„Neues Bier verträgt neues Essen“ – Ben Pommer vom „BRLO Brwhouse“ über seine Gemüseküche

von Jan-Peter Wulf
ben pommer 690x460 - interviews-portraits, konzepte, getraenke, gastronomie, bier „Neues Bier verträgt neues Essen“ – Ben Pommer vom „BRLO Brwhouse“ über seine Gemüseküche

Ben Pommer

Ben Pommer, Geschäftsführer und Küchenchef im neuen „BRLO Brwhouse“ in Berlin, räumt auf mit dem Klischee, dass Brauhausküche immer deftig, fleischlastig und bleischwer sein muss. Gerüstet mit den Skills aus der Sterneküche Nils Henkels hat Pommer eine Küche entwickelt, die das Gemüse ins Zentrum stellt und zeigt, wie sexy es schmecken kann.

Ben, wenn es um das Pairing von Bier und Food geht, was kommt zuerst bei dir – das Essen oder das Bier?

Das Essen. Die Basis für mich ist: Wie schmecken die Dinge, was ist ihr Charakter – und welches Bier passt dann dazu?

Und wie ist das für eure Gäste?

Wir dürfen die Gäste nicht überfordern, wir können nicht hingehen und sagen: Das Essen schmeckt so und so, dazu passt dann dieses Bier – die Leute müssen die Bierstile ja erst einmal entdecken und verstehen. Womit man die Gäste relativ einfach erreicht: Überhaupt Food, unsere Küche, zum Bier wahrzunehmen. Dass das sehr gut zusammen funktionieren kann. Wir haben in Berlin viele Craft-Bier-Bars, die gar kein Foodangebot haben. Für mich sind das am Ende „nur“ moderne Kneipen. Ich denke, für einen gastronomisch funktionierenden Ort müssen Food und Beverage aber parallel ziehen. Anhand der Umsätze sehe ich ja auch: Das geht.

Du hast bei Nils Henkel in Bergisch Gladbach kennen gelernt, wie sich mit Gemüse eine innovative, weniger fleischlastige Küche auf hohem Niveau darstellen lässt.

Ich habe dort gelernt, über den Tellerrand zu gucken. Was kannst du machen, um einen anderen, neuen Geschmack zu erzielen? Trocknen, Entsaften, Reduzieren, einen Sud aus Gemüsen kochen – es ist enorm spannend, was für komplexe Geschmäcker du aus Gemüse rausbekommst, wenn du es anders zubereitest.

Gib uns bitte mal ein Beispiel.

Knollensellerie, kommt in jede x-beliebige Sauce rein. Oft völlig verkocht, komische Konsistenz. Sexy ist das nie. Wir garen ihn im Ganzen und räuchern ihn, ziehen die Haut ab, schneiden Scheiben runter. Wunderbar süß, richtig lecker. Du kannst Knollensellerie auch roh entsaften, den Saft reduzieren und eine dicke Jus draus machen wie die Kollegen im „einsunternull“.

Hast du dich in ein Gemüse „verknallt“?

In die gelbe Bete. Die backen wir in einem Salzkrustenteig. Megalecker, außen salzig, innen süß. Da war ich selbst überrascht. Beim Kochen kriegst du diesen Umami-Geschmack aus der nicht raus. Zu Hause brauchst du dazu keine Miso-Crème wie wir, da reicht ein kleiner Klecks Crème fraîche. Das gibt es bei uns oft als Persoessen. Die fermentierten Radieschen habe ich auch schätzen gelernt, schön säuerlich-frisch. Die noch mal vierteln und anbraten, dann schmecken die dank der Röstaromen wie Sauerkraut.

Welches ja kein unwichtiger Bestandteil der deftigen deutschen Brauhausküche ist.

Sauerkraut gibt es bei uns ja auch, aber mit Spitzkohl statt mit Weißkohl, fermentiert mit Kümmel. Wir nennen es „German Kimchi“.

Macht es dir mehr Spaß, mit Gemüse zu arbeiten anstatt mit Fleisch?

Auf jeden Fall. Fleisch macht schon auch Spaß, aber es ist nicht so abwechslungsreich. Und irgendwann, wenn du zu lange dran arbeitest, wird es zäh (lacht).

