Geschult hat er sich in renommierten Häusern wie dem „L´Espérance“ in Vezelay, Burgund/Frankreich und dem „The Dorchester“, London. Nach neun Jahren ging er mit dem eigenen Zwei-Sterne-Betrieb „Windmühle“ in Bad Oeynhausen in die Knie. Er kam nach Berlin, verhalf dem Restaurant des Schlosshotels „Vier Jahreszeiten“ im Grunewald zu einem Stern und ist langjähriger Chef de Cuisine des ersten Berliner Zwei-Sterne-Restaurants „Fischers Fritz“: Christian Lohse.
Von einem, der die feine Saucenkunst zelebriert, würde man grobe Suppenkunst weniger erwarten. Doch darum geht es in „Lohses Mundwerk“, seinem ersten Kochbuch. Darin setzt er sich mit Eintöpfen und Aufläufen, mit Püriertem, lange Köchelndem und beim dritten Aufwärmen vielleicht nochmal besser Schmeckendem auseinander.
Herr Lohse, Linseneintopf, Graupensuppe oder ein Kartoffelgratin hätten wir von Ihnen nicht vermutet.
Ich habe ja auch immer gedacht: Ich muss ein monumentales Werk schaffen. Dann habe ich festgestellt: Die High-Tech-Küche, die wir machen, ist nur durch Teamwork hinzubekommen. Wir sind 45 Leute bei uns im Restaurant. Dann fiel mir das berühmte Dr.-Oetker-Kochbuch meiner Mutter wieder ein. Die Basis des Kochens. Mehlschwitze! Das habe ich als Grundlage für mein Buch genommen, ein Buch über die Basis. Es zeigt, woher ich komme – Ostwestfalen –, womit ich aufgewachsen bin. Aber es verarbeitet auch meine Reiseerlebnisse oder Rezepte ausländischer Freunde. Zwei Jahre habe ich dran geschrieben.
Suppen und Eintöpfe gibt es ja auch überall.
Ja, und wissen Sie, was das Beste daran ist? Die Sozialisierung: Zur Suppe, zum Eintopf kommen alle an den Tisch. Das prägt.
Sie stammen aus Ostwestfalen. Die deftige westfälische Küche hat in den letzten Jahren ja eine Renaissance erlebt.
Bei uns im „Fischers Fritz“ gibt es Wurstebrei mit Grünkohl. Wird gerne bestellt. Oder Kürbiseintopf. Gratins für sechs Personen. Die Nachfrage ist da. Das Interesse an diesem Ursprünglichen freut mich. Die Westfalen gelten ja nicht gerade als weltoffen …
… vielleicht wird das ja auch als etwas Exotisches wahrgenommen?
Vermutlich (lacht). Und dazu dann einen Steinhäger! Aber wissen Sie, es steckt ja mehr dahinter. Der Trend ist: Köche sind heute Stars, ihre Gäste Fans. Das ist doch fatal. Die Branche hat sich völlig von seinem Publikum entfremdet. Immer mehr Technik und Wettbewerbe, das ist okay. Schön, dass wir glänzen dürfen. Aber worum geht es am Ende?
Sagen Sie es uns.
Wir schenken Glück in kurzer Zeit. Wir sind Gastgeber. Das muss mit Leichtigkeit passieren. Und daran habe ich auch bei meinem Buch gedacht, die Rezepte müssen sich von selbst erklären.
Was im Buch auffällt, ist die mitunter „drastische“ Bildsprache. Da ist auch mal ein ganzer Hühnerkopf zu sehen, mit Kamm und Schnabel. Vorne küssen Sie einen Schweinekopf.
Ich durfte zum Teil in Frankreich groß werden (bei seinem kochaffinen Onkel Willi in der Corrèze, d. Red.). Mit 12 habe ich mein erstes Schaf geschlachtet, dann Schweine. In Zeiten der Massentierhaltung finde ich es wichtig zu zeigen: Ein Eintopf ist ein Topf, und da kommt das und das und das rein. Und das sieht so und so und so aus. Wir müssen unseren Kindern erklären: Geht respektvoll mit Lebensmitteln um.
Stichwort Kinder: Es gibt auch einen Abschnitt über selbstgemachte Babynahrung. Erbse-Karotte-Brei, Karotte-Apfel-Brei, Pastinake-Rote-Bete. Gibt´s doch im Glas zu kaufen?
Und darauf wollen wir etwa angewiesen sein? Das sind schnelle Gerichte, die muss man nicht kaufen. Da haben wir einen Auftrag.
Auftrag klingt ja fast bieder, wenn man an den eher frechen Titel denkt: „Lohses Mundwerk“.
Es ist schon ein Buch mit Augenzwinkern, ich will mich auch nicht zu ernst nehmen. Ich verrate Ihnen was: Es sind auch ein paar Fehler in den Rezepten. Hab ich drin gelassen.
Wo?
Lassen Sie sich überraschen.
Lohses Mundwerk – Suppen & Eintöpfe stellt auf 192 Seiten über 130 Rezepte vor, kostet 25 Euro und ist im Neuer Umschau Buchverlag erschienen.