger, was zu finden als anderswo. Hohe Mieten, lange Pachtverträge. Genau zu dem Zeitpunkt kam eine Freundin auf mich zu und meinte: Daniela braucht Support. Und die Idee, einen bereits vorhandenen Raum zu nutzen, um darin ein vegan-nachhaltiges Konzept zu machen, fand ich genial. Im „Nudo“ haben wir das dann drei Monate gemacht, ich neben dem Hauptjob, Daniela schon hauptberuflich.
Und wann bist du voll eingestiegen?
Ende 2018, mit dem zweiten Projekt „Knolle und Kohl“ in der Josefa Bar wurde es serious für mich (lacht).
Wie konntet ihr die Locations bzw. die Betreiber*innen eigentlich von eurer Idee überzeugen?
Daniela: Das wurde uns wahnsinnig viel Vertrauen entgegen gebracht. Die fanden unser Konzept cool, und Mieteinnahmen reinzubekommen, ist natürlich auch ein Argument.
Nastasia: Wobei wir auch schon Überzeugungsarbeit leisten mussten: Wie macht man das legal, zwei Konzepte in einem Laden, behördliche Dinge, solche Fragen stellen sich natürlich.
Mir auch: Wie ist das denn rechtlich, worauf muss man achten?
Nastasia: Wir haben länger gesucht, bis wir die richtige Anmeldung hatten. „Bananaleaf“ ist kein Reisegewerbe aber auch kein stehendes, weil wir nur immer mal wieder in den Locations sind. Uns wurde gesagt, dass wir uns im Prinzip jedes Mal wieder an- und abmelden müssen.
Daniela: Wenn man hingegen nur ein Wochenende da ist, ist man quasi nur zu Gast. Dann muss man gar nichts machen. Langfristig, über mehrere Monate, muss man jedoch individuell Lösungen finden. Aktuell machen wir nur einmalige Geschichten im To-Go-Format, wir wollen flexibel bleiben.
Was könnt ihr zurzeit denn überhaupt machen?
Nastasia: Im Zuge von Corona haben wir uns natürlich überlegt, wie wir trotzdem weitermachen können. Wir haben mit individuellen Gruppenpicknicks angefangen im letzten Jahr – zu dem Zeitpunkt waren 10 Personen erlaubt –, dann kamen Pop-ups mit Boxen, die wir an verschiedenen Ausgabestellen in München für ein oder zwei Personen fertig gemacht haben. Im Englischen Garten waren wir öfters …
Daniela: … dort haben wir zum Beispiel Picknicks in einem der ältesten Kioske ausgegeben. Die Betreiberin, eine ältere Dame, war erst ziemlich skeptisch, was wir dort überhaupt machen wollen (lacht). Es kamen viele Leute, die haben sich Boxen abgeholt und auf der Grünfläche im romantischen Nordteil des Parks verbreitet. Das war ein tolles Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Corona-Regeln. Es hat sich angefühlt wie ein Event.
Nastasia: Und das hat sich so bis zum Advent fortgesetzt. Individuelle Caterings machen wir auch. Ich bin seit Kurzem im Allgäu angesiedelt und mache nun hier weiter mit Boxen und kleinen Picknicks, sobald die Umstände es ermöglichen.
Gibt es einen roten Faden bei euren Speisen, sprich Klassiker?
Daniela: Die Süßkartoffel-Waffel vom belgischen Waffeleisen ist ganz geil, die machen wir seit dem ersten Pop-up.
Nastasia: Rote-Bete-Hummus!
Daniela: Und unser Bananenbrot. Wir dachten immer, das ist doch out, aber die Leute feiern es immer noch (lacht).
Nastasia: Es gibt immer Porridge und eine Bowl, mittlerweile sind auch die Stullen für die Picknick-Boxen Klassiker
Daniela: … und wir haben mit veganen Butterbrezeln angefangen. Butterbrezeln isst man hier ja ungefähr jeden Tag, nur die Veganer sind bisher immer leer ausgegangen.