Preislich ist das Ganze auch spaßiger, oder?

Naja. Klar, ein Blumenkohl ist erstmal nicht teuer. Aber die Vadouvan-Gewürzmischung, die da dran kommt, kostet 140 Euro das Kilo, die Bohnen-Vinaigrette stellen wir aus blanchierten grünen Bohnen her, die entsaftet und mit Öl und Essig hochgezogen werden. Da steckt richtig viel Bohne drin! Man muss auch sehen, wie viel Arbeit bis zum Endprodukt es ist. Nehmen wir unsere Rote-Bete-Tapioka-Chips: Rote Bete wird entsaftet, aufgekocht mit Tapioka, kommt einen Tag in den Dörrautomaten, wird aufgebrochen, frittiert und so weiter – der Effekt ist toll, die Gäste sagen immer wieder, dass sie Rote Bete so noch nie gegessen haben, aber dafür braucht es viele Handgriffe. Für 3.000 Gäste, die wir mittlerweile pro Woche haben, musst du schon eine Menge Chips machen. Kaufe ich mir ein gutes Steak, brauche ich nur eine ordentliche Pfanne und ein bisschen Öl, am Gemüse fummeln wir zwei Tage lang herum.

Dieses Fummeln ist aber eure Kernkompetenz.

Ganz klar. Und trotzdem: Die Leute müssen es noch verstehen können, es darf nicht zu überkandidelt sein. Wir sind kein Fine-Dining-Restaurant und haben trotzdem den Anspruch: Wir machen was Geiles mit Gemüse. Unseren Spargel legen wir in Nussbutter ein und blanchieren ihn mit grünem Tabasco, damit er leicht säuerlich-scharf wird. Das macht den Unterschied.

Und wer Fleisch möchte, bekommt das bei euch ja auch.

Mit unseren Spare Ribs können die Gäste richtig einen auf Obelix machen (lacht). Ich freue mich schon auf die Vorweihnachtszeit, dann wird es bei uns Gänse aus dem Smoker geben. Uns geht es darum: Leute, die wenig oder gar kein Fleisch essen, sollen sich bei uns auch wohl und zufrieden fühlen. So, wie wir den ewigen Pilstrinker herausfordern und überzeugen wollen, möchten wir auch zeigen: Gemüse kann toll und kraftvoll schmecken. Am besten zusammen mit unseren Bieren – und mit Freunden. Deswegen kommt alles, zum Teilen, gleichzeitig auf den Tisch.

www.brlo-brwhouse.de

ben pommer brlo - interviews-portraits, konzepte, getraenke, gastronomie, bier „Neues Bier verträgt neues Essen“ – Ben Pommer vom „BRLO Brwhouse“ über seine Gemüseküche

Zur Person
Ben Pommer, geboren 1984 in Berlin, absolvierte seine Ausbildung zum Koch im ehemaligen Fine-Dining-Restaurant „Maxwell“. Nach Stationen im „Landhaus Scherrer“ in Hamburg und dem „Kronenschlösschen“ in Eltville kam er 2011 zu Sternekoch Nils Henkel ins „Gourmetrestaurant Schloss Lerbach“ in Bergisch Gladbach. Ein gutes Jahr später ging Pommer auf eine lange Weltreise, schnupperte in fremde Länderküchen hinein und besuchte Kochkurse. Zurück in Berlin leitete er das kulinarische Konzept des Streetfoodmarkts „Neue Heimat“ und baute ein Cateringunternehmen mit auf. Das Anfang 2017 im Gleisdreieckpark eröffnete „BRLO Brwhouse“, errichtet aus 38 Übersee-Containern, ist sein erstes eigenes Restaurant und ist zugleich neue Braustätte der Craft-Bier-Brauerei „BRLO“. Das Restaurant wurde bei den „Berliner Meisterköchen 2017“ zum besten neuen Szenerestaurant der Hauptstadt gekürt. 

Das Interview erschien zuerst in Meiningers Craft 4/2017.

Weiterlesen:

KOMMENTIEREN

* Durch die Verwendung dieses Formulars stimmen Sie der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website zu.