Die Berliner Hospitality-Agentin Eva Miriam Gerstner teilt ihre Gedanken mit euch: über Gastronomie und Gastfreundschaft, über Corona und wie eine neue Normalität aussehen könnte. Sie spricht Klartext und manchmal lässt sie, wie wir wohl alle zurzeit, ihren Gefühlen freien Lauf. Heute präsentieren wir euch den ersten Teil ihrer Reihe: Vom mütenden Zustand hin zur Resilienz!
Kann mal einer das Corona ausschalten bitte?
Fakt ist: Situationsbedingte Grundstimmung innen wie außen seit Monaten richtig scheiße. Eigentlich will man nur raus aus allem, weg, sich die Ohren zuhalten, auf die Straße rennen und schreien: „Gebt mir mein Leben zurück!“ Oder wie ein trotziges Kind mit den Beinen stampfen, schreien, heulen, jaulen, sich fallen lassen und einfach bockig nie wieder aufstehen.
Oder auch beides. Gleichzeitig.
Und da ist er auch schon wieder: dieser dumpfe Moment. Manchmal ist er schon morgens da, wenn man sich nach einer unruhigen Nacht mühsam aus dem Bett geschält hat und mit leerem Blick dem Kaffee dabei zuschaut, wie er aus der Maschine läuft. Oder zu Mittag, wenn man nach drei Stunden Arbeitstätigkeit schon das Gefühl hat, wahlweise wieder ins Bett zurück oder aber den ersten Sekt/Schnaps/Bier/Wein des Tages in sich hinein kippen zu müssen.
Zumeist schleicht er sich aber abends ein. Nach einem erneuten Kampftag, während man sich die tausendste Corona-Newssendung, eine der zu vielen Reality-TV-Shows oder Netflix-Serien reinzieht, ohne echtes Interesse; einfach nur um Zeit tot zu schlagen. Tunnelblick, Langeweile ein Gefühl der Sinnlosigkeit, nicht einmal mehr Kraft um Panik zu haben.
Dann gibt’s da noch: Mütend! Jene Mischung aus tiefgreifender Wut auf die Gesamtsituation und bleierner Müdigkeit, die jeden Handgriff dreifach so anstrengend macht. Gefühlt befindet man sich ständig in der absoluten Überforderung.
Wenn sich jetzt auch noch Panik breit macht, die Angst, wie es weitergehen soll, Existenzängste dazu kommen – hallo Hamsterrad, Spiralfahrt nach unten. Willkommen im Negativ-Baukasten der Coronakrisengefühle!
Okay, Stopp! Ganz kurz anhalten, durchatmen, nachdenken.
Da wir den Mist nicht mehr loskriegen werden, zumindest so schnell nicht, müssen wir was ändern. Frei nach dem Motto: Hilf Dir selbst, sonst hilft Dir keiner. Scheiß Kalenderspruch, aber ist ja so.
Also: Ich bin absolut dafür, dass wir in Krisenzeiten hin und wieder zurückfallen dürfen in pubertäre Verhaltensweisen, um uns so richtig gehen zu lassen. Ich persönlich lege mich auch einfach manchmal ins Bett, ohne zu duschen, glotze Traumschiff, spreche mit niemandem und ernähre mich von allem, was nicht gut für mich ist.
Zurück im Erwachsenen-Modus, erkennt man aber ja dann doch recht schnell, dass das alles nicht weiter hilft. Wir können die Situation nicht ändern, wir haben sie zu akzeptieren. Punkt.
Heißt: Uns bleibt nichts anderes übrig, als unseren Resilienz-Modus anzuschalten. Mir gefällt das Bild, welches uns die Physik für einen resilienten Körper liefert: Nach einer heftigen Attacke kehrt die deformierte Substanz nach einer gewissen Zeit wieder in den ursprünglichen Zustand zurück. I like this!
Aber wie werden wir zu einem resilienten Körper? Ist zwar hart, aber wir können das lernen.
Wie? Zum Beispiel so:
Schritt 1
Akzeptanz, siehe oben. Ist so, bleibt so, lässt sich nicht ändern. Große Gefühlsschwankungen kosten nur Kraft, bringen uns aber nicht weiter. Also, lasst es uns einfach akzeptieren. Das schafft innere Ruhe.
Schritt 2
Wir müssen raus aus dem dumpfen, mütenden Zustand. Aktiv werden. Routinen durchbrechen. Morgens raus, halber Liter Wasser, Sport oder einen Spaziergang im Morgengrauen. Kniebeugen. Liegestütze. Kopfstand. Sonne, im Park Freunde treffen, nur über Positives sprechen. Ans Wasser fahren. Im Wald sitzen und die Natur genießen.
Und: sich etwas gönnen. Das können mega leckere Schoko-Törtchen sein oder aber die neuesten Turnschuhe. Mag unvernünftig sein, tut aber sooo gut. Befreit den Kopf, macht glücklich. Optimismus hilft dabei, Lösungen zu finden.
Schritt 3
Kreativ werden! Lass‘ mal was ganz anderes machen: Drei-Schichten Torte backen, DIY-Gartenmöbel, Schrankwand oder Blumenkasten, 1000-Teile-Puzzle … geschafft! Gutes Gefühl, oder? Im Übrigen: Wer hat eigentlich gesagt, Kreativität haben immer nur die anderen?
Weiter geht’s mit Schritt 4:
Kopf raus aus der Wattewolke und ran an die Analyse der Gesamtsituation. Wie ist der Ist-Zustand? Was ist der Soll-Zustand? Was nervt mich? Was ist gut und was ist schlecht? Worin liegt das größte Problem? Aufschreiben hilft. Aufmalen auch.
Ergebnis: Ein Schlachtplan liegt skizziert vor uns, wir übernehmen die Kontrolle, übernehmen Verantwortung.
Schritt 5: Go for it!
Ausführung des Masterplanes, also wie komme ich von Ist zu Soll, von A nach B? Was kann ich alleine klären und organisieren, wo benötige ich Hilfe? Netzwerk-Check. Freunde-Check. Partner- und Kolleg*innen-Check. Wo kann ich mir (kreative, beraterische, psychologische usw.) Unterstützung holen? Wer kann mir helfen? Welche Kompetenzen habe ich, haben wir im Team selbst, wo brauche ich, brauchen wir Hilfe?
Und: Wer jetzt noch den nötigen Humor an den Tag legt und auch mal über sich selbst lachen kann, der gehört jetzt schon zu den Siegern der ganzen Scheißkrise. Versprochen!
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