Zwei Italiener haben sich zusammengetan, nicht etwa um Kaffeekultur in Berlins Mitte zu bringen, sondern chinesische Teekultur. Zu Gast im Teehaus „Nannuoshan“.
Den ersten Guss mit Oolong-Tee kriegt die Katze ab. „Ich wasche den Tee“, erklärt Michela Filippini und gießt das heiße Wasser über die kleine pummelige Figur. „Das bringt Glück.“ Die kugelrunde Katze mit dem freundlichen Grinsegesicht ist das Maskottchen des neuen Teehauses „Nannuoshan“ in den Heckmann-Höfen in Mitte. Der Name leitet sich ab von jenem Berg in Yunnan, China, an dessen Fuße sich eines der wichtigsten Teeanbaugebiete des Landes befindet. Hier landete Filippinis Geschäftspartner Gabriele Messina auf seiner weltweiten Suche nach den besten Tees. Und blieb einige Tage. Die Bauern ließen ihn an der Ernte teilhaben, er schlief auf einer Matte auf dem Boden ihrer Hütten.
Das ist nun rund fünf Jahre her. Messina studierte damals Luft- und Raumfahrttechnik, heute entwickelt er Satelliten-Transportkapseln in der Schweiz. Ziemlich weit weg vom Thema Tee und von Berlin. Und doch haben die beiden Italiener aus der gemeinsamen Leidenschaft für guten Tee hier ein Geschäft aufgebaut. Schon seit anderthalb Jahren verkaufen sie online chinesische Sorten, die sie direkt von kleinen Teegärten beziehen. Ohne Zwischenhandel, ganz nach dem Vorbild der Mutter aller deutschen Food-Startups, der „Teekampagne“ von Günter Faltin. „Wir besuchen die Teegärten, kennen die Leute und wissen, wie sie arbeiten“, erklärt mir Michaela Filippini. Es werden ausschließlich handgepflückte und -verarbeitete, ganzblättrige Tees verkauft, deren jeweiliges Erntedatum den Betreibern bekannt ist.
Nannoushan: Shop, Gastronomie, Tee-Erlebnisort
Und das tut man jetzt auch „offline“ in jenem idyllischen Hofareal, in dem kürzlich auch das Restaurant „Ross“ eröffnet hat: 37 Sorten aus den sechs chinesischen Kategorien – Oolong, weißer, gelber, grüner, schwarzer und post-fermientierter „Pu’er“-Tee – hält man hier vor, Online verkauft man ein Dutzend weiterer Sorten. Dazu gesellt sich feines, kunsthandwerklich hergestelltes Teegeschirr. Schulungen bzw. Cuppings gibt es auch: Zweistündige Workshops, z.B. zu Schwarztees, bietet man ab vier Personen an.
Der Teesalon ist auch Gastronomie: Es gibt 14 Sitzplätze, an denen die Gäste die Tees in drei verschiedenen Weisen genießen können: „Westlich“ in der Kanne serviert, zum Vergleichen im Dreier-Verkostungsset mit kleinen Kännchen oder in der traditionellen „Gongfu Cha“-Methode zum Selbstaufgießen. Torten und Kuchen werden von einer Bäckerei für das Teehaus gebacken, später soll eigenes Food hinzukommen – freilich auch mit den Tees als Zutat. Schon in Kürze startet man mit Sonntagsbrunch und Musik- und Kulturevents.
Wir sind mittlerweile beim dritten Aufguss des Oolong-Tees angekommen. Der Tee hat nun eine dunklere Farbe, er schmeckt kräftiger, feinherber. Die anfangs so kleinen Blätter haben sich vollgesaugt. Fleischig und groß sind sie jetzt. Wir schweigen ein bisschen, im Hintergrund läuft leise Musik. Slow Drinking. Als Vertriebsprodukt betrachtet ist Tee ja eher ein günstiger Schnelldreher. „Es ist ähnlich wie mit Wein“, findet Michela Filippini. „Es gibt Drei-Euro-Wein und solche, für die man 300 bezahlt.“ 300 Euro kosten die Tees nicht, aber immerhin sieben für 50 Gramm. Vergleichsweise sehr viel. Wobei aber, neben der hohen Qualität zu bedenken ist, dass sich mehrere Aufgüsse mit ganz unterschiedlichen Nuancen erzielen lassen. Gastronomen, die Interesse haben, diese Premium-Teevariante anzubieten, können sich bei Interesse einige Samples der Tees kostenlos bestellen.
Und was ist mit Kaffee? Auch wenn die beiden Betreiber aus dem Kaffeeland Italien kommen: Den gibt es hier nicht.
Nannuoshan
in den Heckmann-Höfen
Oranienburger Straße 32
10117 Berlin
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