Berliner Eis-Innovatoren, Teil 1/5: Gimme Gelato – Tastes Like No Otter

von Laura Klingenberg
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Eis-Entrepreneur: Ralf Sander. Foto: Hella Wittenberg, alle anderen Fotos: Gimme Gelato

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einer Eisdiele, einer Eismanufaktur und einem Artisan Ice Cream Shop? Wie kann ein Laden bei den Berliner Mietpreisen mit Eiskugeln für 1,50 Euro überleben? Und wie kommen eigentlich die Cheesecake-Stückchen in das Eis?

In Berlin stehen heute erfahrene Pâtissiers, Restaurantleiter aus der Spitzengastronomie oder erfolgreiche Physiker hinter den Eisdielen-Tresen und reichen Sorten wie „Whole bean Vanilla Ice Cream mit maple glazed bacon and whiskey sauce“ aus recyclebaren Zuckerrohr-Schalen. 

Wir trafen die Köpfe von fünf der zur Zeit angesagtesten Eismanufakturen Berlins: Gimme Gelato, Woop Woop Ice Cream, Paul Möhring, Jones Ice Cream und Tenzan Lab. Dort erfuhren wir, wie man trotz außergewöhnlich hoher Kosten ganzjährig überleben kann, trafen auf beeindruckende Menschen, spannende Lebensläufe, einzigartige Konzepte und vor allem: atemberaubendes Eis. Los geht unsere fünfteilige Reihe mit: 

Gimme Gelato – Tastes Like no Otter

Wer hätte gedacht, dass aus dem sympathischen Brauer und Mälzer aus Frankfurt am Main jemals ein „Chief Gelato Officer” wird? Ralf Sander arbeitete bis 2016 in den Chefetagen großer deutscher Brauereien und in internationalen Großkonzernen. Sein Know-how in den Bereichen Sales, Marketing, Nachhaltigkeit und Supply Chain könnte größer nicht sein. „Ich habe in meinem vorherigen Leben viele kleine und große, teilweise internationale Gastronomen betreut, sehr interessante Menschen getroffen und sehr proaktiv mit ihnen zusammen gearbeitet. Ich habe diese auch nach meinem Ausscheiden bzw. Wechsel nie aus den Augen verloren. Dieses Wissen und diese Kontakte helfen mir bei der täglichen Arbeit und auch bei möglichen Expansionsplänen“, berichtet uns  Sander beim Besuch in seiner Ende 2018 eröffneten Eismanufaktur „Gimme Gelato” im Herzen Charlottenburgs.

Die er sehr gastfreundlich gestaltet hat: „Wir haben versucht den Laden- und Außenbereich so zu gestalten, dass jeder willkommen ist, sich wohlfühlt und den Genuss leisten kann: große, gut lesbare Sortenschilder in mehreren Sprachen, Kinderportionen, modulare Terrassenmöbel die auch Rollstuhlfahrern und Müttern mit Kinder erlauben, sich dort zu platzieren, Gästetoilette, kostenloses Wasser an den extrem heissen Tagen, Kindersitze, behindertengerechter Eingang etc.“ 

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Es ist aber nicht nur eine Eis-Gastronomie, sondern auch eine Manufaktur, und das bemerkt man beim Betreten sofort: Hinter einer Glaswand steht die Pâtissiere Stefanie Pfeil, sie verantwortet die Produktion & Produktentwicklung im Eislabor und produziert Nusspaste, Karamell, kandierte Nüsse, Kuchenteige und Schokoladensaucen. „Alle Gelato-Rezepte sind inhouse entwickelt und bilanziert. So können wir extrem schnell und kurzfristig auf Trends reagieren, kleine individuelle Sorten entwickeln – ab 3,5 Liter – und natürlich so auch auf Kundenwünsche und Ernährungstrends eingehen“, so Sander. Mit Trainern der Gelato University arbeite man eng zusammen und bilde sich ständig weiter.

