Cocktailcaterer Arthur Wiebe: „Wenn es so weiter geht, gibt es viele Dienstleister bald nicht mehr“

von Jan-Peter Wulf
barthur 690x460 - spirituosen, management, getraenke, gastronomie Cocktailcaterer Arthur Wiebe: „Wenn es so weiter geht, gibt es viele Dienstleister bald nicht mehr“

Ist zuversichtlich trotz der ernsten Lage: Arthur Wiebe

Wenn binnen weniger Tage das komplette Eventgeschäft, die Jahresplanung und die Perspektive weg brechen, dann kann man den Kopf in den Sand stecken – oder man tritt die kreative Flucht nach vorne an. Der Berliner Catering-Unternehmer Arthur Wiebe hat sich für Letzteres entschieden: Er hat eine neue Produktrange namens „the bottled bar“ aus der Taufe gehoben und wird in Kürze sogar eine Bar in der Hauptstadt eröffnen. 

Arthur, wie ist es dir beruflich in den vergangenen Monaten ergangen? Wie hast du dich auf die neue Situation einstellen können? 

Die letzten Monate waren ziemlich turbulent, es ist alles anders gekommen als geplant. Statt auf Events am Bodensee oder in Italien zu catern, haben wir den Lockdown im Brandenburger Exil verbracht. Meine stationäre Bar, die ich von einem Hotel am Savignyplatz gepachtet hatte, musste schließen, da das Hotel auf unbestimmte Zeit geschlossen bleibt. Aber durch die neuen Umstände haben sich auch neue Möglichkeiten ergeben. Wir hatten endlich Zeit uns zu 100 Prozent auf das Bottled-Cocktail-Projekt zu konzentrieren und haben eine neue Location für unsere Bar gefunden, die im nächsten Monat öffnen wird. Somit hatten und haben wir ganz gut zu tun.

Bevor wir über diese neuen Projekte sprechen: Barthur steht für Bar-Catering. Wie sieht es da gerade aus? Du machst jetzt vereinzelt wieder Veranstaltungen, oder? Wie funktioniert das, worauf muss man da besonders achten? 

Die erste Veranstaltung nach dem Lockdown war eine kleine Hochzeit in Berlin. Damals waren aber nur 25 Gäste zugelassen bei privaten Feiern. Das Brautpaar hat das aber äußerst kreativ gelöst: 25 Familienangehörige waren von 18 bis 21 Uhr geladen und machten dann einen fliegenden Wechsel mit 25 Freunden, die bis nachts feierten. Die freie Trauung wurde per Livestream übertragen.

Das klingt nach einem durchdachten Corona-Konzept.  

Was deutlich zu beobachten ist: Firmenfeste werden fast komplett zurückgefahren, während private Anlässe in kleinen Kreisen umgesetzt werden. Niemand plant mehr mit vielen Gästen. Hygiene- und Sicherheitskonzepte sind aktuell das Gebot der Stunde.

Aktuell werden die Beschränkungen wieder verschärft, was bedeutet das für Barthur? 

Planungssicherheit ist im Prinzip nicht gegeben und man muss von Woche zu Woche schauen, wie der Stand ist. Um es deutlicher zu sagen: Die Lage ist ziemlich dramatisch.

Du hast mit the bottled bar eine Reihe von trinkfertigen, hochwertigen Cocktails entwickelt, die man zu Hause oder wo auch immer genießen kann. Wie kam es dazu? Ein Corona-Baby? 

Die Idee rührt ursprünglich daher, dass wir Caterings im Allgemeinen effizienter gestalten wollten. Jedes Event ist mit einem erheblichen logistischen Aufwand verbunden. Zum Beispiel benötigt jeder Barmann und jede Barfrau seine bzw. ihre eigene Mixstation mit Equipment und Flaschen-Setup. Der Personalaufwand ist hoch bei aufwendigen und hochwertigen Cocktails. Das schlägt sich dann natürlich im Preis nieder. Kompromisse bei der Qualität zu machen, war allerdings keine Option, und so war die Idee geboren, Punches zu servieren. Hier kann ich mit ca. einem Viertel des Personals kalkulieren im Vergleich zu à la minute geschüttelten Drinks. Daraus aber eine eigene Marke zu gründen, diese Idee kam im Prinzip unmittelbar beim Lockdown. Zeit hatten wir ja dann ja.

the bottled bar - spirituosen, management, getraenke, gastronomie Cocktailcaterer Arthur Wiebe: „Wenn es so weiter geht, gibt es viele Dienstleister bald nicht mehr“

Premix- oder „ready-to-drink“-Cocktails sind ja kein Novum. Wie grenzt du dich mit deinem Sortiment ab? 

