Employer Branding in Hotellerie und Gastronomie: Erfolgsbeispiele

von Laura Klingenberg

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In der vorherigen Ausgabe ihrer Reihe über den Nachwuchsmangel in der Gastronomie und der Hotellerie stellte unsere Kolumnistin Laura Klingenberg das „Employer Branding“ vor mit Beispielen, wie Unternehmen der Branche sich um zukünftigen und aktuellen Mitarbeiter „bewerben“, Abläufe und Strukturen schaffen, damit sie ein attraktiver Arbeitgeber für sie werden, sind und bleiben.

Auch dieses Mal dreht es sich um das Thema Employer Branding. Laura Klingenberg hat dafür gesprochen unter anderem mit: Bernhard Leitner, Autor des Gastronomie-Magazins „Rolling Pin“, der undercover als Chef de Rang im „Projekt Spielberg“ gearbeitet hat, mit Nicola Kurzmann, HR-Direktorin des „Berlin Capital Club“, dem Leiter für Marketing und Unternehmenskommunikation der Johannesbad Gruppe, Simon Pink, sowie Daniela Welter und Nicola Roose vom „Hotel Adlon“ Berlin, die bereits letztes Mal zu Wort kamen. Dazu gibt es wieder hilfreiche Tipps.

 

Die Reise beginnt heute in Österreich, in Spielberg am 2011 eröffneten „Red Bull Ring“. Der Rolling-Pin-Autor Bernhard Leitner hatte sich, getarnt als Chef de Rang, in die Gastronomie-Betriebe des „Projekt Spielberg“ eingeschlichen und war vor allem über den herzlichen Empfang begeistert: „Gleich zu Beginn der Tour die erste Überraschung: Hier nimmt sich das gesamte Board Zeit, um sich mit den Frischlingen an einen Tisch zu setzen und ihre Philosophie näher zu bringen. Man spürt sofort, dass hier um Service-Mitarbeiter bis hin zum Vorstand ein familiäres Klima herrscht“. Im Gespräch mit uns fügt er hinzu, dass eine anfängliche Wertschätzung der Mitarbeiter von größter Bedeutung für die Motivation sei. Vor allem die Restaurantfachkräfte würden laut Leitner unter geringerer Wertschätzung leiden, die schon bei den Gästen beginnt. Damit diese Wertschätzung von Anfang an bei den Mitarbeitern ankommt, sind die genannten Einführungsveranstaltungen essentiell.

Zurück in Berlin lässt sich im renommierten Hotel Adlon das gleiche Ritual beobachten: Auch hier wird auf die Begrüßung und die Einführung der Neuen viel Wert gelegt. „Bekanntlich zählt der erste Eindruck. Unsere Auszubildenden nehmen eine ganze Woche an einer Einführungsveranstaltung teil, wo alles Wissenswerte vermittelt wird, um für den Erfolg aufgestellt zu sein. Darüber hinaus gibt es ein Get-together mit dem Management und den Auszubildenden aus anderen Lehrjahren“, erklärt Daniela Welter. Mein Tipp: Stellen Sie Ihre Unternehmensphilosophie und Ihre Erwartungen transparent dar. Zeigen Sie auf, was Ihr Betrieb für eine erfolgreiche Ausbildung tut und verdeutlichen Sie, dass durch eine gute Zusammenarbeit die Azubis mehr und mehr Selbstständigkeit und Freiheit erlangen werden.

Nur fünf Minuten vom Hotel Adlon entfernt befindet sich der „Berlin Capital Club“, ein Gourmet-Tempel für die High-Society Berlins. Freudestrahlend begegnet mir Erik, ein Restaurantfachmann im ersten Lehrjahr: „Ich bin so stolz und habe gemerkt, dass ich schon ganz schön viel gelernt habe!“ Er berichtet von einem Azubi-Dinner, das von den Auszubildenden des Betriebes organisiert wurde: Die engsten Familienangehörigen werden dazu geladen und dürfen sich von dem Können des (Branchen-)Nachwuchses überzeugen. Es wird eifrig geplant, eingekauft, gekocht, serviert, geputzt und evaluiert – alles in Eigenregie.

Ein ähnliches Projekt fand in Bad Füssing im „Johannesbad Hotel Ludwig Thoma“ statt: Ende März übergab dort die Hoteldirektorin Marina Weiler 40 Auszubildenden den Schlüssel zum Haus und zog sich ganze 48 Stunden mit ihrem Team zurück. Die Gäste zeigten sich positiv überrascht und zufrieden, berichtet man uns. Und auch die jungen Mitarbeiter: „Wir durften unsere Kreativität mit einbringen; eigene Vorstellungen entwickeln und uns dann der Verantwortung stellen. Diese Erfahrung war wirklich unbezahlbar“, so Julia Weber, Management Trainee. Die Auszubildenden managten Abteilungen wie den Einkauf, das Restaurant, die Küche, das Qualitätsmanagement, die Marketingabteilung und die Rezeption in Eigenregie. „Auch das Beschwerdemanagement wurde von den Auszubildenden übernommen. Am ersten Tag führte ein komplett ausgebuchtes Restaurant zu längeren Wartezeiten. Die Azubi-Hoteldirektoren waren jedoch vor Ort und konnten sich sofort den Beschwerden annehmen“, berichtet Julia Weber, die die Projektleitung an den beiden Tagen übernahm. Ralf Müller, Geschäftsbereichsleiter Hotellerie für die Johannesbad Gruppe, ergänzt: „Als Unternehmen wollen wir den Nachwuchskräften Verantwortung übertragen. Der frische Blick der Auszubildenden hat uns auch neue Ideen für die alltägliche Arbeit gebracht.“ Beispielsweise wurde die Dachterrasse zu einer gemütlichen Lounge umfunktioniert. Das führte zu einem neuen F&B-Konzept zur Nutzung der Dachterrasse, das zurzeit in Zusammenarbeit mit den Azubis entwickelt wird.

