Discotheken sind Orte der Freizeit, des Eskapismus und des Hedonismus. Das bedeutet aber nicht, dass ein wichtiges Branchenthema wie Nachhaltigkeit vor der Tür warten muss. Es kommt nur drauf an, wie man es angeht.
Klare Sache: Wo laute Musik erklingt, Menschen feiern und den Alltag hinter sich lassen, da braucht niemand mit dem erhobenen Zeigefinger zu kommen. Das dürfte sich schnell als geschäftsschädigend erweisen. Und trotzdem: Dass der Planet in Plastik zu ersticken droht und dass in Gastronomien jede Menge Müll produziert wird, ist wirklich nicht mehr von der Hand zu weisen. Man denke nur an das ganze Umverpackungsmaterial und an die ganzen Einweg-Gebrauchsgegenstände, das am Ende einer Betriebsnacht in einer Discothek an- bzw. abfällt. Und das erst recht, wenn in der Nacht noch eine Konsumgüter-Promotion im Betrieb stattfand.
Den Plastikhalm beim Schopfe packen
Wie lässt sich der Spagat zwischen Nichtbelehrung und Nachhaltigkeit gekonnt meistern? Ein guter Start ist der Plastik-Trinkhalm: Bislang scheinbar unverzichtbarer Bestandteil vieler Getränke, fliegt er derzeit in vielen gastronomischen Betrieben aus dem Sortiment statt auf den Boden vor dem Tresen. Immer mehr Systeme, Hotelketten, Einzelgastronomien und auch Spirituosen-Unternehmen ließen in der letzten Zeit wissen, dass sie auf die Verwendung der Halme ganz verzichten oder auf umweltfreundliche Varianten zurückgreifen.
Zum Beispiel die Cocktailbarkette Sausalitos, die nun Trinkhalme aus Weizen (gibt es zum Beispiel von Sunny Pipe) verwendet. Wie kam es dazu? Unter dem Hashtag-Motto #refusethestraw wurde bereits vor einigen Jahren in den USA über Social-Media-Kanäle dazu aufgerufen, beim Bestellen eines Getränks auf „bitte ohne“ hinzuweisen. Schließlich verzichteten erste Betriebe von sich aus auf die Verwendung.
Und ist bei einer solchen Veränderungsbewegung erst einmal eine kritische Masse erreicht, dann kommt es zum „tipping point“ – dann ziehen viele nach, bis sich letztlich kaum noch jemand entziehen kann: Der Stadtrat von New York diskutiert aktuell darüber, Plastikhalme ganz aus der Stadt zu verbannen. Und so kann es durchaus sein, dass ein ungefragt ins Trinkglas gesteckter Plastik-Trinkhalm dem Gast schon bald auch in der Discothek in der Provinz sauer aufstößt. Also: Raus damit. Oder auf nachhaltige Alternativen zurückgreifen, neben genannten Weizen-Halmen wären das zum Beispiel Halm aus bruchfestem Glas oder Bio-Strohhalme aus Papier, Kartoffelstärke oder ja, Stroh.
Nachhaltig ist allumfassend
Das ist nur der Anfang – viel mehr als ein Symbol ist der verbannte Plastikhalm dann doch nicht. Um Nachhaltigkeit in einem Betrieb zu implementieren, braucht es einen ganzheitlichen – und nachhaltigen – Ansatz. Und der spannt sich vom Wareneinkauf über Kühltechnik bis zum Personal, denn Nachhaltigkeit schließt den verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Mensch ein (dazu hat Nils Wrage für Mixology einen informativen Beitrag geschrieben). Bei der Ressource Mensch geht es um faire Bezahlung, um geregelte Arbeitszeiten, Arbeitsschutz und Berufsperspektiven. Ein Themenkomplex, der im Bereich Tanzgastronomie ein riesiger ist und an dieser Stelle nur angerissen werden kann.
Doch richten wir den Blick auf den Wareneinkauf: Hier sollten im Sinne der Nachhaltigkeit durchaus mal kritische Fragen ans Sortiment gestellt werden. Wie wird die Spirituose X produziert? Arbeitet das Unternehmen, dessen Marke die Flasche ziert, selbst nachhaltig und wenn ja, wie? Im Zweifelsfall den Außendienstler fragen. Muss es ein aus weiter Ferne importiertes Wasser sein oder ginge auch eine lokale Alternative vom regionalen Brunnen bis zum aufbereiteten Leitungswasser? Woher kommt das Fleisch, das ich in meine Burger im Snackbereich packe? Wie sieht es mit Servietten, Einwegpapiertüchern und Co. aus – gibt es da einen anderen Weg?
Man schaue sich die energieverbrauchenden Gerätschaften an, derer es bekanntlich viele in der Freizeitgastronomie gibt: Müssen sie tatsächlich 24/7 laufen oder gibt es Geräte, die außerhalb der Öffnungszeiten ausgeschaltet werden können? Werden sie von der letzten Schicht auch wirklich ausgeschaltet? Reichen -10 Grad in der Kühltruhe oder müssen es wirklich -25 Grad sein? Wie sieht die Energiebilanz des Glaskühlschranks aus, den der Außendienst von Bier- oder Limonadenfirma XY mir zur Verfügung stellen will (in der Regel immer schlechter als Nichtglas-Varianten)? Muss ich für das Spülen der Gläser wirklich das Spülbecken ununterbrochen mit frischem Wasser fluten?
Alles gehört auf den Prüfstand
Kurz, es gilt: Alles gehört auf den Prüfstand. Und für alles braucht es standardisierte Abläufe und Checklisten, an denen sich alte wie neue Mitarbeiter ständig orientieren können. Chefsache ist dann, die Einhaltung der Prozesse zu kontrollieren. Was nicht nur einen ökologischen, sondern auch einen ökonomischen Effekt mit sich bringt: Wer Müll, Energie und Verschwendung spart, spart langfristig Geld. „Teilweise werden Investitionen in energiesparende Systeme sogar gefördert, Auskünfte erhalten Gastronomen zum Beispiel bei der DEHOGA, der KfW – oder bei uns und unseren Partnern“, erklärt Matthias Tritsch, der Greentable e.V., einen Verein für nachhaltige Gastronomie ins Leben gerufen hat und mit zahlreichen Dienstleistern vom Hersteller umweltfreundlicher Verpackungen bis zum Stromanbieter zusammenarbeitet.
In Anbetracht der Tatsache, dass ein Club durchschnittlicher Größe einen jährlichen Stromverbrauch von etwa 120.000 kWh hat, was dem Jahresverbrauch von über 30 Drei-Personen-Haushalten und einem CO2-Ausstoß von knapp 67 Tonnen pro Club entspricht (Quelle: Green Club Index), sind ressourcenschonende Umrüstungen durchaus einen Gedanken wert – ähnlich, wie es im Discothekenbereich bei der Lichttechnik auf LED-Lampen schon vielerorts vorgenommen wurde und wird. Hierbei lohnt es sich auch, einen örtlichen Energieberater zu konsultieren.
Dieser Beitrag erschien zuerst in disco-Magazin 5/2018.