Wir setzen auf Punch-Rezepte statt auf klassische Drinks. Für Letztere gehe ich lieber in eine Bar, denn zum klassischen Drink gehört für mich auch die Atmosphäre einer Bar. Und das akkurate Zubereiten des Drinks: Das Knistern von trockenem Eis, wenn es mit der Spirituose in Berührung kommt, oder die elegante Bewegung beim Kaltrühren des Drinks. Einen Old Fashioned aus einer großen Flasche einzuschenken, fühlt sich einfach nicht richtig an.

Punches hingegen zeichnen sich durch ihre Süffigkeit aus. Keine Geschmackskomponente steht im Vordergrund, sondern Ziel ist es, ein harmonisches Geschmacksprofil zu schaffen. Ein Drink mit beispielsweise Tonkabohne schmeckt vielleicht nach dem ersten Glas interessant, nicht nach dem vierten. Der Alkoholgehalt, vergleichbar mit dem eines Weines, macht einen Punch außerdem angenehm über einen Abend hinweg trinkbar.

Und es ist leichter im Handling. 

Die Drinks werden nur auf Eis aufgegossen. Es ist kein Schütteln im Shaker erforderlich oder das Strecken mit einer Limonade. Aus der Flasche ins Glas auf Eis. So einfach. Last but not least: Es wird immer gerne gesagt, dass hochwertige Produkte zum Einsatz kommen, die dann aber oft nicht beim Namen genannt werden. Wir legen die Zutaten offen und setzen auf höchste Qualität, die bei der Auswahl der Spirituose anfängt, zum Beispiel Stauffenberg Dry Gin aus Schwaben, über den Tee von Paper&Tea), Osmose-gefiltertes Wasser bis hin zu den unbehandelten Zitrusfrüchten, die wir direkt vom Erzeuger aus Mallorca beziehen. Mehr geht nicht.

the bottled bar punch - spirituosen, management, getraenke, gastronomie Cocktailcaterer Arthur Wiebe: „Wenn es so weiter geht, gibt es viele Dienstleister bald nicht mehr“

Sogar die Garnitur wird mitgeliefert, in diesem Fall getrocknete Ananas

„The bottled bar“ ist auch für B2B gedacht. Wie arbeitest du mit Hotels oder Gastronomien zusammen? Gibt es gar Bars, die deine Cocktails verwenden?

Wir starten mit den Drinks zunächst in der eigenen Bar im November, um auch eine Art Showroom dafür zu haben. Erste Restaurants, sogar eines aus Freiburg, haben schon angefragt.

Zwei der Drinks wurden von deinem Kollegen Oliver Ebert aus dem Becketts Kopf kreiert. Wird es weitere Varianten mit anderen bekannten Bartender*innen geben? 

Die nächsten beiden Drinks stehen bereits und werden von einem jungen, aufstrebenden Bartender aus dem Stagger Lee kommen. Ihr dürft als Erstes probieren!

Sehr gerne! Zum Schluss: Ich weiß, Prognosen sind zurzeit schwierig, aber wie blickst du ins Jahr 2021 und darüber hinaus, welche Pläne und Projekte hast du? 

Der B2B-Bereich wird in den kommenden Monaten unser Fokus sein, hier arbeiten wir gerade an einer neuen Idee. Aktuell steht die Eröffnung unserer stationären Bar „Amélie“ in der Auguststraße in Mitte an. Mitte November statt ursprünglich Anfang Juli soll es dann soweit sein. Vorausgesetzt, wir dürfen. Es ist auf jeden Fall nicht die einfachste Zeit, eine Cocktailbar zu eröffnen, aber wir sind trotzdem sehr zuversichtlich. Was die Veranstaltungsbranche betrifft hoffe ich, dass zuverlässige Schnelltests wieder etwas größere Veranstaltungen möglich machen. Denn wenn es so weiter geht, gibt es viele Dienstleister bald nicht mehr.

Vielen Dank Arthur, und alles Gute euch. 

Weiterlesen:

KOMMENTIEREN

* Durch die Verwendung dieses Formulars stimmen Sie der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website zu.