Eine Prise Vertrauen, zwei weitere Prisen Wertschätzung und Zeit und eine letzte Prise innovative Projektideen verhelfen Unternehmen der Branche zu einem Ruf als attraktiver, vielleicht sogar einzigartiger Arbeitgeber. Das Employer Branding ist somit aufpoliert und die Bewerbungen werden nicht ausbleiben. So einfach ist das.

Oder? Falsch. Ein Kritikpunkt bleibt in der Diskussion über den Nachwuchsmangel stets außen vor: Die Bezahlung. Wegen der Aussicht auf ein besseres Gehalt drehen Jugendliche dem Gastgewerbe mehr und mehr den Rücken zu. Nochmal Bernhard Leitner: „Es müssen adäquate Löhne für qualifizierte Mitarbeiter gezahlt werden, um die Branche auch für den Nachwuchs attraktiver zu gestalten.“ In Österreich, wo er seine Undercover-Recherche durchgeführt hat, sieht die Nachwuchslage übrigens nicht viel besser aus als in Deutschland: In Voralberg wird das Berufsbild der Köche und Kellner demnächst auf der Liste der „Mangelberufe“ landen. Mit der umstrittenen „Rot-Weiß-Rot-Karte“ will die Alpenrepublik Arbeitnehmer aus den EU-Drittländern mit einer 12-monatigen Arbeitserlaubnis zu sich locken, dies wird bereits für verschiedene technische und pflegerische „Mangelberufe“ getan. „Köche und Kellner auf die Liste für Mangelberufe zu setzen, wird das Problem langfristig nicht lösen“, findet Leitner. Immerhin: Die österreichische Gewerkschaft „vida“ konnte soeben im Schnitt 8,3 Prozent mehr „Lehrlingsentschädigung“ durchsetzen. „Die Branche solle ihre Hausaufgaben machen. Nur durch ordentliche Arbeitsbedingungen und Ausbildung, sowie die Einhaltung von Arbeitszeitgrenzen könne dem Fachkräftemangel etwas entgegengesetzt werden“, sagt Gewerkschafter Berend Tusch.

Aus meiner Sicht liegt die Lösung des Problems in Deutschland längst auf dem Tisch: Es ist der mühevoll erarbeitete Entgelttarifvertrag zwischen dem Dehoga und der NGG.

Schon während meiner Berufsschulzeit wurde der Tarifvertrag als Teil des kollektiven Arbeitsrechts hoch und runter gebetet. Dabei blieb ein Vergleich der einzelnen Ausbildungsvergütungen unter den Schülern nicht aus. Dieses Phänomen ist bis heute noch zu beobachten. Spätestens jetzt erkennen die Azubis, dass die Bezahlung von Betrieb zu Betrieb schwankt. Laut dem Entgelttarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Berlin betragen die Ausbildungsvergütungen im ersten Jahr 650 Euro, im zweiten 750 Euro und im dritten 850 Euro brutto. Gemäß eines Urteils des Bundesarbeitsgerichts dürfen die Betriebe nicht mehr als 20 Prozent von diesen Beträgen abweichen. Folge dieser Diskrepanz ist eine Art Winner-Loser-Situation unter den Auszubildenden.

Solch eine schmerzliche Diskrepanz dürfte meiner Meinung nach nicht existieren. Eine allgemein Verbindlichkeit des Tarifvertrages könnte dies ändern und eine klare Transparenz und Vereinheitlichung der Vergütungen bieten. Mit einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Tarifvertrags wären dann auch die Betriebe verpflichtet, tarifkonform zu zahlen, die noch keiner Tarifbindung unterliegen. Das Verfahren dafür wird durch den Antrag beider geltenden Gewerkschaften eingeleitet.

Ein Mix aus vorbildlichem Employer Branding, einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Tarifvertrages, strengen Kontrollen und Folgen bei Nicht-Einhaltung der Gesetzesgrundlagen könnten dem Gastgewerbe zu dem Image verhelfen, das es verdient.

Im nächsten Artikel führe ich Sie in die Welt der Mundpropaganda als Instrument des Employer Brandings: Welchen Stellenwert hat Mundpropaganda für die Betriebe hat und wie eng hängt es mit Umsatz und Personalfindung zusammen?

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