Ein festlicher Abend im Herzen Berlin-Friedrichshains: In der schönen „Alten Turnhalle“ wurden Mitte September die Absolvent*innen von Learning For Life der Jahrgänge 2020 und 2021 geehrt.
Anzeige: Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit Diageo.
Wegen Corona fiel die Gala im Vorjahr aus, nicht aber das Programm – das fand unter den besonderen Voraussetzungen mit Abstand und To-go-Verkauf in den Bars trotzdem statt. Und so sind es gleich 69 junge Menschen aus dem ganzen Land, die sich in festlicher Abendgarderobe in der Alten Turnhalle Berlin einfinden.
Sie sind diejenigen, die das Schulungsprogramm – wir berichteten bereits vom Briefing, vom Praxistraining und von der praktischen Abschlussprüfung – erfolgreich durchlaufen haben. Gestartet waren in den beiden Jahren insgesamt 177 Bartenderinnen und Bartender. Wie anspruchsvoll „Learning For Life“ ist, zeigt sich darin, dass es nur knapp die Hälfte bis zum Ende geschafft hat.
Wir sind an diesem Abend zu Gast, um vor Ort ein paar Stimmungsbilder einzufangen: Wie hat es den Absolvent*innen gefallen? Was war besonders überraschend, anstrengend, erkenntnisreich für sie? Und welche Tipps haben sie für die Jahrgänge 2022 und danach?
Diana Gill aus der Dresdener Gruppe 2021 berichtet, dass sie schon seit dem 16. Lebensjahr im Service in der Gastronomie arbeitet. Bisher habe es ihr aber an Praxis an der Bar gefehlt. „Learning For Life war perfekt für mich, um da professionell heranzugehen.“ Das vermittelte Fachwissen könne sie nun direkt anwenden. Beispiel Wasserservice: „Ich wusste einfach nicht, dass Wasser in guten Bars kostenlos verteilt wird.“ Auch in Sachen Verkaufspsychologie hat sie viel mitgenommen: „Jetzt weiß ich was ich meinen Gästen empfehlen kann und wie ich Sachen, die ich im Überschuss habe, geschickt verkaufen kann.“ Sie tritt nun eine Stelle in der Weinbar Il Desperato in Nürnberg an.
Arkady Mardakhaev von der Bar Gekkos in Frankfurt betont, dass „Learning For Life“ sehr viel mitgebe, wenn man wie er zuvor keine Ausbildung in der Gastronomie gemacht habe. „Die Theorie hat mir Spaß gemacht, ich habe viel dazu gelernt. Aber es ist hart, du brauchst Durchhaltevermögen.“ Seine Kollegin Jule Schwalb, auch aus Frankfurt, fügt hinzu: „Man muss ehrgeizig sein, aber mit Spaß an die Sache heran gehen. Man macht es für sich selbst und nicht für andere, dessen muss man sich bewusst sein.“ Was hat sie über sich selbst gelernt? „Dass ich richtig gut sein kann, wenn ich es will. Viel besser als im Abi (lacht)!“ Sie hatte schon in ihrer Bewerbung angegeben, „in einer tollen Bar wie dem Hopper’s“ in Frankfurt arbeiten zu wollen und wird demnächst tatsächlich genau dort anfangen.
Johannes Eichner war in der Gruppe Hamburg 2021. Zurzeit arbeitet er noch im Beach Motel in St. Peter Ording, bald wird er zurück in seine bayerische Heimat gehen, der Gastronomie will er treu bleiben. „Learning For Life“ wurde ihm empfohlen von einem Diageo-Mitarbeiter und einem ehemaligen Kollegen, der es ebenfalls gemacht hat. Was hat er über sich gelernt? „Dass man sich auch mal zurücknehmen und das Team in den Vordergrund stellen muss. Wir Bartender haben ja manchmal große Egos. Aber wenn man dann mal komplett mit fremden Leuten im Team agieren muss, dann merkt man, wie wichtig Teamwork ist.“
Teamwork ist alles
Das mit dem fremden Leuten muss man an dieser Stelle erklären: Denn die große Herausforderung ganz zum Schluss von „Learning For Life“, nach Theorie und Praxis, besteht darin, in der Gruppe einen Bar-Abend zu planen und umzusetzen. Und weil es sich eben nicht um eingespielte Teams handelte, sondern sich die Mitglieder erst kurz zuvor persönlich kennen gelernt hatten, zeigte sich hier schnell: Wenn es raus aus der Komfortzone geht und stressig wird, dann geht es mitunter hoch her, wenn man sich untereinander nicht gut abgestimmt hat.
