Wie geht es der Gastro-Institution im Herzen Charlottenburgs? Wir waren zu Besuch und haben mit dem Betreiber*innen-Paar Caroline und Ole Cordua gesprochen.
Ein Abend im Westen der Stadt, in Charlottenburg, ist für jemanden, der sich großenteils in Neukölln, Kreuzberg und Alt-Treptow aufhält, immer wie eine kleine Reise. Es ist einfach ein anderer Schnack. Ein schöner Schnack! Das Licht, die Läden, die Leute, das Flair – alles ein bisschen anders. Das Publikum im Lubitsch, 1993 eröffnet, ist großenteils 40 plus, gut gekleidet (schöne Anzüge, schicke Hüte), aber nicht versnobt. Die Gäste sind gut gelaunt. Es wird gegessen, getrunken, genossen, geplaudert. Es herrscht ein gewisser Geräuschpegel, auf diese angenehme Art und Weise, die es nur im Restaurant gibt. Dieser Abend hat etwas von einer großartigen Normalität.
Warum das zu betonen ist, dürfte klar sein: We’re fucking far from that. Das Personal trägt Mund-Nasen-Schutz, die Tische stehen ein wenig weiter auseinander als sonst. Um elf ist Zapfenstreich. Und die Lage trübt sich in der Stadt gerade wieder ziemlich ein.
Wie geht’s dem Lubitsch? „Wir haben jetzt wieder enormer Zuspruch und eine gute Auslastung, obwohl die Touristen fehlen. Es geht uns ganz gut. Wir arbeiten viel“, sagt Ole Cordua. Eine anstrengende Zeit liegt hinter dem Restaurant – erst der Betreiberwechsel, dann Corona. Gerade mal vor zwei Jahren hat Ole zusammen mit seiner Frau Caroline das Restaurant übernommen – im laufenden Betrieb und nach einem Jahr als Restaurantleiter.
Ole Cordua hat viele Gastronomiestationen in Berlin hinter sich: Service und Restaurantleitungen im „Borchardt“, „Spindler & Klatt“, „Grosz“, „Mani“, um nur einige zu nennen, kann er vorweisen. Dabei ist er eigentlich ausgebildeter Steuerfachangestellter (schadet in der Gastro sicher nicht) und Diplom Grafikdesigner (auch nicht). Seine Frau war zuvor in der Werbung tätig, hat große Tennisprofis gemanagt, für die Heinz-Sielmann-Stiftung gearbeitet und Schmuck gemacht – ein nicht minder facettenreiches Job-Portfolio. Oles Traum vom eigenen Restaurant wollte sie gerne unterstützen, sie ist für alles Administrative zuständig.
Die Stammgäste gaben dem Lubitsch-Team Auftrieb und Zuversicht
Ist es weiterhin ein Traum oder ein Alptraum, jetzt? Es sei ihm, als das mit dem Lockdown losging, schon eine Weile nicht gut gegangen, erzählt der Gastgeber. Auftrieb gaben ihm und dem „Lubitsch“ die Stammgäste. Die kauften Gutscheine kauften und erkundigten sich nach dem Befinden. Berichteten, dass sie ihr zweites Zuhause vermissen würden. Eine Nachbarin habe sogar im Haus geklingelt und die Nachbarn dazu ermuntert, zuzustimmen, dass das Restaurant vorübergehend ein paar Tische im Innenhof aufstellt.
Dass das Team (15 Mitarbeiter*innen) in der Krise zusammenhält, zeigte sich an den Blumen, so Caroline Cordua. An den Blumen? „Die haben von sich aus einen Gießdienst eingerichtet, als im April alle in Kurzarbeit waren“ berichtet sie. Man sagt ja, Betriebsblindheit erkenne man an verwelkenden Pflanzen im Restaurant – hier das vitale Gegenbeispiel.
„Weil wir das Restaurant noch nicht so lange machen, sind wir vielleicht nicht so mit allen Wassern gewaschen wie manche Kollegen“, so die Betreiberin. Das könne einem auch schon mal an die Substanz gehen, erklärt sie. Trotz des guten Zuspruchs der Gäste: Der Unsicherheitsfaktor schwingt immer mit. Im Juli schloss man aufgrund eines Coronafalls in der Kita des Kindes eines Mitarbeiters erneut zwei Wochen – um alle Risiken auszuschließen, was von den Gästen sehr honoriert wurde.
Fliegen auf Sicht: Man tendiert dazu, das Lager etwas weniger zu füllen und lieber noch mal spontan loszufahren, wenn etwas fehlt. Stichwort spontan: Ideen aus der Küche werden gerne kurzfristig auf die Karte genommen, wenn sie funktionieren. Das leckere Rotkohl-Schaumsüppchen, das wir zu Beginn probieren, ist ein Beispiel dafür. „Michi (Küchenchef Michael Weigt, zuletzt in selbiger Position im „Borchardt“, Anm. d. Red.) betrachte ich als Sparringpartner. Wir werfen uns Ideen zu, leiten diese an unsere Lieferanten weiter, und wenn die Qualität stimmt und unser Souschef dann noch auf die abgefahrene Idee kommt, ein Meerrettich-Ravioli dazu zu machen – dann kommt es sofort auf die Karte.
Wir sind beim Dessert angekommen. Bevor wir aufbrechen: Wie geht es nun weiter, liebes „Lubitsch“? Caroline Cordua sagt: „Ich hoffe, dass 2021 ein noch besseres Jahr wird.“ Sie lacht, wir auch. „Im Ernst. Ich denke, wir werden eine Methode finden, mit Corona besser umzugehen.“ Als Betrieb, aber auch als Gesellschaft. Und Ole, der gut mit dem Service beschäftigt ist, stößt noch einmal kurz dazu. „Wir haben ja gerade erst richtig angefangen. Das hört jetzt nicht auf. Wir machen einfach weiter.“