Pizza ist das wohl allgegenwärtigste italienische Food-Produkt. Doch das, was bei uns als Pizza serviert wird, hat mit dem Original aus Neapel nur wenig zu tun – Beläge von Thunfisch über Bolognesesauce bis zum Domestic-Adventure-Klassiker Hawaii sind Auswüchse bzw. Verselbständigungen. Back to the roots hingegen heißt es im Prenzlauer Berg: Schon jetzt gilt die Pizza von Standard Berlin als eine der besten der Stadt.
Florian Schramms Mission: echte neapolitanische Pizza servieren, ganz nach den strengen Prinzipien der AVPN („Associazione Verace Pizza Neapoletana“). Die hat in vielen Einzelregularien festgelegt, wie authentische Pizza aus Neapel, ihrem Geburtsort, zu sein hat. Und zwar so: Es wird nur das glutenreiche Mehl „Tipo 00“ verwendet. Mit Hefe, etwas Meersalz und Wasser wird der Teig angerührt, damit dabei keine – die Fermentation beschleunigende – Wärme entsteht wie bei herkömmlichen Rührgeräten, greift hier ein 60 Jahre alter Hubteigkneter aus einer alten deutschen Bäckerei unter den Teig. Dann ruht der Teig, anders als in vielen Pizzaschmieden, wo er aus Zeit- und Effizienzgründen direkt mit Tomatensauce bestrichen wird. 16 bis 30 Stunden schreiben die Regeln vor, ungekühlt. Slow Fermentation, die dafür sorgt, dass der Teig später sehr bekömmlich ist – der berühmte schwere Magen nach dem Verputzen eines Teigrunds bleibt aus. „Ich habe abgenommen, seit ich Standard betreibe. Und ich esse fast jeden Tag Pizza“, erzählt Schramm lachend.
Standard Berlin: Die Zutaten machen den Unterschied
Tomatenmark hatten wir ja schon erwähnt. Das bleibt hier weg. Es kommen nur frische Tomaten auf die Pizzen, und es werden nur Tomaten mit Herkunftsangabe verwendet: Sie kommen dem kleinen Anbaugebiet San Marzano am Fuße des Vesuvs. 212 Bauern züchten diese längliche Sorte. Sie wird im „Standard“ handgequetscht, auch der Samen wird verarbeitet. Pecorino und „Fior di Latte“, frischer Mozzarella aus einem Bergdorf südlich von Neapel dazu, etwas frischer Basilikum, ein Schuss Öl aus dem Kännchen: fertig ist die Margherita. Wer die „DNA“ der neapolitanischen Pizza erschmecken will, sollte sie wählen hier. Daneben gibt es sieben Sorten wie „Salami Napoli“ oder als Hommage an die hiesige Region die „Taste of Brandenburg“. Ohne Tomaten, mit Kartoffelscheiben und Wildschwein-Salsiccia.
Bis hierhin könnte jeder Pizzaladen sagen: Ok, das bekomme ich auch hin. Aber jetzt kommt der gasbetriebene Ofen ins Spiel. Der ist ein handgearbeiteter Kuppelbau von „Stefano Ferrara Forni“ und kommt direkt aus Neapel. Gerade mal 100 Öfen im Jahr stellt die Manufaktur her, die Warteliste ist lang. 10.000 Euro hat das Teil gekostet und ein Spezialunternehmen, das sonst Tresore transportiert, hat ihn erst nach Ausbau der Türen durch den Eingang der schmucken Ecklocation gekriegt. Die letzten zehn Meter Transport seien teurer als der Rest der Anreise gewesen, berichtet der Betreiber.
Eine Pizza braucht 60 Sekunden
460 Grad misst das Infrarot-Temperaturmessgerät im Innenraum des Ofens, dessen Pizzasteine aus einem Lavastein-Erzsorten-Gemisch hergestellt werden. Pizza rein und Augen auf, es geht wahnsinnig schnell: Nach 15 Sekunden hebt sich der Teigrand, nach 25 Sekunden wird er leicht bräunlich, der Käse schmilzt. Nach 30 Sekunden ist Halbzeit, die Pizza wird gedreht. Nach 60 Sekunden ist sie fertig. Innen weich-fluffig, außen mit leichtem Knusperfilm. Sie bröselt nicht, lässt sich aufreißen wie bei ein Fladenbrot. Heiße Luft entweicht, es riecht frisch. Ganz anders, als Pizza sonst riecht. Ein neuer Standard.
Standard – Serious Pizza
Templiner Straße 7
10119 Berlin
www.standard-berlin.de
Editierte Version meines Beitrags „Die Weiße Kunst“ über neapolitanische Pizza, erschienen zuerst in der FIZZZ Juni 2015.
2 Kommentare
Hört sich gut an. Danke für den Tip, wird demnächst getestet!
Gute Pizza. Nur der Rand könnte etwas schmaler sein.