Zum Beispiel in Berlin, wo wir dabei waren: Joshua Ebsen aus dem Waldorf Astoria Berlin durfte mit seinen Kolleg*innen einen Harry-Potter-Abend gestalten. Sein Fazit? „Es war turbulent. Wir haben uns derartig in Kleinigkeiten verstrickt und haben dabei das Grundlegende vergessen.“ Zum Beispiel die Serviceabläufe: „Wo legen wir einen Bon hin? Wie kommunizieren wir darüber, ob ein Bon schon bearbeitet ist? Wir dachten, das wird schon.“ Wurde es auch, doppelt sogar. Denn weil es zwei Stationen gab, wurden die Bons nicht selten zweifach bearbeitet und Drinks somit gleich doppelt gemixt. Happy Hour auf Abwegen.
Joshuas Tipp für kommende Jahrgänge: „Man braucht eine klare Hierarchie.“ Zwar wurde ein Barchef gewählt, aber keine Vertretung. Weil die Arbeitspositionen regelmäßig rotierten, hatte auf einmal keiner mehr das Sagen, als der Barchef nicht mehr an der Bar war – das Chaos nahm seinen Lauf.
Herren in Netzstrümpfen und verbranntes Popcorn
Und es war längst nicht die einzige Gruppe, die am Bar-Abend ins Schwimmen kam. Da waren Gäste, die fast zwei Stunden auf ihre Getränke warten mussten und der Dehydration nahe waren, viel zu alkoholisch geratene Drinks, Zettelwirtschaft statt Kassensystem und verbranntes Popcorn. Aber auch: kreatives Instagram-Marketing, schöne Getränkekarten und Outfits (zum Beispiel selbst gebatikten Shirts für das Thema Woodstock oder Herren in Netzstrümpfen für einen Abend im Stile der Rocky Horror Picture Show) – und selbstlose Gäste, die Drinks für 250 Euro orderten, damit das Team das vorgegebene Umsatzziel noch erreichte. Die Eindrücke gab es in einer bunten Bildershow auf der Gala zu sehen.
Nadine Brandis vom Leipziger Imperii hatte sich mit ihrer Dresdener Gruppe zum Motto „Der Pate“ viele Gedanken gemacht, Dekoration gekauft, Blackjack-Spiele mit Gratisdrinks für Gäste vorbereitet, Leichenumrisse vor die Bar gezeichnet und vieles mehr. Der Abend selbst aber verlief stressiger als gedacht, vieles über den Haufen geworfen, manche Gäste verließen die kleine Bar unverrichteter Dinge sogar wieder.
Nadines Tipp: „Der gewählte Barchef sollte eine starke Persönlichkeit sein, der das Team wieder runter holt.“ Das wiederum funktionierte in Dresden gut. Florian Herrmann erhielt von „seinem“ Team die meisten Punkte aller Gruppen und ist damit bester Barchef 2021.