Was sollten Gastronomien mitbringen bzw. wie sollten sie aufgestellt sein, damit eine Kooperation für euch in Frage kommt?
Daniela: Vegan zu sein, nur weil wir es sind, ist keine Prämisse für uns. Aber es sollte vom Ansatz her schon passen.
Nastasia: Wir schauen uns an: Was wird vor Ort genutzt? Je nachhaltiger, um so besser. Es müssen nicht zwangsläufig Bioprodukte sein, aber ein Nachhaltigkeitsgedanke sollte dabei sein. Das wird uns immer wichtiger. Wir wollen mit unserem Essen ja auch ein Statement setzen. Und, das möchte ich noch hinzufügen, für uns super wichtig, dass wir der Fläche Sichtbarkeit geben können. Wir wollen die Leute vor Ort unterstützen, z.B. das „Import-Export“, ein Kulturzentrum, das mit Geflüchteten arbeitet. Oder den Fokus auf unbekannte Sachen lenken, wie den „Tivoli-Pavillon“ im Englischen Garten.
Bei Pop-ups oder Sachen zum Mitnehmen entsteht oft viel Verpackungsmüll. Wie sieht denn euer Nachhaltigkeitskonzept aus?
Daniela: Bei den Picknicks geben wir diese Pilzesammel-Körbchen aus, die man entweder wieder bei uns austauschen oder weiterverwenden kann. Wir versuchen viel aus Glas zu nutzen, keine Pappbecher …
Nastasia: … also zum Beispiel Getränkefläschchen zur Wiederverwendung für zu Hause. Und wir verpacken viel in Mais- oder Bananenblättern. Am liebsten würden wir die Boxen komplett „Zero Waste“ machen. Wir arbeiten dran.
Und ihr arbeitet auch an einem neuen Projekt. Erzählt doch bitte mal, um was es da geht.
Daniela: Uns ist während der „Bananaleaf“-Reise aufgefallen, wie viele Flächen ineffizient genutzt werden. Wir wurden auch von vielen Betreibern angesprochen: Wollt ihr nicht mal was bei uns machen, wir haben am Wochenende zu. Oder: Kennt ihr jemanden, der unseren Laden unter der Woche nutzen will? Und andererseits haben uns die Leute von verschiedenen Konzepten gefragt: Ich will nur Montag und Dienstag was machen, kennt ihr eine Fläche? So kam die Idee mit der Plattform, die genau das vermittelt: Shquared. Wir arbeiten mittlerweile zu neunt dran. Corona hat uns natürlich ausgebremst, aber wir bereiten uns auf die Zeit danach bzw. darauf vor, wie wir damit umgehen können, dann Flächen zu teilen. Und damit auch das Risiko.
Nastasia: Das eignet sich ja nicht nur für Gastro, sondern auch die Fahrradwerkstatt, in der montags, wenn sie zu hat, Physiotherapie ist. Oder Seminarräume, die für Workshops genutzt werden. So was kann auch in Hotel-Tagungsräumen passieren, Büros können natürlich Coworking anbieten …
Daniela: … oder die Disco unter der Woche. Da könnte eine Tanzschule rein. Viele Flächen werden nicht mal zur Hälfte der Zeit genutzt.
Nastasia: Es geht bis hin zu Tiefgaragen oder Parkdecks. Es gibt sehr viele ganz gering ausgelastete Flächen.
Daniela: Fürs dritte Quartal planen wir den Rollout in weiteren Städten.
Zum Schluss: Ihr habt den „Deutschen Gastro-Gründerpreis“ gewonnen und damit 5.000 Euro. Was macht ihr damit?
Daniela: Das überlegen wir noch. Einen Teil vielleicht in eine bessere Ausstattung, hochwertige Töpfe und Pfannen. Und ich wünsche mir total ein Lastenrad. Das wäre mega.
Nastasia: Und macht in einer Stadt wie München auch sehr viel Sinn!
Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute euch!