Daniel Schimkowitsch: „Wir werden alle wieder Gäste haben, denn die sind hungrig“

von Antje Urban
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Für den Gastro-Re(re)start gewappnet: Daniel Schimkowitsch vom L.A. Jordan in Deidesheim. Alle Fotos: Ketschauer Hof / GVO Media

Daniel Schimkowitsch ist Küchenchef im angesagten Pfälzer Sternerestaurant L. A. Jordan. Wie erlebt jemand den Lockdown, der sonst jeden Tag bis zu 15 Stunden arbeitet? Wohin mit der vielen Kreativität?

Im beschaulichen Deidesheim ist die Kulinarikszene erstaunlich vielseitig. Neben rustikalen Gastwirtschaften und Weinschenken sind in dem Pfälzer Weinort auch gehobene Restaurants zu finden. Manch eines der berühmten Weingüter gönnt sich seine eigene Gastronomie und/oder Hotellerie, so auch das Weingut von Bassermann-Jordan. Im „L.A. Jordan“ schwingt der 36-jährige Daniel Schimkowitsch Kochlöffel und Zepter. Seit 2014 hält er einen Michelin-Stern. Der zweite Stern – so versichern es ihm regelmäßig Gäste und Gastrokritiker – ist ihm gewiss. Gerade wurde er vom Restaurant & Hotel Guide zum Aufsteiger des Jahres 2021 gewählt. Kein Wunder, dass seine Gäste teilweise von weit her zu ihm finden.

Der gebürtige Bayer mit den mit tätowierten Armen musste sich auf dem Pfälzer Land erst beweisen. Was ihm, ausgestattet mit Talent und einer großen Portion Selbstbewusstsein, gelang. Ehrgeiz und Durchsetzungswillen hat er immer wieder unter Beweis stellen können. Als erst 19-Jähriger ging er zum heutigen Drei-Sterne-Koch Christian Jürgens ins „Restaurant Überfahrt“ und bekam dort fünf Jahre lang seinen Schliff. Was er im „L. A. Jordan“ liefert, nennt der Freidenker „absolute Produktküche“ mit Einflüssen aus Thailand, basierend auf klassischem Handwerk. Schimkowitsch: Ein junger, aufstrebender Koch, der immer mit Vollgas gefahren ist und dem Corona eine Vollbremsung verordnet hat. Antje Urban hat sich mit ihm unterhalten.

Hallo Daniel, der Lockdown geht zwar langsam dem Ende zu, aber es liegen auch hinter dir einige Monate des völligen Stillstands. Wie geht es dir damit?

Allmählich wird es sehr anstrengend und geht erheblich an die Nerven. Mein Team und ich vermissen es sehr, unseren Job ausüben zu können und Gäste zu empfangen und glücklich zu machen.

Du hast dich gegen Takeaway oder Gourmetboxen aus dem L. A. Jordan entschieden. Warum?

Da es für den Gast nicht dasselbe ist, wie wenn er bei uns im Restaurant isst. Das kann ich nicht mit meinem Anspruch vereinbaren, dem Gast das Bestmögliche zu bieten. Betrieblich gesehen finde ich es zudem schwer, da man nur die Fixkosten deckelt und keine große Rendite daraus hat. Im Sushi B. in unserem Schwesterhotel „Kaisergarten“ bieten wir  Takeaway an, aber im L. A. Jordan möchte ich die Gäste direkt verwöhnen und das bieten, was sie bei uns erwarten.

Du bist es gewöhnt, enorm viel zu arbeiten und immer kreativ sein zu müssen. Wie hast du die letzten Monate genutzt?

Erstmal war es ein Schlag ins Gesicht, weil man von 150 Prozent auf Null runter gebremst wird. Mich persönlich hat es nach vier Wochen gesundheitlich erwischt – kein Corona (lacht). Danach hab ich mich erstmal wieder sortiert. Man macht dann Dinge, die sonst gar nicht möglich wären. Ich habe die ein oder andere Kur gemacht, das heißt entschlackt, entsäuert und auf meine Gesundheit geachtet. Inzwischen beschäftige ich mich auch wieder mit meiner Küche. Wobei es sich hierbei erstmal um das theoretische Vorbereiten handelt. Außerdem stehe ich stetig in Kontakt mit Produzenten und Lieferanten und bringe in Erfahrung, welche Produkte wie und wann verfügbar sind.

Kochst bzw. testest du Gerichte auch bei dir zu Hause?

Nein, dafür muss ich in meiner Restaurantküche stehen. Mir ist es extrem wichtig, dass meine Gerichte auf dem neuesten Stand unserer Entwicklung sind. Das gelingt nur in der Praxis und mit dem Feedback unserer Gäste.

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Wie schafft man es, nicht durchzudrehen oder in Agonie zu verfallen?

Mit der Zeit wird es schwer. Ich versuche nicht mehr über das „böse C-Wort“ zu sprechen. Man hält auch Kontakt mit Kollegen, tauscht sich aus. Das tut gut. Es melden sich auch Stammgäste mit sehr netten Mails oder man trifft den einen oder anderen Gast beim Weinbergsspaziergang. 

Was ist dein persönlicher Rat an Kollegen, wie sie gestärkt aus dieser Situation wieder rauskommen können?

Immer weiter, den Kopf nicht in den Sand stecken und den Glauben nicht verlieren. Wir werden alle wieder Gäste haben, denn die sind hungrig.

Was sind eure Pläne für den Neustart?

Vollgas! Ich glaube, man kann sich keinen direkt passenden Plan zurechtlegen, dafür gibt es zu viele Faktoren, die eine Rolle spielen. Wir sind jetzt alle vier Monate oder noch länger nicht in unserem Beruf. Wir müssen effektiv, konzentriert und flexibel sein, da wir alle nicht wissen, was kommt oder weiter passiert. Wir planen erst, wenn wir die genauen Auflagen kennen und wissen, wie viele Gäste wir bewirten dürfen und inwiefern wir dann das Hygienekonzept überarbeiten müssen.

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Dir sind gute Produkte äußerst wichtig. Meinst du, du kannst zum Neustart wieder an dein Lieferkettennetz anknüpfen?

Ich stehe ja schon wieder mit meinen Lieferanten in Kontakt und es ergeben sich auch immer neue Möglichkeiten, da auch die Lieferanten die Zeit nutzen, um ihr Netzwerk zu verbessern. Mit den meisten meiner Lieferanten/Produzenten arbeite ich seit mehreren Jahren zusammen. Ich bin da sehr loyal. Aber natürlich hat auch der ein oder andere einen neuen Zulieferer, Produzenten oder Bauern dazu bekommen.  Da schaue ich mir die Produkte im Vorfeld gerne an.

Wie siehst du darüber hinaus die Zukunft der Gastronomie? Wird Corona deiner Meinung nach noch weiter reichende Konsequenzen haben?

Es wird sowohl Positives haben als auch Negatives. Das Takeaway oder Essens-Boxen werden für viele Gastronomen weiter ein Zusatzgeschäft sein. Aber ich bin sehr positiv gestimmt, dass die Leute darauf brennen, wieder was anderes zu sehen als die eigenen vier Wände. Gegessen und getrunken wird immer. Ich freue mich darauf, wenn es wieder losgeht!

Vielen Dank und alles Gute, Daniel. 

L.A. Jordan

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