Als echter Pate, nämlich als Mentor, stand dem Team Frankfurt des Jahres 2020 der Chemnitzer Bartender Toni Steiger, „Learning For Life“-Absolvent 2019, zur Seite. Ihn überraschten die Schwächen der Gruppe nach eigentlich so guter Vorbereitung. Sein Rat: „Auch wenn man Fehler macht: Wichtig ist, selbstbewusst rüberzukommen. Im normalen Barbetrieb bekommen die Gäste es dann bestenfalls gar nicht mit.“
Aber der entscheidende Abend von „Learning For Life“ ist eben kein normaler Barbetrieb, wie Michael Scheffler vom Gin House Dresden, der Frankfurter Gruppe 2021 mitwirkte, erklärt: „So etwas wie an diesem Abend passiert in deiner Bar, wenn sie gut organisiert ist, nicht. Aber wenn du dann mit anderen Leuten arbeitest, in einer anderen Stadt (er machte in Frankfurt mit), mit einem neuen Kassensystem, das du nicht kennst, und einer vollen Bar … dann ist das Scheitern programmiert“, sagt der junge Mann lachend, der bei der diesjährigen Ausgabe der Cocktail-Competition „World Class“ sogar den zweiten Platz erreichte. „Ich hatte die Möglichkeit, einen Abend zu erleben, der so an einer gut organisierten Bar nicht passiert. Es ist echt eine Erfahrung: Was machst du, wenn nichts mehr funktioniert? Wie kommunizierst du mit den Kollegen? Mit den Gästen?“
Diese Erfahrungen, die viele Teilnehmer*innen bei Learning for Life machen, zielt nicht darauf ab, sie ins offene Messer laufen zu lassen. Vielmehr sollen sie helfen, sich bewusst zu machen, worauf es ankommt, damit sie sich nicht wiederholen (z.B. im Job an der Bar), um noch eigenständiger und organisierter zu arbeiten.
Dominik Köhler, der bereits 2020 in Hamburg teilnahm und jetzt im Galander Kreuzberg arbeitet, beschreibt diese Erfahrung so: Während des Programms habe man häufig das Gefühl zu scheitern. „Wenn man aber über sich hinauswächst, dann schafft man es letztlich doch.“ Und nimmt viel aus diesen Situationen mit. Zum Beispiel, so Köhler, sich nicht an Kleinigkeiten aufzuhalten und von außen nach innen arbeiten: „Ich mache jetzt den Gastraum zuerst fertig. Dann können die Gäste schon einmal sitzen und ich die Bar in Ruhe fertig machen.“
Dominik wurde übrigens 2020 Jahrgangsbester mit 84% der maximal erreichbaren Gesamtpunktzahl. 2021 geht der Titel (82%) in den Nordwesten, ins Patio nach Oldenburg. Dort arbeitet Sven Bienert. Wie blickt er auf „Learning For Life“ zurück? „Du musst es von Anfang an ernst nehmen und dich auf das Intensive einlassen.“ Inhaltlich gefiel ihm der Lernabschnitt zur Arbeitsergonomie besonders gut. „Die Gesundheit des Bartenders ist ein Thema, das viel größer geschrieben werden muss, das gebe ich auch an mein Team weiter.“
Er hat unter anderem seine Shaketechnik umgestellt auf horizontales Hin- und Herschwingen des Shakers – so legt das Eis einen besonders langen Weg zurück und der Körper wird weniger beansprucht als beim aufmerksamkeitsstarken, aber sehr belastenden Hardshake, der in der Barszene gängig ist. Bienert: „Mein Rücken hat erst drei Tage geschrien: Alter, was machst du da jetzt? Und dann: Hey, das fühlt sich eigentlich richtig gut an!“
Coach und Bar-Betreiber Dominik Galander brachte es in seiner Laudatio auf den Punkt: „Ihr habt gezeigt, dass ihr in der Lage seid, eure Verhaltensweisen, Arbeitsschritte und Denkmuster kritisch zu hinterfragen. Und verstanden, dass responsible bartending bei der eigenen Person anfängt, Gäste und vor allem Kollegen aber mit einschließt.“
Karin Dietrich, Head of Corporate Relations Germany, Austria & Switzerland und Projektleiterin auf der Seite von Diageo, ergänzte: „Die Gastronomie ist ein so besonderer Ort, an dem Menschen zusammen kommen. Kein Zuhause kann dieses Erlebnis ersetzen. Umso wichtiger ist es, dass ihr trotz der schweren Zeiten an diesem Programm teilgenommen habt und für die Gastronomie kämpft.“ Dem können wir uns nur anschließen.
Und schon bald beginnt ein neues „Learning For Life“-Jahr.
Wer mitmachen möchte: Hier geht es zu allen Infos und zur Anmeldung