Über elf Jahre gibt es das „Kopps“ in der Linienstraße in Berlin-Mitte schon. Als es eröffnete, war es eines der ersten veganen Restaurants der Stadt – damals Pionier, heute voll im Trend. Doch bequem macht das Team um Ilhami Terzi es sich deswegen nicht: Das nächste Ziel ist, eines der ersten klimaneutralen Restaurants des Landes zu werden.
Ein Fine-Dining-Menü aus rein pflanzlichen Zutaten und so herzhaft, aromatisch und geschmackvoll zubereitet, dass auch leidenschaftliche „Carnivore“ das Stück Fleisch oder Fisch kaum vermissen werden. Dazu begleitende Getränke von Barchef und gelerntem Koch Jannick Stillger und Team, die sowohl alkoholisch als auch ohne Prozente eines der besten Pairings Berlins sind (mehr dazu haben wir für das Magazin des Bar Convent Berlin geschrieben): Die Gäste im „Kopps“ dürfen in vollen Zügen genießen – und bekommen dabei oft gar nicht mit, was hier alles im Hintergrund, um das Restaurant zu einem der nachhaltigsten seiner Art zu machen.
Das sollen sie ja auch gar nicht unbedingt – geht es doch auch hier immer noch darum, ihnen einen wunderbaren Abend zu bescheren, und das klappt. Doch auf Nachfrage bekommen sie vom Service, der Küche und der Bar sehr gerne erklärt, wie das System namens „Kopps“ funktioniert. Nämlich von Anfang an und sehr konsequent nachhaltig, wie Betreiber Ilhami Terzi uns beim Besuch erklärt: „Ich war in Gourmet-Restaurants tätig und wollte, dass in der Gastronomie in Sachen Nachhaltigkeit endlich etwas passiert. Deswegen haben wir uns mit dem eigenen Restaurant auf die vegane Küche ausgerichtet.“ Zunächst mit vielen veganen Ersatzprodukten à la Wie-Schnitzel, doch nach der Trennung vom damaligen Geschäftspartner und Küchenchef ging man dann „rigoros auf die Pflanzenküche“.
Kompromisslos im besten Sinne
Rigoros klingt kompromisslos und das ist es auch, aber im besten Sinne: Kaum ein Berliner Restaurant kann mit Gemüse und Co. derartig deftige, dann wieder floral-fruchtige oder nussig-erdige Geschmäcker erzeugen. „Ich habe einen Hang zum Asiatischen und liebe es, wie in der japanischen Küche gearbeitet wird, zum Beispiel mit Misogemüse. Ich mag aber auch die lateinamerikanische Küche und die Art, wie dort mit Kartoffeln umgegangen wird“, erklärt Benjamin Löttrich, seit einigen Monaten der neue Küchenchef im „Kopps“.
Löttrich ist gebürtiger Berliner – und im doppelten Sinne ein Rückkehrer: Er war nämlich im „Kopps“ bereits als Souschef tätig, bevor er unter anderem im Schlössl in Oberotterbach und im Deidesheimer Hof an der Weinstraße kochte. „Ich hatte ihn als sehr kreativ in Erinnerung und bin froh, dass wir ihn jetzt wieder bei uns haben“, so Terzi. Mit ihm sei die Küche noch klarer und konsequenter geworden. Ohne dabei dogmatisch zu sein: „In Berlin kann man kulinarisch in jeden Kulturtopf greifen und besonders mit veganer Küche kann man das ungezwungen tun“, so Löttrich.
Lieber Druckstelle als Plastiktüte
Weil das „Kopps“ schon seit ein paar Jahren, dies wurde bereits mit Löttrichs Vorgängern eingeführt, nur noch mit Menüs arbeitet, kann man zielgenau produzieren und portionieren – und somit Überproduktionen und Foodwaste weitgehend vermeiden. Mittlerweile habe man die die Anzahl der Anliefertage reduziert und versuche, möglichst 90% der Ware nur an einem Tag zu bekommen.
Fast in, fast out: Ein zügigerer, zeitnaher Verbrauch des Gemüses bringt weniger Kühlungsnotwendigkeit und somit weniger Energieverbrauch mit sich (auch ein Vorteil – tierische Produkte kann man weniger gut außerhalb der Kühlung lagern). Zudem, so Löttrich, falle immer weniger Plastikmüll an, weil die (wenigen) Lieferanten wo es möglich ist unverpackt oder mit Pfandbehältnissen anliefern. Auch da wieder die Kompromisslosigkeit: „Bei Äpfeln komme ich mit einer Druckstelle besser klar als mit einer Plastiktüte“, bringt Löttrich es auf den Punkt.
Ökostrom von Anfang an, eine Weinkarte mit 90% Positionen aus deutschen Landen, ökologische Reinigungsmittel, hoher Bio-Anteil … man mache ständig Gedanken, wie man noch nachhaltiger werden könne, so Ilhami Terzi, der sich derzeit auch zum Nachhaltigkeitsberater fortbilden lässt. Das nächste große Ziel ist, eines der ersten Restaurants in Deutschland zu werden, das CO2-neutral ist. Dazu strebt man eine Zertifizierung über MyClimate an.
Obschon dies in der Restauration noch Neuland ist, erfülle man bereits viele Kriterien: „Unser Vorteil ist, dass wir schon so lange nachhaltig arbeiten“, erklärt Terzi. An viele der Punkte, die sich auf der Checkliste des Zertikate-Ausstellers befinden, könne man daher einen Haken setzen. Nichtsdestoweniger ist es aufwändig, alle Fragen zu beantworten: Mit welchem Verkehrsmittel kommen die Mitarbeitenden in den Betrieb? Wie weit sind ihre Wege? Wie viele Portionen werden per annum geschickt? Welche Kühlmittel werden verwendet? Wie hoch ist der Stromverbrauch? Rückfragen und Korrekturen inklusive.
Kompensation kostet fünfstellig
Und dann ist da noch, neben den Kosten für das Zertifikat, ein unvermeidlicher Rest an CO2, der für eine Klimaneutralität kompensiert werden muss. Sprich das „Kopps“ zahlt Geld dafür und das nicht wenig – einen fünfstelligen Betrag müsse man dafür einplanen, so Terzi. Man wolle eben seinen Weg weitergehen und es sei für ihn klar, dass Emissionen in der Gastronomie eingepreist werden müssen: „Aus meiner Sicht geht es gar nicht anders.“ Vor dem Hintergrund von steigenden Energie- und Lebensmittelkosten sowie einem Personalmangel, der auch vor einem innovativen Restaurant wie dem „Kopps“ nicht Halt macht, ist es nichtsdestoweniger beachtlich und hat Respekt verdient, so – einmal mehr – kompromisslos zu sein.
Webseite Restaurant Kopps
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