Für ein erfolgreiches Restaurant braucht es nicht nur ausreichend gastronomische Begeisterung, sondern auch ein unternehmerisches Talent. Vor allem, wenn man wie Aparna Aurora länderübergreifend arbeitet. Sie ist die Inhaberin von Chutnify und führt mittlerweile zwei Lokale in Berlin und drei in Portugal. Marianne Rennella traf sie in ihrem neuen Zuhause in Cascais.
Gestartet ist Aparna Aurora in Berlin: Bereits 2014 eröffnete sie im Prenzlauer Berg das erste Chutnify-Restaurant. „Eigentlich komme ich aus der Modebranche, aber aus Mangel an gutem indischen Essen in Berlin habe ich mich quasi gezwungen gefühlt, selbst etwas zu eröffnen,“ erzählt sie. Sie sagt das eher scherzhaft, aber im Grunde meint sie es ernst – im Jahr 2013 verabschiedete sie sich von der ihr überdrüssig gewordenen Welt der Mode und wagte den Schritt in die Welt der Gastronomie.
„Damals war das Angebot an indischen Restaurants in Berlin sehr spärlich. Die meisten Lokale waren eher billige Cocktailbars, die nebenher noch fettes, überwürztes Essen servierten“. Das wird der indischen Küche keinesfalls gerecht, und so widmete sich die gebürtige Inderin ein Jahr lang der Konzeption ihres eigenen Restaurants, bei dem sie im ersten Jahr noch selbst in der Küche stand.
„Schnell wurde klar, dass wir professioneller werden mussten und schon bald stellten wir erfahrene Köche ein,“ so Aparna. Insgesamt habe das Chutnify über die letzten zehn Jahre einen großen Wandel durchgemacht. „Die Speisekarte haben wir mehrmals angepasst – nun aber ist sie perfekt.“ Sie ist in allen Lokalen ähnlich, wobei sie in Berlin wesentlich mehr Vegetarisches umfasst. Unter den Vorspeisen sind indische Streetfood-Klassiker wie Chaat, Samosa oder Okra Fries, als Hauptspeisen gibt es verschiedene Currys und Gerichte aus dem Tandoor-Ofen. Hinter jedem Gericht ist vermerkt, aus welcher Region Indiens es kommt. „Die indische Küche ist so unglaublich vielfältig, das wollten wir unbedingt deutlich machen,“ sagt Aparna.
Der Star der Karte ist aus Südindien und von Beginn an der gleiche: Dosa. Diese knusprigen Sauerteigfladen aus Linsenmehl werden traditionell mit Kartoffel gefüllt und mit einem scharfen und einem milden Kokos-Dip serviert. „Mein Favorit ist die mit Ente gefüllte Dosa aus der Region Chutnify“, empfiehlt die Gastronomin. Der Fladen ist knusprig-fettig und zu einer Art Hut geformt, unter welchem das würzige Entenragout versteckt ist. Sogar noch mehr begeistert das Chaat aus frittierten Kartoffelpatties, Kichererbsen, Chutney und Kräutern, denn es ist perfekt in Schärfe, Säure und Fruchtigkeit und geschmacklich absolut herausragend.
Expansion nach Neukölln und dann nach Portugal
Das Chutnify im Kollwitzkiez erfreute sich folglich schnell großer Beliebtheit und schon im Jahr 2016 expandierten Aparna und ihr Geschäftspartner. „Wir eröffneten unser zweites Restaurant in Neukölln an der Pannierstraße, die damals noch alles andere als eine Gastro-Meile war,“ erzählt sie. Nach anfänglichen Schwierigkeiten – der Neuköllner Kiez war deutlich knapper bei Kasse als der im Prenzlauer Berg – etablierte sich auch ihr zweites Lokal.
Doch es hatte auch etwas Gutes, denn die harte Schule des Gründens in Deutschland hatte sie vieles gelehrt. Die beiden Geschäftspartner fühlten sich bereit für den nächsten Schritt: ein Restaurant in Lissabon. „Eigentlich wollte ich nach Barcelona, aber die Spanier sind viel weniger offen für andere Küchen als die Portugiesen“, so Aparna. Also eröffneten sie im Sommer 2019 das dritte Chutnify in Lissabon und im November das vierte in Porto.
Diese Eröffnungen seien wesentlich leichter gewesen als die in Deutschland: „Die Leute hier sind optimistisch und dir wird von allen Seiten geholfen. Außerdem ist die indische Küche quasi schon Teil der portugiesischen, denn Goa war lange portugiesische Kolonie,“ erklärt die Unternehmerin. Das in vielen indischen Restaurants servierte Chicken Vindaloo ist ein Beispiel für die hybride Küche, die in dieser Zeit entstand: Aus der würzigen portugiesischen Fleischmarinade Vinha de alhos aus Knoblauch und Wein wurde mit der Zeit der Begriff und das Gericht Vindaloo.
„Das Team ist immer das Allerwichtigste“
Nach einem Jahr des Pendelns zwischen den Ländern zog Aparna schließlich mit ihrer Familie in die Nähe der portugiesischen Hauptstadt. „Die Läden in Berlin hatten sich zu dem Zeitpunkt bereits komplett gefestigt. Ich habe Leute dort, die teilweise von Anfang an dabei sind und die Restaurants perfekt leiten. Das Team ist immer das Allerwichtigste,“ sagt die Geschäftsführerin.
In der Nähe ihres Wohnhauses, in Cascais, eröffnete sie 2022 das fünfte Chutnify. Das kleine Küstenstädtchen ist keine 30 Kilometer von Lissabon entfernt. Vor den Einfamilienhäusern stehen teure Autos, die Gassen sind gesäumt von Lokalen, deren Außenterrassen Straße und Bürgersteig komplett einnehmen. Aparna sitzt unter einem der bunten Sonnenschirme und erzählt von ihrem Leben mit vielen Stationen: in Delhi ist sie geboren, in Hong Kong aufgewachsen, in Mumbai hat sie studiert. Zehn Jahre hat sie in der Modeindustrie gearbeitet, führte ein erfolgreiches Label und lebte in insgesamt elf verschiedenen Ländern – und nach vielen Stationen ist sie schließlich an der portugiesischen Atlantikküste angekommen. Aparna ruft: „Hier bleibe ich! Die Leute sind offen und herzlich. Die Natur ist ein Traum und man kann hier so gut leben. Ich liebe Portugal!“
Berlin liebt sie aber auch. Alle sechs Wochen ist sie für etwa eine Woche dort. „Berlin ist aufregend und es gibt so viel zu erleben. Meine Restaurants liefern mir einen perfekten Grund, immer wieder hinzufahren.“ Dort könne sie ihrer gastronomischen Begeisterung nachgehen – unternehmerisches Talent beweist Aparna Aurora ja schließlich schon mehr als genug.