Ich muss bei meinen Gründer-Coachings immer wieder feststellen, dass die Gründer oft viel zu kompliziert denken und ihre zukünftigen Gäste damit überfordern würden. In der Kürze liegt die Würze: abgedroschen, aber dafür umso wahrer.
Speisekarten, die dick wie Handbücher sind und Spezialitäten aus aller Welt enthalten, sind nicht mehr up to date. Gemischtwarenläden sind out. Je eindeutiger und fokussierter das Konzept ist, umso leichter fällt dem Gast die Entscheidung für eine Location.
Hierbei kann uns ALDI ein Vorbild sein. Deren Versprechen an ihre Kunden war immer: „Die Produkte, die wir für dich, lieber Kunde, ausgewählt haben, sind in ihrer Kategorie immer die mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis“. Diesen Eindruck müssen wir auch bei unseren Gästen erwecken. Der Gast muss sich sicher sein können, dass die von Ihnen ausgewählten Speisen und Getränke stets die besten sind. Können wir dieses Qualitätsversprechen nicht geben können, sollten wir sie lieber gar nicht erst in die Karte aufnehmen.
Das bedingt aber auch, dass wir uns auf wenige Produkte beschränken sollten. One-Food-Lösungen und Mono-Restaurants, wie es z. B. Telly’s TST in Frankfurt mit ihren Tortellini auf die Spitze getrieben hat, gehört die Zukunft.
Wenn Einfachheit trendsicher umgesetzt wird, entstehen Gastronomien wie Überquell in Hamburg: Konzentriert auf zwei Signature-Produkte – Pizza und Bier. Beides mit dem Versprechen, diese Produkte in bester Qualität anzubieten. Und das Ganze mit keinem geringeren Anspruch, als die beste Pizza und das beste Bier der Stadt anzubieten – traditionell gefertigt mit hohem Manufaktur-Faktor.
Gebündelte Mono-Konzepte statt Gemischtwarenläden
Da mit diesen stark spezialisierten Restaurants die breite Masse aber nicht mehr erreicht werden kann, ergibt sich daraus ein anderer Trend. Versammeln sich mehrere monothematische Restaurants, so entstehen Markthallen und Foodcourts. Vielen bekannt von der Markthalle Neun in Berlin oder Eataly in München.
Warum große Gastro-Einheiten alleine bespielen, wenn die Vielfalt beispielsweise mit der Untervermietung von spezialisierten Restaurants gewährleistet werden kann und gleichzeitig auch das finanzielle Risiko jedes einzelnen Gastronomen minimiert wird? Hier gilt es für Gründer, Kooperationen auszuloten und nicht alles alleine zu machen. Eine starke Dachmarke ist aber die Voraussetzung für den Erfolg von Foodcourts und Markthallen – siehe Kantini Berlin.
Reduce to the max!
Dieses Reduzieren auf das Wesentliche kostet Zeit und Energie. Man kann es mit der Reduktion einer Soße vergleichen: Ein Bratenfond, der mit Marktknochen, Wurzelgemüse, Kräutern und viel Wasser aufgesetzt wird, muss anschließend viele Stunden köcheln, bis nur noch ein Bruchteil übrig ist. Aber in jedem Tropfen dieser Essenz steckt der komplette Geschmack. Reduce to the max! Und diese Zeit, um auf das Wesentliche des eigenen Gastro-Konzepts zu kommen, muss sich jeder Gründer nehmen. Ansonsten wird daraus doch wieder nur ein austauschbarer Gemischtwarenladen. Wie schwierig das ist, hat schon Goethe beschrieben: „Ich schreibe Dir einen langen Brief, weil ich keine Zeit habe, einen kurzen zu schreiben.“
Nächstes Mal: F wie Foodporn – Foto schlägt Geschmack
Das Gastro-Gründer-ABC auf nomyblog begleitet Sie vierzehntägig mit den wichtigsten Themen von A bis Z. Der Autor Ralf Klümper war bis 2017 selbst zehn Jahre Gastronom in Essen („Die Insel“). Seine Praxiserfahrung vermittelt er seitdem als Gastro- und Gründerberater und schreibt für Gastro-Blogs und Fachpublikationen.