#restartgastro 2020, Teil 2: Kink Bar & Restaurant, Berlin

von Jan-Peter Wulf
oliver mansaray - management, gruendung, gastronomie #restartgastro 2020, Teil 2: Kink Bar & Restaurant, Berlin

Durch und durch positiv gestimmt: Kink-Geschäftsführer Oliver Mansaray

Ist dies die spektakulärste Neueröffnung Berlins im seltsamen Jahr 2020? Zumindest ist das Kink schon wegen seiner einzigartigen Location ein heißer Anwärter darauf. Auch diese Gastronomie hat Corona kalt erwischt. Wie ging man mit der Krise um? Wie geht’s, Kink?

Oliver Mansaray und ich stehen im dunklen, imposanten Barbereich des neuen Kink. Über der inselförmigen Bar die rot leuchtende Neonröhren-Installation von Kerim Seiler, mehr als 100 Meter lang, „Spaceknot (Pfefferberg)“ heißt sie. Die war schon da, als ich zum Baustellenbesuch im November vor Ort war, ansonsten noch nicht so viel. Es hat sich sehr, sehr viel getan seitdem in der historischen Location auf dem Pfefferberg: Im Dezember ist die Bar stückweise eröffnet worden, erst sporadisch einmal pro Woche, im Februar drei Tage pro Woche, im März sollte es noch mehr werden. „Eigentlich, aber dann haben wir doch zugemacht“, sagt Mansaray und lächelt. Kein bisschen zynisch sieht er dabei aus. Er wirkt echt entspannt, glücklich fast.

Ganz ehrlich: Ich bin mit recht gemischten Gefühlen hergefahren. Im vergangenen Spätherbst habe ich ja gesehen, mit wie viel Elan hier auf dem Pfefferberg gearbeitet wurde, ganze Decken wurden in der 600-Quadratmeter Location aufgeschnitten, die Galerie nach hinten versetzt. Betonfräsen kreisten wochenlang. Treppen wurden ab- und aufgebaut. Neue Schnitte geschaffen. Ein Riesenunterfangen. Auch vom Invest her, das sieht man, ohne die Zahl zu kennen. 

„Das Entsetzen war nur kurz“

Da muss so etwas wie ein Shutdown doch wie ein Tiefschlag sein? „War es auch. Aber da Entsetzen war nur kurz“, so Mansary, der zuvor das Restaurant Katz Orange leitete und das „Kink“ zusammen mit seinem Kindergarten-Kumpel Daniel Scheppan eröffnet hat. Die beiden kennen sich somit fast ihr ganzes Leben, das wechselseitige Vertrauen könnte größer nicht sein, so Mansaray. Die Krise habe sie noch mehr zusammengeschweißt. „Wir haben versucht, das Positive darin zu sehen.“

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Blicke in den Restaurantbereich des Kink

Was wäre das? „Wenn man die Bar öffnet und parallel damit beschäftigt ist, das Restaurant fertig zu machen, ist man im Dauerstress. Tagsüber waren die Handwerker hier, abends die Gäste. Unser Personal musste ständig die Gläser nochmal spülen, weil dann doch Staub durch die Gegend geflogen ist.“ So habe man sich schließungsbedingt richtig darauf konzentrieren können, das Restaurant in Ruhe auf- und auszubauen. „Unser Personal war in Kurzarbeit und wir haben es ermutigt: Wer vom Netflixen irgendwann gelangweilt ist, darf sich gerne kreativ betätigen. Manche hatten noch nicht mal ihren ersten Arbeitstag gehabt“, so Mansaray. Tische und Stühle für draußen wurden gemeinsam geschliffen und lasiert, Wände gestrichen. Ein Freund, der sich mit Sound auskennt, half bei der Akustik. 

Die kleine Bar im Restaurantbereich – hell und licht im Gegensatz zur betont dunklen Bar – hat der Mansaray, der gelernter Tischler ist wie sein Geschäftspartner, selbst gebaut. „Alles lief nun unter weniger Zeitdruck ab“, erklärt er. Barchef Arun Naagenthira Puvanendran und Küchenchef Ivano Parolo konnten zusammen in den Wald fahren, um Fichtensprossen und Holunderblüten zu sammeln und gemeinsam Sachen daraus zu machen (die Brücke zwischen Küche und Bar zu bauen, ist ein wichtiges Element im „Kink“-Konzept). Im Keller wurden Fermentationsexperimente gemacht und auch der Sommelier Edric Kent konnte die Weine mit etwas mehr Ruhe kuratieren. Insofern sei es schon ideal gelaufen – jedenfalls unter den gegebenen Umständen, so Manasary.

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Die Bar mit dem imposanten Neonröhren-Kunstwerk. Hinter dem Fenster links ist das Labor mit Rotovap und vielen weiteren Geräten für Mixolog*innen

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Unter schattigen alten Bäumen sitzt man im zweit(dienst)ältesten Biergarten Berlins

Konservativ kalkuliert

Aber der Kostendruck? Nach so viel reingestecktem Geld? Hing der nicht im Nacken? „Wir haben das Ganze schon im Businessplan relativ konservativ geplant“, erklärt der Gastronom. „Wir sind nicht davon ausgegangen, dass uns von Anfang an die Bude eingerannt wird. Wir haben mit moderaten Umsätze gerechnet. Und es ist so: Am Anfang hast du immer höhere Personalkosten als Einnahmen, die Kurzarbeit hat das schon etwas abgefedert. Klar, das geht nicht ewig so. Du hast ja auch Miete zu zahlen und andere Kosten. Aber wir stehen nicht gleich mit einem Fuß am Abgrund.“

Und jetzt ist ja endlich geöffnet. Rund einen Monat bereits; davor gab es Tastings im Kreise der Freunde und Familie, bei denen wertvolles Feedback zu Speisen und Karte eingeholt wurde. „Wir waren fast überrascht, wie schnell die Einschränkungen dann doch zurück genommen wurden“, erklärt Oliver Mansaray. Und ebenso positiv überrascht ist er vom Start des Restaurantbetriebs: „Der lief noch besser als erhofft. Wir haben schon jetzt mehr Nachfrage als Tische.“ Drei Walkins überbrücken die Wartezeit schon mal mit Drinks aus der Bar. Ringsherum hat es sich gemischtes, angenehmes Publikum im Biergarten gemütlich gemacht, der wie auf einem überdimensionalen Balkon über der Schönhauser Allee thront. Schon der Aufstieg die Treppen hinauf und der Blick in diese kleine Welt hinein ist ein Erlebnis.

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Carpaccio vom Simmentaler Rind mit Stracciatella, Radieschen, Sauerkirsche und Liebstöckel

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Oktopus mit Kalamansi, geräucherter Aubergine und Kartoffel

90 Gäste hat man zurzeit im Schnitt. Nach oben wäre zwar noch eine Menge Luft, Bar und Restaurant haben zusammen rund 100 Plätze, draußen nochmal so viele grob überschlagen, aber da sind zum einen die Auflagen und zum anderen der sowieso geplante, moderate Start mit nichtmaximaler Auslastung. Lieber langsam steigern. Wir fragen bei der sehr freundlichen Servicemitarbeiterin nach, wie das ist, den ganzen Tag mit Maske zu arbeiten. Erstaunlich gut, sagt sie und lächelt. Ein echtes Lächeln aus dem Herzen heraus ist es, das erkennt man an den Muskeln, die sich dann im Gesicht mitbewegen. Das tun sie beim berüchtigten „service smile“ nicht. Wir sind überzeugt: Dem „Kink“ geht es gut, und das freut uns.

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