Die Künstlerin und Pralinen-Handwerkerin Kristiane Kegelmann hat Ende 2022 ein Restaurant eröffnet, das „Pars“ in Charlottenburg. Es ist ein besonderer Ort für Esskultur geworden.
Wir hatten schon gelesen, wie schön das Restaurant Pars sein soll, doch wenn man dann selbst drin steht, ist es natürlich nochmal ein ganz anderer Eindruck. Es ist wirklich schön. Viele kleine Details ergeben ein sehr atmosphärisches Gesamtbild: Wir sehen minimalistische Bilder, antik anmutende Basreliefs. Eine elegante Beleuchtung und natürliches Licht bis zur blue hour verbinden sich. Halbtransparente Vorhänge trennen die beiden Gasträume – vorne ein communal table und zwei Fensterplätze, hinten Einzeltische mit klassischen Bugholzstühlen. Ein Materialmix vom durchsichtigen Kunststoff über massives Holz bis zum matten Edelstahl sorgt für optische Abwechslung – auch bei der extravaganten Tableware.
Trotz der Vielheit hat das Interieur einen fast, wir betonten fast, sachlichen Charakter. Der Raum wirkt größer als er tatsächlich ist (nämlich rund 80 Quadratmeter). „Ornament is crime“, lautet ein Kunstclaim – im Pars scheint alles eine „Aufgabe“ zu haben. Die Musik ist auch gut. „Es ging uns nie darum, nur hübsch zu sein. Wir haben uns viel mit dem Raum beschäftigt: Was soll hier passieren?“, erklärt uns Betreiberin Kristiane Kegelmann. Die Antworten darauf fand man zusammen mit gleich zwei Architekturbüros – DMTK aus Wien und Some Place Studio, Berlin.
Kegelmann, bildende Künstlerin, ist in der Foodwelt mit ihren ikonischen Pralinen bekannt geworden, die sie seit 2017 in Handarbeit herstellt – zunächst im Atelier im Prenzlauer Berg, später gab es dann einen Shop in Kreuzberg. Die Produktion hat sie nun in die Räume der Walter Confiserie verlagert. Einmal im Monat stellen sie und ihr Team nun dort die Hohlkörper her. Die Füllung der kantig geformten, metallisch schillernden Pralinen, die (mich jedenfalls) immer ein wenig an das Tyrell Corporation Building aus dem Kultfilm „Blade Runner“ erinnern, erfolgt wöchentlich im Restaurant, am Schließungstag.
Das „Pars“ ist Nachfolger des legendären „Café Savigny“ in der Grolmanstraße, Charlottenburg, welches nach 40 Jahren im Frühjahr 2022 schloss. Die schmucken Reliefs, bei KPM gefertigt, wurden von der Vorgängerin übernommen. Ein kleines Relikt. Konzeptuell ist man indes ganz anders ausgerichtet – es war auch der Wunsch der „Savigny“-Betreiberin, dass es kein 2.0 wird. „Pars“ ist aber auch kein um die Praline herum gebautes, „süßes“ Gastronomiekonzept oder ein Dessert-Restaurant wie das Coda.
Im Zentrum steht eine regional-saisonale Produktküche, serviert als Sechsgang-Menü. Alternativ gibt es, ein interessanter Ansatz, u.a. um Walk-Ins bedienen zu können, ein frühes Dinner mit À-la-carte-Angebot zwischen 17:30 und 19:30 Uhr. Die Speisen kreiert Küchenchefin (und Konditorin) Alina Jakobsmeier mit ihrem Team – alle Mitarbeitenden des Restaurants werden übrigensauf der schönen Webseite vorgestellt. Und nicht nur die: Auch die Erzeuger*innen, mit denen man zusammenarbeitet, macht man schöner Weise transparent. „Wir kooperieren mit Menschen, die unsere Werte teilen. Daraus entstehen unvergleichliche Lebensmittel“, ist auf der Karte zu lesen. Aufgelistet werden u.a. der Erdhof Seewalde, Domberger Brotwerk, Holger in’t Veld und Wilmars Gärten – ein Ensemble namhafter Genusshandwerker*innen, vornehmlich aus der Region.
Die Speisen werden von biodynamischen Weinen begleitet. Kuratiert von Restaurantleiterin Sophie Skowronek, sind sie allesamt aromatisch eigen und ausdrucksstark, aber nicht so trüb-funky wie in mancher Neuköllner Naturweinbar – was ihrer Funktion als Begleitung sehr zuträglich ist. Auch alkoholfreie Alternativen, etwa die fast schon Kultcharakter habende Champagner-Bratbirne von Jörg Geiger, werden ausgeschenkt. Für gefiltertes Wasser werden pauschal faire drei Euro pro Tisch und Abend aufgerufen. Das Menü ist ein kulinarisches Vergnügen vom Kohlrabi mit Eigelb, Hollandaise und Bärlauchöl über den Stör mit Sauerampfer-Kruste (Koch Florian Zeissig bezeichnet den Gang als hauseigene „Hommage an das Schlemmerfilet“, wer erinnert sich an die Werbung mit dem Teller in Fischform, der zu singen beginnt?) bis zum pochierten Rhabarber mit Estragoneis und Schlagsahne.
Und die Pralinen? Die gibt es zum Predessert, bei uns gefüllt mit Milchreis und Appelstroop, und natürlich werden sie auch zum Verkauf für daheim angeboten – auch schon tagsüber. Kristiane Kegelmann ist also weiterhin Pralinenproduzentin, nun aber eben auch Gastronomin. Wie fühlt sich das an? „Sehr gut. Wir haben ein schönes kleines Team und arbeiten eng zusammen.“ Und für den Gast – jedenfalls gilt das für uns – fühlt es sich auch sehr gut an.