Mit seiner regionalen und nachhaltigen Fine-Dining-Küche hat sich das einsunternull einen Namen gemacht und einen Michelinstern erarbeitet. Wie ist das Restaurant durch den Corona-Lockdown gekommen und wie geht es nun weiter? Wir trafen uns mit Küchenchef Silvio Pfeufer.
Eine intensive Zeit: Im Frühjahr 2019 übernahm der gebürtige Berliner Silvio Pfeufer den Posten des Küchenchefs im einsunternull von Andreas Rieger, der aus privaten Gründen aus dem Unternehmen ausschied, und damit auch jede Menge Verantwortung. Einen Michelinstern trägt das von Ivo Ebert betriebene Restaurant, es hat sich seinen Platz in der gehobenen Berliner Gastronomie erarbeitet – da geht es, denkt man, eigentlich erstmal darum, die Kontinuität und den eigenen Stil in Einklang zu bringen. Ein Jahr hatte der junge Pfeufer dafür Zeit, dann kam der Shutdown im März und erforderte ein komplettes Umdenken. Dazu später mehr.
Wie geht’s? Und wie ist die Situation jetzt? Pfeufer: „Seit September geht es mit den Gästezahlen wieder aufwärts.“ Der Sommer ist aus seiner Sicht für Fine Dining in Berlin immer schon etwas schwierig, unabhängig von Corona. „Da gehen die Leute eher in den Biergarten.“ Durch ein für diese Restaurantkategorie günstiges Mittagsangebot, drei Gänge für 39 Euro, mit Tischen vor dem Restaurant, hat das „einsunternull“ aber auch in dieser Zeit Gäste zu sich holen können – wie überall in den Betrieben vor allem Berliner Gäste. Touristen sind sonst viele auf der angrenzenden Friedrichstraße unterwegs, zurzeit sind es noch wenige. Eine neue Normalität kehre ein, findet Pfeufer. „Ich glaube, jeder hat sich auch ein bisschen an die Situation gewöhnt. Es ist normal, beim Einkaufen eine Maske zu tragen – neben Handy, Schlüssel, Portemonnaie gehört es einfach zum Set dazu, wenn man rausgeht.“
Auch hier im Restaurant freilich: Die Gäste tragen Mund-Nasen-Schutz, bis sie am Platz sind, und ebenso trägt das Team Masken – nicht nur wie erforderlich im Service, sondern auch in der Küche, obschon es dort keine Pflicht ist. „Das hilft den Gästen im Kopf viel“, hat der Küchenchef beobachtet. „Du musst Sicherheit ausstrahlen und trotz dieser Lage zeigen: Du hast es im Griff. Und das gelingt uns gut.“
Immer schon. Das „einsunternull“ mit seiner Küche, die eine halbe Treppe hinauf, anderthalb über Null, über dem Gastraum des Erdgeschosses wie auf dem Präsentierteller ist, schafft es, gleichsam clean und gemütlich zu sein. Weiß- und Erdtöne, Holz und Edelstahl bilden hier ein Gesamtgefüge, das Professionalität und Behaglichkeit zusammen bringt. „Die Küche wird immer schon mindestens zweimal am Tag komplett geputzt. Ein Optimum an Hygiene erwartet der Gast auch von einem Betrieb wie diesem“, so Pfeufer.
Kochen für Helden, Mach Mahl! und Berliner Proviant
Nun zum Lockdown. Untätig war man in dieser Zeit, auch wenn man keine Gäste empfangen durfte, auch hier nicht, ganz im Gegenteil: Das „einsunternull“ hat sich am Gastro-Solidaritäts-Grassroots-Projekt Kochen für Helden beteiligt, das Küchenteam hat bis zu 400 Essen am Tag produziert. „Wir sind echt an die Grenzen der Kapazität gekommen“, so Pfeufer. Zumal unter dem Projektnamen Mach Mahl! obendrein täglich bis zu 100 Lunchpakete für die Berliner Obdachlosenhilfe gepackt wurden. Es wurden Bananenbrote gebacken, Leberwurst-Stullen geschmiert und alles wurde eigenhändig im Kombi zur Berliner Tafel gefahren. Pfeufer: „Wir haben super positives Feedback bekommen. Es ist schön, dass wir der Gesellschaft etwas zurück geben konnten. Das hat man sonst in diesem Beruf so ja nicht.“
„Machmahl“ besteht auch nun, wo man sich verständlicherweise wieder der Zubereitung der Speisen für die eigenen Gäste widmet, fort: Von jedem verkauften Paket des Außer-Haus-Menüs „Berliner Proviant“ (ebenfalls in Lockdown gelauncht, deutschlandweite Lieferung) gehen zehn Euro an eine gemeinnützige Organisation. Die Proviantpakete verkauft man zusammen mit ausgewählter Feinkost – u.a. Teegebäck, Öle und Pralinen – im eigenen Webshop mit dem schönen Namen Kaufhalle. Bis Weihnachten wird das Sortiment noch weiter ausgebaut. „Für uns ist das ein angenehmer Mehraufwand“, erklärt Pfeufer. Und es ist ein zusätzliches Standbein in volatilen Zeiten.
Immer weiter in Richtung Gemüseküche
Was die Speisen im Restaurant betrifft: Hier spielte die Region schon immer eine große Rolle, und das bleibt auch so. Das Gemüse rückt dabei immer stärker ins Zentrum. Fisch und Fleisch finden es auch weiterhin statt, tierische Produkte müssen aber nicht die Protagonisten sein und schon gar nicht in jedem Gang auftauchen. Wo mehr Platz fürs Pflanzliche ist, findet sogar eine rustikale Steckrübe ihren Weg auf die Karte. Erst habe das Küchenteam die Stirn gerunzelt und dann das Potenzial der durch und durch regionalen Rübe erkannt. Sie steht zurzeit zusammen mit Bohnen und Lardo auf der Karte. Und auch Mais taucht auf der aktuellen Karte auf, im Zusammenspiel mit dem Saibling. Dazu gibt es eine kleine Geschichte. Und die erzählt das Team des „einsunternull“ sicher gerne beim Besuch vor Ort.
Wer das „einsunternull“ noch nicht kennt: Es ist auch Partner der neuen Ausgabe des exklusiven Restaurantführers „Taste Twelve“, der ab sofort in der 2021er-Ausgabe erhältlich ist. Bei Vorlage des Buchs lädt das Restaurant Gäste und ihre Begleitung bis zum 31. Dezember 2021 zu einer von zwei verzehrten Hauptspeisen ein. Mehr Infos hier.