„Riesiger Zusammen­halt“ – Thomas Kosikowski über #kochenfür­helden

von Jan-Peter Wulf
cozy - personal, interviews-portraits, management, gastronomie, food-nomyblog „Riesiger Zusammen­halt“ – Thomas Kosikowski über #kochenfür­helden

Thomas „Cozy“ Kosikowski, Salt & Silver Hamburg

Das „Salt & Silver“ ist eines der beliebtesten Szenerestaurants Hamburgs, mit lateinamerikanischer und levantinischer Küche in zwei benachbarten Locations. Und jetzt? Wird trotz coronabedingter Schließung weitergemacht: Die Gastronomie beteiligt sich an der Graswurzel-Bewegung „Kochen für Helden“ und bereitet frische, gesunde Speisen für Mitarbeiter*innen in Kliniken, Arztpraxen sowie für Obdachlosen-Unterkünfte zu. Wie geht das? Wir haben mit Gründer und Geschäftsführer Thomas „Cozy“ Kosikowski gesprochen.

Thomas, wie geht es dir und euch?

Ziemlich gut. Etwas erschöpft von den letzten, anstrengenden 14 Tagen. In der ersten Phase hatten wir große Sorgen und Ungewissheit, Existenzängste und Lagerkoller, weil wir erstmal alle zu Haus waren. Jetzt haben wir eine extreme Motivation, seit wir bei Kochen für Helden mitmachen. Es ist ein Riesenaufwand und hält uns alle auf Trab.

Mittlerweile machen rund 40 Restaurants bei der Initiative mit, die Max Strohe und Illona Scholl vom „tulus lotrek“ in Berlin gestartet haben. Wie seid ihr dazu gestoßen?

Unsere Gastronomen-Clique aus Kitchen Guerilla, Salt & Silver, Haebel und Tim Mälzer hat das mitbekommen und dann beschlossen, das hier auch zu starten. 

Wie viele Restaurants machen in Hamburg mit?

Sechs aktuell, soweit ich weiß. Tendenz steigend.

Habt ihr euch das Ganze irgendwie aufgeteilt?

Ja, also die Projektkoordination läuft zentral, wir organisieren auch gemeinsam die Ware – Lebensmittel und Verpackungsmaterial. Auch das Ausfahren erledigen wir koordiniert. Als würden wir zusammen ein Catering-Pop-up machen, nur eben für „die Helden“ in Krankenhäusern, Arztpraxen und Obdachlosenunterkünften.

Und das Kochen?

Macht jeder in seinem Betrieb. Unsere Köche kochen, so, wie sie es sonst auch tun, wir beliefern aktuell sechs bis sieben Orte. Jedes Restaurant kocht zwischen 50 und 180 Portionen und liefert die selbstständig an seine Locations au, die davor festgelegt wurden. Insgesamt kochen wir aktuell alle zusammen rund 2.000 Portionen pro Tag und beliefern wir aktuell über 100 Orte.

Das hat wirklich was von Catering.

Wir haben ja auch ein Catering-Unternehmen und insofern Erfahrung damit. Wobei wir sonst eher eine externe Küche aufbauen, die Art der Zubereitung und die Verpackung ist schon neu für uns. Wir wollen, das ist wichtig zu betonen, in den Krankenhäusern nicht unbedingt eine Versorgungslücke füllen – bei den Obdachlosenheimen schon eher, da klaffen gerade große Lücken. Wir ersetzen nicht die Krankenhaus-Kantine, das könnten wir auch gar nicht. Wir bringen den Ärzten, die gerade 18-Stunden-Schichten schieben, etwas zu essen vorbei. Und den Mitarbeitern in den Arztpraxen, die gerade nicht dazu kommen, was essen zu gehen. 

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Gemeinsame Kochaktion mit Koral Elci von der „Kitchen Guerilla“, die auch für Bedürftige kocht, mehr dazu hier 

Was ist dabei in Sachen Hygiene zu beachten?

Wir achten jetzt noch mehr auf Hygiene als sonst sowieso schon. Wir haben alle Mitarbeiter gebrieft, es wird nur mit Handschuhen gearbeitet und die wechseln wir ständig. Die Speisen kommen in Schutzverpackung, die Lieferkisten werden desinfiziert, wir halten Abstand zueinander und zu den Leuten, die das Essen bekommen. Das funktioniert alles wesentlich besser, als wir es erst gedacht haben.

Privat liefert ihr aber derzeit nicht, wie es ja manche Restaurants machen.

Wir fokussieren uns erstmal auf Kochen für Helden. Die Karte für Lieferung umzustellen, das geht bei uns nicht so schnell und wir wollen abwarten, wie es mit den Richtlinien für Delivery weitergeht. Da gibt es zurzeit viele Unwegbarkeiten, auch mit den Lieferportalen. Auch muss man den Wareneinkauf planen – bei Kochen für Helden verarbeiten wir hingegen das, was bei den Händlern gerade übrig ist und weggeworfen würde.

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Bis zu 180 Portionen am Tag werden zubereitet, zum Beispiel Senfei im Glas

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Auch Lieferhelden: Das „hæbel“ und das „Klippkroog“. Allein 2.000 wiederverwendbare Weckgläser sind zurzeit im Umlauf

Was kocht ihr denn für die Helden?

Alles, von Tauben aus Frankreich bis zum Senfei. Es ist jedes Mal eine Überraschung für uns. Wir machen aber immer eine Fleischspeise, eine vegetarische und eine vegane Speise. Und wir fragen den Bedarf vorher ab.

Ihr habt ja zurzeit keine Einnahmen aus dem Restaurantgeschäft. Aber laufende Kosten. Und dazu dann noch diese Extraleistung. 

Es ist aufwändig. Im März haben wir noch normale Gehälter auszahlen können an unsere zurzeit 30 Mitarbeiter. Im April müssen wir auf Kurzarbeit gehen. Das wird, zumal ohne Trinkgeld, richtig hart für unsere Leute. Uns als Geschäftsführern selbst zahlen wir keine Gehälter mehr aus. Wir haben die Anträge für Förderung und Kredite nun gestellt, da müssen wir abwarten.

Könnt ihr das denn?

Wir haben in den letzten zweieinhalb Jahren gute Rücklagen bilden können, wir haben uns auch keine großen Prämien gegönnt, deswegen können wir die nächste Zeit wohl überbrücken.

Wie lange?

Je nach Rechnungsmodell sechs bis zehn Wochen. Wir machen uns gerade weniger Sorgen um uns, sondern um viele ganz kleine Betriebe, die schon vorher zu kämpfen hatten. Ich befürchte, dass bald 50 Prozent der Gastronomien platt sind.

Ja, es sieht dramatisch aus. Wie ist bei euch die Stimmung im Team?  

Der Zusammenhalt ist riesig. Wir waren kürzlich erst alle zusammen auf Reise in Israel, es hat uns massiv positiv aufgeladen. Alle helfen mit. Die Köche kochen, die Serviceleute liefern abwechselnd aus. Wir kommunizieren sehr viel, stimmen Aufgaben fürs home office ab …

… was lässt sich denn für eine Gastronomie aus dem home office tun?

Recht viel. Dokumente überarbeiten, Wareneinsätze überprüfen, neue Rezepturen entwickeln, nach spannenden Produkten recherchieren. Ideen einreichen … da passiert viel in Eigenleistung. Es ist ja auch für alle besser, als rumzusitzen und an die Wand zu starren, wenn man die Zukunft selbst gestaltet.

Vielen Dank und alles Gute, Thomas.

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