Großen Wert legt man auf Regionalität und Saisonalität der Zutaten. Nüsse bezieht man beispielsweise von Supernutural, einer Firma, die eigene Nussmühlen herstellt und ausschließlich in Bioqualität liefert. Außerdem kooperiert die Manufaktur mit der Lobetaler Bio-Molkerei und dem Britzer Kräutergarten. Kurz: Das, was in der Restauration immer mehr Zuspruch findet, will man in die Eiswelt übertragen. Die, so Sander, immer noch sehr industriell geprägt ist: „Wenn man auf die großen Messen, z.B. Sigep in Italien fährt, wird das schnell klar. Der Markt wird von Fertigprodukten und großen Marken dominiert, diese haben teilweise fast ganze Messehallen für ihren Auftritt gebucht. Der so genannte Eismacher mischt dann das Fertigprodukt mit Wasser oder Milch und jagt es durch die Eismaschine und nennt das ganze hausgemacht oder eigene Produktion.“ So sei man immer auf die Vorgaben der Industrie angewiesen und müssen deren Trends folgen. 

Ein weiteres USP von Gimme Gelato sind zweifelsfrei die kreativen mobilen Verkaufsstrategien. Mit dem „Gimme Gelato Roadrunner“ verkauft man überwiegend auf Großveranstaltungen, Festivals und Foodmärkten Eis. Und mit dem „Gimme Gelato e-APE“, einem elektrischen Dreirad, sowie den „Gimme Gelato Bikes“ geht es z.B. auf Firmenveranstaltungen und Hochzeiten. Die kleinste mobile Lösung sind kleine autarke Kühlboxen, die man in erster Linie für Promotions und Privatveranstaltungen nutzt. Zusätzlich baut Ralf Sander zur Zeit ein Delivery-System aus, über welches er Privatkunden und die Gastronomie beliefern will. Und auch das Abfüllen von Bechern für Take-away ist geplant. 

Zukünftig plant Ralf unter anderem Hanfeis als Sortiments-Erweiterung, diverse Dog-Treats, Granitas, Softeis und selbstgemachte Waffeln. Und er will das erlernte und erarbeitete Wissen teilen: „Wir werden das Thema Training und Beratung weiter ausbauen, d.h. Leute ausbilden, die gerne ihre eigen Eisdiele eröffnen wollen und hands-on dieses Business erlernen möchten. Mir macht es sehr großen Spaß, mein Wissen zu teilen und Gründer bei ihren Projekten zu begleiten.“ Schon jetzt hatte man Trainees u.a. aus den Niederlanden, Italien, Ungarn, Australien und Kanada zu Gast. 

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Das gastronomische Konzept von Ralf Sander scheint bis ins kleinste Milchmolekül durchgeplant zu sein. Aber wie schafft er es, sowohl sein professionelles Team und seine hochwertigen Rohstoffe, als auch das neuwertigste Equipment mit Kugelpreisen von 1,60 Euro zu finanzieren? „Trotz ständiger Schlangen am Counter ist es zur Zeit noch ein Knochenjob mit sehr kleinen Erträgen. Ich glaube trotzdem daran, dass sich der Invest in das Team, in hochwertige Rohstoffe und das State-of-the-Art-Equipment langfristig auszahlt und die Gäste bereit sind das zu honorieren.“

Leider sei in den Köpfen teilweise immer noch ein Preis von einer Mark verankert. „Jeder ist herzlich eingeladen, durch unsere Scheibe zu schauen, wie viele Menschen nötig sind, um Produkte dieser Qualität zu produzieren.” Und sich am besten natürlich selbst schleckend von dieser Qualität zu überzeugen. 

Gimme Gelato
Wundtstraße 15
14059 Berlin 

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1 Kommentar

Volker Goede 6. August 2019 - 04:42

Habe diesen wunderschönen Laden letzte Woche gefunden.
Was für ein Erlebnis und für mich „das wirklich beste Eis“ ‼️
Sortenvielfalt genial, der Laden nicht aufdringlich mit vielen liebenswerten Details.

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