Für Unternehmer in der Gastronomie gibt es keine Ausbildungsvoraussetzung. Jeder kann – sofern er das nötige Kleingeld hat und die behördlichen Auflagen erfüllt – ein Restaurant, ein Café oder eine Bar eröffnen. Jeder – wirklich jeder… Als Quereinsteiger musste ich mir seinerzeit aber oft anhören: „Du bist ja gar kein Gastronom!“. Kann man trotzdem erfolgreich sein? Oder sind nicht oftmals die Quereinsteiger die erfolgreicheren Gastronomen?
Wird man als Gastronom geboren? Ist nicht jeder von Geburt an zunächst einmal Nicht-Gastronom? Wird man ausschließlich durch eine Ausbildung als Koch oder als Restaurantfachmann zum Gastronom? Oder reicht schon die Ausbildung zum Fachmann in der Systemgastronomie?
Ich habe auf solche Diskussionen immer geantwortet: Ich bin auf keinen Fall Wirt, noch nicht einmal Gastronom, sondern einfach nur Unternehmer. Ich glaube nicht an die verblendete Romantik, dass der Wirt bis spät in die Nacht noch Bierchen mit seinen Gästen trinkt, weil er sie so sehr liebt. Wir brauchen in der Gastronomie vor allem Gründer, die unternehmerisch denken, die ihr Unternehmen im Griff haben. Es ist eben der Unterschied zwischen dem Gäste-Glücklichmachen und der Führung eines Unternehmens, das Gäste glücklich macht.
Um es vor wegzunehmen: Ich bin ein absoluter Fan von Quereinsteigern! Denn sie sind meist auch Querdenker. Sie bringen mit ihren oft unkonventionellen Ideen frischen Wind in die Gastro-Welt. Ihr Vorteil ist, dass sie noch nicht wissen, was alles nicht funktionieren wird und vor welche Wände sie rennen werden. Naivität macht Mut. Ich meine das ernst.
Als langjähriger Gastronom traut man sich nämlich nicht mehr so viel zu wie vielleicht zu Beginn der Gastro-Karriere. Man trägt zu häufig Scheuklappen. Scheuklappen, die dafür sorgen, dass man die bösen Dinge links und rechts des Weges möglichst nicht mitbekommt und ihnen somit einfach aus dem Weg gehen kann.
Aber Gastronomie lebt von neuen, spannenden Ideen. Konzepte, die es in dieser Form noch nicht gegeben hat. Der Gast lechzt nach Neuerungen. Er will etwas erleben. Er möchte seine Abenteuerlust bequem im Restaurant ausleben; sich mal eben eine kleine Weltreise auf der Zunge zergehen lassen oder sich wie in einer Almhütte in den Bergen fühlen. Wir benötigen aber die Quereinsteiger, die sich oftmals für die Weiterentwicklung der Gastronomie ihre Finger verbrennen. Aber das „Finger verbrennen“ und „vor Wände laufen“ können auch die Quereinsteiger minimieren. Sie benötigen unbedingt Tipps von erfahrenen Gastronomen und eine gute Unterstützung von Gründerberatern. Im besten Fall haben diese Berater selbst schon für eine längere Zeit einen eigenen Betrieb in der Gastronomie gehabt.
Denn eines ist klar: Praktische Erfahrung schadet auch dem Gründer nicht. Er muss wissen, worüber er spricht. Zum einen, um die Arbeit seiner Mitarbeiter zu wertschätzen, aber auch, um nicht übers Ohr gehauen zu werden. Somit sollten Quereinsteiger unbedingt einige Monate zumindest als Mini-Jobber in der Gastronomie (am besten in einem dem eigenen Konzept ähnlichen Betrieb) arbeiten. Dabei ist es letztlich egal, um welchen Posten es sich handelt. Die wichtigsten Abläufe bekommt man selbst als Spüler mit, wenn man die Augen offen hält und interessiert ist.
Nächstes Mal: R wie Reklamation – mache deinen Feind zum Freund
Das Gastro-Gründer-ABC auf nomyblog begleitet Sie vierzehntägig mit den wichtigsten Themen von A bis Z. Der Autor Ralf Klümper war bis 2017 selbst zehn Jahre Gastronom in Essen („Die Insel“). Seine Praxiserfahrung vermittelt er seitdem als Gastro- und Gründerberater und schreibt für Gastro-Blogs und Fachpublikationen.