Welche Stadt fällt Ihnen zuerst ein, wenn Sie an Biergärten denken? Okay. Und als zweites? Wir hätten da einen heißen Tipp: Berlin!
Denn die Biergärten der Hauptstadt müssen sich hinter jenen Münchens überhaupt nicht verstecken – erst recht nicht, seit in Berlin ein regelrechter Bierbrau-Boom ausgebrochen ist, der auch so manchen neuen Ort für das Trinken des flüssigen Golds zeitigt.
Hier sind unsere 7 Empfehlungen für Biergenuss an der frischen Luft.
1. Prater Garten: die urbane Oase
Dieser Berliner Biergarten ist nicht irgendeiner. Es ist der älteste der Stadt. Bereits 1837 wurde hier der Zapfhahn geöffnet, der Name geht auf das lateinische „pratum“ für „Wiese“ zurück. Um die Bierwiese herum befindet sich heute ein trubeliger Kiez mit der Kastanienallee, auch „Castingallee“ genannt, als Aorta und Laufsteg für Hipster, Touristen und Familien. Wer jedoch in den Biergarten einbiegt, betritt einen Ort der Entschleunigung. Wenngleich es an sommerlichen Nachmittagen und Abenden recht voll werden kann, irgendwo findet sich eigentlich immer ein Platz. Hier werden das hauseigene „Prater Pils“ und die Schwarzbier-Variante, gebraut von der Brauerei Engelhard, Hefeweizen, ein Pale Ale von Maisel & Friends sowie eine saisonale Sorte ausgeschenkt. Zu essen gibt es Bratwürste, Leberkäse oder Brezeln mit Obatzter. Ganzjährig geöffnet hat die Gaststätte, in der es ein Wiener Schnitzel vom Kalb ebenso gibt wie Königsberger Klopse und eine halbe Bauernente. Auch als externe Spielstätte der Volksbühne hat sich der „Prater“ einen Namen gemacht, doch diese Zukunft ist ungewiss. Gelegentlich gibt es hier aber Aufführungen.
Plätze: ca. 600
geöffnet: täglich ab 12 Uhr
Kastanienallee 7-9
10435 Berlin
Tel. 030 4485688
www.pratergarten.de
2. Schleusenkrug: Wonne an der Wasserstraße
Wer mit dem Zug in Berlin einfährt, kann diesen idyllischen Ort schon vom Fenster aus erspähen, den „Schleusenkrug“ im Tiergarten. Vor dem Zweiten Weltkrieg ein Kiosk mit Erfrischungen für Flaneure und Passagiere der sich durch den Landwehrkanal bahnenden Schiffe, eröffnete die Familie Fistler 1954 direkt an der Schleuse ein Wirtshaus mit Biergarten. Eine Obskurität deutsch-deutscher Geschichte ist, dass im Untergeschoss des Schleusenhauses Ost-Bedienstete rangierten, denn die Wasserstraßen standen unter DDR-Verwaltung, während oben Westberlin die – wenn vorhanden – Sonne, das Bier und die Speisen genoß. Im wiedervereinten Berlin des Jahres 2018 zeigt sich der „Schleusenkrug“ mit einem für einen Biergarten mehr als reichhaltigen Angebot: Auf der Karte stehen je nach Saison Kaninchenkeule mit Cassis-Sauce, Fischsuppe, warmer Spinatsalat mit Räuchertofu und Leckeres vom Grill – aus nachhaltiger Erzeugung und artgerechter Tierhaltung. Hier kann sogar gefrühstückt werden. Und zu trinken gibt es neben diversen Bieren auch Weine und Longdrinks.
