R wie Reklamation – mache deinen Feind zum Freund: das Gründer-ABC

von Ralf Klümper
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Illustration: Susann Massute

Wer glaubt, dass sein Betrieb perfekt funktioniert, ist sicher weit von der Realität entfernt. Nirgendwo läuft es immer optimal. Jede Beanstandung ist somit eine Chance, Dinge zu verbessern. Reklamationen sind nichts anderes als kostenlose Qualitätskontrollen.

Was tut ein Gast, der mit der Leistung des Restaurants nicht zufrieden war? Die meisten Gäste beschweren sich überhaupt nicht, sondern wechseln stillschweigend zum Wettbewerber. Einige kommunizieren ihre schlechten Erfahrungen im Freundes- und Bekanntenkreis. Die Wenigsten reklamieren tatsächlich direkt im Restaurant.

Wenn du also einmal einen unzufriedenen Gast hast, der sich die Mühe macht, dir das mitzuteilen, sei froh darüber und sieh es als Chance. Es ist eine Art Unternehmensberatung. Das ist auf jeden Fall besser, als ein Gast, der seine Unzufriedenheit in die Welt trägt. Gerade in den sozialen Netzwerken verbreiten sich negative Beiträge deutlich schneller, als uns lieb ist.

Reklamationen sind grundsätzlich ein hervorragendes Mittel, um Schwachstellen im eigenen Unternehmen zu erkennen und abzustellen. Und eine gute Reklamationsbehandlung hilft, Gäste zu binden. So kannst du aus dem vermeintlichen Feind sogar einen Stammgast machen.

Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass man Gästen, die man nicht mehr wiedersehen möchte, auch nicht alle Wünsche erfüllen muss. Im Gegensatz zu vielen meiner Beraterkollegen bin ich nicht der Meinung, dass der Kunde immer König ist und wir Gastronomen nur die Wunscherfüller sind.

Es gibt nämlich Gäste, die immer etwas zu meckern haben, um daraus Profit zu schlagen. Zum Beispiel, um den Preis zu drücken oder ein Getränk oder Dessert kostenlos zu bekommen. Das hat durchaus manchmal kriminelle Tendenzen. Solche Gäste wird man logischerweise nie zufrieden stellen können. Und ganz ehrlich: Will man solche Gäste noch einmal bei sich sehen?

Aber wie kann ich solche Reklamationen von berechtigten herausfiltern?

Meist sind diese unangenehmen Gäste daran zu erkennen, dass sie sich nicht zu Beginn des Essens beschweren, sondern erst, wenn der Teller (fast) leer ist. Der Service sollte also unbedingt zwischendurch nach dem Rechten schauen und nicht erst beim Tellerabräumen.

„Schmeckt nicht“ ist übrigens kein Reklamationsgrund im engeren Sinne. Die Geschmäcker sind halt verschieden. Es muss vielmehr ein objektiver Mangel vorliegen; sei es, weil das Essen zu kalt oder versalzen war, das Fleisch angebrannt oder die Nudeln zu matschig waren. Daher sollte der Service nie fragen „Hat es Ihnen geschmeckt?“ sondern eher „War alles in Ordnung?“

Es ist auch nicht schlimm, wenn es nicht jedem bei dir gefällt oder schmeckt. Man kann nicht „everybody’s darling“ sein. Das würde dein Konzept verwässern. Mit der Zeit wirst du dir sicher dein Stammpublikum heranziehen.

Aber wie sollte ich reagieren, wenn es zu einer Beschwerde kommt?

Das Wichtigste ist – auch wenn es schwer fällt – eine Reklamation nicht persönlich zu nehmen. Das ist sehr schwierig, wenn der Gast dir gegenübersteht und seine Beschwerde vorträgt. Insbesondere dann, wenn es weitere Gäste im unmittelbarem Umfeld gibt, denn dann will, ja muss der Gast unbedingt gewinnen. Diskussionen führen in einem solchen Fall zu nichts. Es wird nur noch emotionaler und lauter. Und in Sekundenschnelle übertragen sich öffentliche Reklamationen auf weitere Gäste in der Nähe.

Gastronomie ist Psychologie. In solchen Fällen solltest du aufmerksam zuhören und den Gast nicht unterbrechen. Schuldzuweisungen sind auf jeden Fall zu vermeiden. Für den Gast ist es völlig unerheblich, wer den Mangel verursacht hat. Deshalb sollte das niemals vor dem Gast diskutiert werden.

Wichtig: Versuche, selbst nicht emotional zu antworten, sondern nur analytisch auf das schauen, was schief gelaufen ist. Was hat sich der Gast anders vorgestellt? Wo wurden seine Erwartungen nicht erfüllt? Da geht es oft schon um simple Formulierungen…

Falsch: „Das geht jetzt nicht.“
Richtig: „Das ist aktuell nicht möglich, aber ich kann Ihnen Folgendes anbieten.“
Falsch: „Da irren Sie sich.“
Richtig: „Da liegt ein Missverständnis vor.“
Falsch: „Das weiß ich nicht.“
Richtig: „Ich werde mich gerne für Sie informieren.“

Eine aufrichtige Entschuldigung hilft. Schon wandelt sich der Sturm zu Wind. Und das Schönste ist doch: Der nächste Gast weiß nichts von den Missgeschicken von eben :-)

Wie kann ich sogar aktiv Gästereaktionen „provozieren“?

Die beste Art, Feedback einzuholen, ist Zufriedenheits- oder Response-Karten auszulegen. Auf denen vermerkt der Gast, was ihm gefallen hat oder eben auch nicht. Der Vorteil dieser Karten ist, dass Fehler oft schon im Vorfeld abgestellt und Schwachstellen durch Mehrfachnennung besser erkannt werden können. Und vor allem landet jegliche Kritik bearbeitungsfähig auf dem Schreibtisch des Inhabers.

Nächstes Mal: S wie Scheitern – Existenz gegründet und verloren?

Das Gastro-Gründer-ABC auf nomyblog begleitet Sie vierzehntägig mit den wichtigsten Themen von A bis Z. Der Autor Ralf Klümper war bis 2017 selbst zehn Jahre Gastronom in Essen („Die Insel“). Seine Praxiserfahrung vermittelt er seitdem als Gastro- und Gründerberater und schreibt für Gastro-Blogs und Fachpublikationen.

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