Diese Mischung ist nicht nur in Hamburg einzigartig: Bar, Café – und Brennerei – unter einem Dach. Das gibt’s seit Herbst 2018 im Friesenweg 4 mit dem „Drilling“.
Zusammen mit seinem Brennmeister Michael Gerlach und Barchef Leonhard Orosz stellt Gründer Thorsten Frerichs in der ersten Verschlussbrennerei der Stadt seit knapp 50 Jahren feine hauseigene Brände her, die dann natürlich auch als Zutaten für die eigenen Drinks verwendet werden. Die beliebten Basilikum-, Petersilien- oder Rote-Beete-Geiste, BBQ-Liköre und mehr werden zudem in anderen Gastronomien sowie im ausgewählten Handel verkauft. Kürzlich wurde das „Drilling“ für den „Leaders Club Award 2019“ nominiert.
Laura Klingenberg hat sich vor Ort mit Thorsten Frerichs – der auch Unternehmensberater und der Kopf hinter der Bar und dem Gin „Clockers“ ist – zum Gespräch getroffen.
Thorsten, Ihr seid aktuell die einzige Verschlussbrennerei in Hamburg. Kannst du dir erklären warum?
Das hat mehrere Gründe. Neben der hohen Investitionssumme und dem Risiko, benötigt man Know-How übers Destillieren, insbesondere von Bränden wie Whisky oder Rum. Zum anderen ist mit dem Vorhaben ein immenser regulatorischer Aufwand verbunden. Das Hauptzollamt in Hamburg kannte sich vor unserer Eröffnung natürlich mit einer Verschlussbrennerei nicht gut aus, da es seit knapp 50 Jahren keine in Hamburg gab. Für die Genehmigung spielte vor allem die lokale Zollverwaltung eine große Rolle. Außerdem konnten wir die genehmigenden Behörden überzeugen, dass wir finanziell und fachlich in der Lage sein werden, die Brennerei zu betreiben. Bei jedem unserer Brennvorgänge muss nun immer ein Zöllner anwesend sein.
Wie groß war die Investition? Wie konntet ihr ohne großen Investor das alles stemmen?
Wir haben insgesamt einen kleinen siebenstelligen Betrag investiert. Die größten Posten waren der Umbau der Fläche, die Bars, die wir von Tischlern und Schlossern haben maßschneidern lassen und natürlich die Destille, die natürlich ebenfalls ein Unikat für unsere Anforderungen ist. Die Eigenmittel habe ich persönlich eingebracht, den Rest haben wir über eine Bank finanziert. Dabei ist mir sicher zugute gekommen, dass diese Bank auch mein Kooperationspartner in der Unternehmensberatung ist. So haben wir von Anfang an nicht aneinander vorbei gesprochen und hatten bereits eine Arbeits- und Vertrauensebene. Da wir keinen Investor hatten, mussten wir nicht fremde Zeitpläne einhalten. Das wäre ansonsten unser k.o. gewesen.
Welche Vertriebswege habt ihr?
Wir vertreiben hauptsächlich direkt. Wir sind sehr klein und möchten zudem nicht von einer Agentur vor unseren Kunden repräsentiert werden. Wir befürchten nämlich, dass dadurch viel Know-how über uns und unsere Arbeitsprozesse verloren geht, die am besten wir selbst erläutern und transportieren können. Außerdem ist es spannend und inspirierend, direkt mit den Händlern oder Gastronomen zu sprechen. Die Feedbacks sind für uns hilfreich und fließen auch direkt in die Produkterstellung ein. Manchmal können wir auch Hilfestellung in gastronomischer Hinsicht bieten, beispielsweise wenn ein befreundetes Restaurant den Hamburger Labskaus neu interpretiert und dabei die Rote Beete nicht vom Teller, sondern als Rote Beete-Geist aus dem Glas serviert.
Verkaufst du deine Produkte auch im Einzel- und Großhandel?
Die Clockers-Produkte – Gin und Herb – sind bereits seit Ende 2013 auf dem Markt und in vielen Supermärkten oder bei Fachhändlern erhältlich. Für die Produkte unter dem „Drilling“-Markendach haben wir uns etwas Zeit genommen und gehen gerade in den Verkauf. Gerade gingen die Erstauslieferungen an befreundete Restaurants, Bars und Fachhändler und die ersten Edeka-Filialen in Hamburg haben uns eingelistet.
Ich habe selten so einen runden und intensiven Geschmack bei Spirituosen geschmeckt. Welche Zutaten verwendet ihr?
Bei der Herstellung ultrafeiner Spirituosen ist es unerlässlich, nur die höchste Qualität als Ausgangszutat zu verwenden. Wir beziehen deshalb möglichst frische und aromatische Rohstoffe. Die finden wir etwa auf Demeter-Bauernhöfen aus der Region, Rote Beete, Fenchel oder Äpfel beispielsweise. Oder wir bauen selbst an, wie Zitronenverbene, Koriandersorten und seltene Kräuter. Das Saatgut oder die Kräuter selbst wiederum erhalten wir auch von einem Demeter-Kräuterhof.
Welche Vorteile hat das Ganze für die Bar?
Früher konnten wir die Spirituosen, der wesentliche Aromenträger in unseren Cocktails, nur einkaufen und auf die Versprechen der Hersteller vertrauen. Jetzt können wir die Sortenbreite und die Qualität direkt beeinflussen. Das hat einen sehr großen Einfluss auf die Beziehung zu den Produkten. Ich denke, wir können sagen, dass unsere Barkeeper im Clockers und im Drilling bezüglich der Produktion von Spirituosen in Hamburg bestens ausgebildet sind. Das wirkt sich dann auch auf die Verarbeitung der Drinks aus. Die Balance und das Spiel von Aromen, Süße und Säure wird deutlicher, wenn man ganz durchdringen kann, womit man da gerade arbeitet. Daneben sind die Werkzeuge der einzelnen Stationen relevant. Unsere Destille, die Kaffeemaschine und der gesamte Arbeitsbereich der Barkeeper sind so weit es geht auf unsere Bedürfnisse angepasst und individuell entwickelt. Das garantiert, dass die Arbeitsabläufe sauber und zudem zügig vonstatten gehen.
Gibt es die Möglichkeit für Spirituosen-Startups, die Anlagen zu mieten?
Eine Vermietung der Anlage kommt für uns nicht infrage. Aber wir bieten Dritten an, eigene Produkte als White-Label zu entwickeln und herzustellen. Allerdings nur, wenn das Produkt auch den gleichen, qualitativ hohen Anspruch hat wie unser eigenes.
Kannst du mir zum Schluss noch verraten, was meinen Kaffeelikör so einzigartig macht?
Bei unseren Kaffeelikören verwenden wir den Filterkaffee, den wir im Café ausschenken. Diesen verarbeiten wir auf drei Weisen: ganze Bohnen mazeriert, gemahlene Bohnen infusioniert – also Filterkaffee – und ganze Bohnen destilliert. Das bringt ein größeres Spektrum an Aromen hervor.