Dass ein Sommelier zu einem Weingut reist, um vor Ort zu erleben, wie die Weine angebaut und gekeltert werden, passiert oft. Dass er nach Japan reisen kann, um in die Sakekultur einzutauchen, eher selten. Benjamin Weidenberg aus dem Grace Berlin hatte diese Möglichkeit und teilt seine Eindrücke mit uns.
Immer mal wieder schicke ihn sein Chef irgendwohin, um sich inspirieren zu lassen und für das Angebot des Restaurants im „Hotel Zoo“ etwas Neues mitzubringen, erklärt uns Benjamin Weidenberg. Nun ging es für ihn also nach Japan, weil er schon lange den Wunsch hatte, für die Karte des „Grace“ noch mehr in den Bereich asiatischer Getränke, alternativ zum Wein, hineinzugehen, erklärt er uns. Weidenberg ist seit neun Jahren Sommelier des „Grace“ – von Anfang an, seit der Eröffnung. So eine lange Zeit in einem Betrieb ist selten geworden, es scheint sich das Personalkarussel in der Branche gar noch immer schneller zu drehen.
Diese Treue teilt Weidenberg mit Küchenchef Martin Bruhn, der ebenso seit dem Start 2015 dabei ist. Ihn trafen wir 2017 zum Interview, Bruhn war damals kurz zuvor in Kalifornien unterwegs gewesen und hatte zusammen mit der Food-Designerin und Restaurantberaterin Lisa Stalvey aus Malibu neue, von der US-Westküste inspirierte Speisen auf die Karte am Ku’damm gebracht. Es scheint der Verbundenheit zuträglich zu sein, seinen Mitarbeitenden zu ermöglichen, sich im Ausland kulinarisch frische Ideen einzuholen (und wer nicht so ein großes Haus führt wie das „Hotel Zoo“: Das europäische Ausland hat auch enorm viel zu bieten).
Jetzt also Japan. Wie plant man eigentlich so einen Trip? Mithilfe des Importpartners JFC aus Düsseldorf, erklärt uns Weidenberg. Dieser habe die Termine in den Sake-Brauereien organisiert, insgesamt waren es vier Stationen. Er sei immer ein paar Tage vor Ort geblieben; die Weiterreisen habe er selbst koordiniert, was manchmal etwas abenteuerlich gewesen sei, aber letztlich immer geklappt habe. „Ich habe mir die Brauereien anschauen dürfen, die Reisfelder, habe sehr gut gegessen und viel darüber gelernt, wie man Sake in Japan zum Essen anbietet“, so der Sommelier. Dass jemand extra aus Deutschland anreist, habe alle seine Gastgeber sehr gefreut: „Man hat sich sehr um mich gekümmert. Eine tolle Gastfreundschaft!“
Zudem machte Weidenberg einen Abstecher nach Seoul/Korea, noch mal eine ganz andere Welt. Dort hatte er die Möglichkeit, sich mit einem renommierten Soju-Sommelier auszutauschen und brachte den „Andong“, eine edle Soju-Version, mit. Das ansonsten einfach, billig und nicht eben hochwertig produzierte Volksgetränk kann eben aber auch hervorragende Qualitäten aufweisen, die man hierzulande aber nur sehr selten bekommt.
Beim Sake sieht es mittlerweile zwar deutlich besser aus. Doch von einem Hype, wie er ihn in den USA ausgelöst hat, ist man noch weit entfernt. Heißt: Sake will eingeführt, erklärt, schmackhaft gemacht werden. Was am besten funktioniert, wenn er wie der Wein zu bestimmten Speisen empfohlen wird. Sonst bleibe er einfach eine Position auf der Karte, so Weidenberg. „Wir wollen ja die komplette Experience und nicht einfach nur Sake anbieten“, ergänzt sein Kollege Martin Bruhn, der Sake zum Kochen schon länger verwendet – zum Beispiel als geschmackliches Add-On für Saucen, Marinaden oder Dressings.
Jetzt also bietet man Sake als individuelles Pairing an: Wir probieren den lieblichen Sayuri, einen ungefilterten Nigori-Junmai-Sake, der sehr gut zu den Fisch-Vorspeisen à la Ceviche passt und eine schöne Alternative zu einer Spätlese oder einem Kabinett ist. Wir probieren den Junmai Ginjo „Kikusui“, einen trockeneren und zugleich fein-fruchtigen Sake, der sehr schön mit dem Oktopus korrespondiert. Zum Fleisch probieren wir keinen Sake, sondern den Umeshu „Beninanko“, einen likörartigen Pfirsichwein in hoher Qualität. Vorab als Aperitivo gibt es einen kraftvollen Shochu der Marke „Kirischima“. Wer die hierzulande noch recht unbekannte japanische Spirituose kennen lernen will: Im neuen Store von Ginza in Berlin kann man tief in diese Welt eintauchen.
Insgesamt sechs Produkte, fünf aus Japan, eines aus Korea, bilden sozusagen das Einstiegsset im „Grace“. Wenn es gut ankommt, will man das Sortiment ausbauen. Dem internationalen Teil der „Grace“-Gästeschaft ist Sake oft bekannter als dem deutschen, den Berliner Gaumen wolle man mit Bedacht an die Thematik heran führen, so Martin Bruhn. Und mit einem Korb: Denn wer sich für Sake entscheidet, dem bringt man diesen, gefüllt mit verschiedenen Becher zur individuellen Auswahl, an den Tisch – ganz wie Weidenberg es in Japan erlebt hat. Und das wiederum dürfte andere Gäste neugierig machen.
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