Plätze: ca. 700
geöffnet: Montag bis Freitag 11 bis 22 Uhr, Samstag und Sonntag 10 bis 22 Uhr
Müller-Breslau-Straße 14a
10623 Berlin
Tel. 030 3139909
www.schleusenkrug.de
3. Zollpackhof: Ist Angie da?
Die Geschichte dieses gastronomischen Ortes reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück: Anno 1685 wurde unter der Ägide von Kurfürst Friedrich Wilhelm hier eine Gastwirtschaft erbaut, die schon bald darauf ein angesagter Treffpunkt der in Berlin lebenden Hugenotten und der städtischen „upper class“ war. Im 19. Jahrhundert befand sich hier mit „Tichy’s Badeanstalt“ ein beliebtes Berliner Planschbecken; auf dem Areal errichtete die Post eine Packstation und ein Gebäude für Zollabfertigung – daher der Name des heutigen, 2016 wiedereröffneten, großen Biergartens. Der befindet sich heuer mitten im neuen Regierungsviertel vis-à-vis der „Waschmaschine“, wie die Berliner das Bundeskanzleramt liebevoll-spöttisch zu nennen pflegen. Ein Highlight des Ortes ist die wunderschöne, 150 Jahre alte Rosskastanie, ein zweites der tägliche Holzfassanstich um 18 Uhr, auf die ein kleines Glockengeläut hinweist. Gelegentlich erspäht man den einen oder anderen Parlamentarier bei der Einnahme einer flüssigen Brotzeit. Und zur Winterzeit eröffnet der unterirdische Biergarten des Hauses, der „Augustiner Keller“.
Plätze: 2.000
geöffnet: täglich ab 11 Uhr
Elisabeth-Abegg-Straße 1
10557 Berlin
Tel. 030 33099720
www.zollpackhof.de
4. Café am Neuen See: der Tiergarten-Biergarten
Hohe Bäume und ein großer See: Idyllischer bekommt man es mitten in der Hauptstadt kaum. Kein Wunder, dass das von Roland Mary („Borchardt“, „Grosz“) betriebene „Café am Neuen See“ eine überaus beliebte gastronomische Anlaufstelle von Berlinern und Berlin-Besuchern ist, weshalb mitunter kein Platz zu kriegen ist. Tipp: Unter der Woche sieht es wesentlich besser aus, und tagsüber kann es richtig schön ruhig sein. Andersherum hat auch ein voller Biergarten Flair, und überdies ist dieser besonders kinderfreundlich gestaltet. Nicht nur den Kleinen schmecken die Pizzen aus dem Steinofen, die sich zu Sauerteigbroten, hausgemachten Brezeln, Leberkäse und anderen bayerischen Schmankerln gesellen. Auf der separaten Holzterrasse gibt es das gesamte Angebot des Restaurants von Pasta-Gerichten über Dorade im Ganzen bis zum Paderborner Freilandhähnchen. Besonders charmant ist es, sich ein Ruderboot auszuleihen und vom Wasser aus dem Treiben im Biergarten, in dem Abend bunte Lampions erleuchten, zuzuschauen.
Plätze: ca. 1.200
geöffnet: Montag bis Freitag ab 11, Wochenende ab 10 Uhr
Liechtensteinallee 2
10787 Berlin
Tel. 030 2544930
www.cafeamneuensee.de
5. BRLO Brwhouse: urban, hip, gemütlich
BRLO ist die junge Biermarke aus Berlin und ihr aus Übersee-Containern errichtetes „BRLO Brwhouse“ ein trendiger Mix aus Braustätte, Restaurant und Biergarten. Als Pop-up gab es Letzteren schon 2016 vor der Eröffnung des Hauses Anfang ein halbes Jahr später. An den langen, modernen schwarzen Holztischen, von Hopfen umrankt, nimmt junges, hippes, internationales Publikum Platz. Familien, Touristen und Nachbarn des ringsum neu entstehenden Quartiers gesellen sich dazu. Im Restaurant geht es kulinarisch gemüsig zu, im Biergarten gibt es seit dieser Saison US-Sandwiches wie Grilled Cheese und Philly-Cheese Steak. Das passt gut zur Szenerie, die man als Besucher des Außenbereichs genießt: Wenn die Sonne sich hinter den Hochhäusern auf der anderen Seite des neuen Gleisdreieckparks gen Horizont neigt und die U-Bahnen über die schwere Stahlbrücke rattern, unter der Kinder auf dem Spielplatz hüpfen, Jogger ihre Bahnen ziehen und Hip-Flaneure ihre Sonnenbrillen zur Schau tragen, fühlt man sich ein bisschen wie in Brooklyn.
