Ein bisschen klingt diese Gründungsstory so wie aus einer idyllischen Vergangenheit, wenn man sich die harte ökonomische Realität der Gastronomie vergegenwärtigt und ganz besonders den Bereich des Fine Dinings, der ja gerade extrem zu kämpfen hat: Zwei Autodidakten – Küche, Service – richten gemeinsam Dinner-Events aus, sehr erfolgreich, eröffnen dann ein Restaurant, und es scheint zu funktionieren. Umso schöner, dass es diese Geschichten auch heute noch gibt. Unser kompaktes Konzept ist dieses Mal das Loumi in Kreuzberg.
Vom privaten Dinner zum feinen Dining
Alles fing also an mit privaten Dinnern, und das schon 2017. Damals kochte Karl-Louis Kömmler in seiner Neuköllner Wohnung, gelegen im Hinterhof hinter einer Shisha-Bar, nur für Freunde. Schon bald darauf bot man – die Dinner sprachen sich rum – monatlich für sechs Personen am Abend Carte-Blanche-Menüs an, die über eine Webseite gebucht werden konnten.
Praktischerweise ist Karl-Louis gelernter Informatiker und konnte die technischen Notwendigkeiten dafür selbst herstellen. Informatik: In dem Bereich wäre doch eigentlich eine lukrative Karriere in Aussicht? „Auf einen nine-to-five-Bürojob hatte ich eigentlich nie Lust“, erklärt uns der aus Hannover stammende junge Mann. Er bildete sich statt dessen lieber kulinarisch weiter und kochte unter anderem in Restaurantküchen in Paris, Amsterdam und seiner Heimatstadt mit. Vor Augen das Ziel, aus dem Wohnzimmer-Dinner ein echtes gastronomisches Business zu machen. Gemeinsam mit Mical Rosenblat: Sie ist Kunsthistorikerin, ist von Beginn an Co-Gastgeberin („Loumi“ setzt sich aus den beiden Vornamen zusammen) und kümmert sich heute um die Gäste im Restaurant wie zu Beginn um die Gäste der Events in der Sonnenallee.
Wir stehen zu dritt vor ihrem „Loumi“ in der Kreuzberger Ritterstraße. Gleich beginnt der Service, die ersten Gäste trudeln ein. Weil es noch warm in der Stadt ist Anfang September, bleibt die Eingangsfront geöffnet. Was der Location einen schönen, fließenden Übergang zwischen drinnen und draußen gibt. Überhaupt hat sie viel Charme: Ausgebaut und eröffnet wurde sie 2016 zur hippen Pastrami-Location „Louis Pretty“, welche jedoch ziemlich glücklos blieb. Zwischenzeitlich befand sich hier ein griechisches Konzept, bevor Kömmler und Rosenblat sie übernahmen und im Oktober 2023 ihr Restaurant eröffneten. Gepitcht um die Fläche hatten mehrere Gastronomen, dem Vermieter gefiel das Konzept von „Loumi“ am besten.
Viel Nähe
Ist ja auch ein schönes Konzept: Fine Dining mit Nähe. Man ist denkbar dicht dran am Kochgeschehen in diesem Restaurant Location, das auch ein Izakaya sein könnte. Vom Prinzip her fast ist. Die Idee, wie bei den privaten Dinnern alle Gäste an einen langen Tisch zu platzieren, war kurz eine Überlegung gewesen, doch dann habe man sich für Zweier- und kleine Gruppentische sowie Chefs-Table-Plätze entschieden, erklärt das Betreiber-Duo uns. Das passt auch besser.
Solo-Dining soll ja ein neuer Trend sein, und solo essen kann man im „Loumi“ sehr gut. Langweilig wird es sicher nicht, allein schon durch die Nähe zum Koch- und Servicegeschehen und den aufmerksamen Service, der hier keine langen Wege laufen muss. Das sechsköpfige Team tätigt die typischen unzähligen Handgriffe, die Küche auf diesem Niveau hat, völlig ungestresst und auf jenem Sweetspot, beim dem gastronomische Betriebsamkeit für angenehmen Flow im Raume sorgt. Das haben wir schon ganz anders erlebt.
Das Menü wechselt natürlich mit der Saison. Viel wird regional eingekauft, nichtsdestoweniger hat die Küche im „Loumi“ etwas angenehm Mondänes, im wahrsten Sinne Weltoffenes. In der Küchentechnik französisch fundiert und asiatisch wie nordisch inspiriert, sehen die Teller und Gerichte hier beispielsweise so aus: Cappelletti mit einer Füllung aus Taleggio und Kartoffeln in einem Sud aus Kombu-Alge und geröstetem Pilzöl. Oder Kopfsalat mit Mussel Beurre Blanc und Piemont-Haselnuss. Oder, ziemlich ausgefallen, aber sehr gut: Kotelett dry-aged, wohlgemerkt nicht Fleisch, sondern Fisch, Rochen nämlich! Dazu gibt es korrespondierende, naturnahe, biodynamische Weine oder gut ausgewählte alkoholfreie Alternativen wie Proxies. Auch beim F&B wird der Sweetspot getroffen: nicht zu hip, nicht zu gediegen. Eigenständig, aber zugänglich.
Von Mittwoch bis Samstag serviert man den Gästen vier Gänge. Am Freitag und Samstag dürfen sie mit acht Gängen auch die volle Genussstrecke laufen. Zudem können die Menüs mit feinen Extras individuell aufgestockt werden. Auch für Walk-Ins ist man offen, ihnen serviert man gerne ein Gericht à la carte und ein Glas. Und last but not least bietet Loumi auch Caterings an.