Plätze: ca. 350
geöffnet: täglich ab 12 Uhr
Schöneberger Straße 16
10963 Berlin
Tel. 0151 74374235
www.brlo-brwhouse.de
6. Loretta am Wannsee: Bayern in Preußen
Die Badehose einpacken und hinfahren, jeden Tag an ihm sitzen und den Wellen zuhören: Der Wannsee ist Westberlins Planschbecken. Wenn das Wetter schön ist, kann es am Badestrand knackig voll werden. Das trifft auch für den beliebten Biergarten zu, der sich am südlichen Ende des Sees (durch eine Straße getrennt) befindet – trotz seiner üppigen 1.200 Sitzplätze, mit denen er wie das „Café am Neuen See“ zu den ganz großen der Stadt zählt. In den 1970er-Jahren eröffnete das „Loretta am Wannsee“, 2010 wurden Haus und Garten umfangreich renoviert und wiedereröffnet. Das Licht der Sonnen fällt durch die Bäume und am Abend, wenn sie über dem See untergeht, wird’s beinahe mediterran. Die Küche ist indes konsequent bajuwarisch – nur die Curryboulette erinnert daran, wo man sich eigentlich befindet. Die angeschlossene Almhütte sorgt ganzjährig für alpines Feeling mitten im Preußenland, und im Herbst finden Wiesn-Partys im „Loretta am Wannsee“ statt. Wer es nicht so mit Bier hat: Es gibt auch eine schöne Wein-Auswahl. Mit Kinderspielplatz, Tischtennisplatten und Co. ist es übrigens auch ein besonders familienfreundlicher Ort.
Plätze: 1.200
geöffnet: täglich ab 12 Uhr
Kronprinzessinnenweg 260
14109 Berlin
Tel. 030 80105333
www.loretta-berlin.de
7. Inselgarten: Tankbier-Eiland
Auf der „Insel der Jugend“ im Treptower Park befand sich der beliebte Ostberliner Jugendclub „Insel“, seit einigen Jahren finden hier wieder regelmäßig Kulturevents und Partys statt. Besonders charmant ist das kleine, über eine Bogenbrücke erreichbare Eiland in der Spreebiegung, wenn die warmen Monate Einzug halten. Denn dann lässt es sich im angeschlossenen „Inselgarten“ sehr angenehm verweilen. Ringsherum fahren Kähne, Partyflöße und Tretboote, und an der Gartenbar kommt das Bier aus dem Tank: Unpasteurisiertes, besonders frisches Pilsner Urquell, das luftverschlossen direkt aus der Brauerei in Pilsen angeliefert wird, ist das flüssige Alleinstellungsmerkmal dieses kleinen, für die Saison 2019 modernisierten Biergartens. Zu essen gibt es hier Leckeres aus der hauseigenen „Soulkitchen“: Gemüse-Quiche, Ofenkartoffeln, Flammkuchen, Fischsuppe oder Kokosgemüse. Fleisch und Wurst in Bioqualität gibt’s an der separaten Grillbar und auf der Bühne des Inselgartens performen regelmäßig Bands und Poetry-Künstler. Auch kleine Märkte finden auf dem Gelände statt. Kurz: ein unkonventioneller Biergarten.
Plätze: 500
geöffnet: täglich ab 11 Uhr
Alt-Treptow 6
12435 Berlin
Tel. 030 80961850
www.inselberlin.de
Aktualisierte Version des zuerst in Meinigers Craft 3/2018 erschienenen Beitrags.