Mit neuem Küchenchef, Menüs und Produkten aus Brandenburg: Das Neuköllner Tisk startet durch

Bald bietet man eine Lieferplattform auch für andere Restaurants an

von Jan-Peter Wulf
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Jan Rzehak und Hyun Wanner. Foto: Tisk

Fast fünf Jahre ist es her, seit wir das Neuköllner Restaurant „Tisk“ mit seinem Konzept der Berliner Küche 2.0 vorgestellt haben – und natürlich ist auch hier seitdem einiges passiert. Höchste Zeit für einen neuen Besuch. 

Die damaligen  Köche und Gastgeber Kristof Mulack und Martin Müller sind weitergezogen – Mulack arbeitet frei und unterstützt u.a. das Brlo Brwhouse bei seinem neuen Catering-Geschäft, Müller kocht im Oukan Dining. Das neue Führungsduo der Tisk Speisekneipe besteht aus Gastgeber Hyun Wanner der Anfang 2020 vom „Dae Mon“ herüber wechselte und somit, kann man sich ja denken, eine interessante Zeit mit dem Restaurant erlebt hat. (So großartig wir die Lockdown-Schlemmerbox fanden – möge es sie nie wieder geben müssen). Ihm zur Seite steht, ganz neu seit Ende 2022, Jan Rzehak, der bei Christian Lohse im „Fischer’s Fritz“ gelernt und lange Sous Chef im „Cookies Cream“ war.

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Fotos: Redaktion

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Matjes-Stulle

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Blutwurstkrokette

Trotz des neuen Teams: Auf den ersten Blick wirkt vieles vertraut. Die wehenden, geschwungenen Vorhänge über dem Tresen, das Licht, das Flair des Ortes, der sich ja geradezu versteckt in einer Neuköllner Ecke. Geblieben ist auch die Berliner Klassik in Neuinterpretation, bzw. ihr wurde mit einem der zwei Menüs – à la carte gibt es nicht mehr – eine neue Bühne gegeben: Blutwurst-Kroketten, Matjes-Stulle, Schwarzfederhuhn, Rote Grütze 2.0 werden unter anderem im „Old Friends Menü“ präsentiert, das man je nach Lust und Hunger als Drei- oder Fünfgangmenü wählen kann. Oder man nimmt das „Tisk Menü“ und bekommt z.B. Onsenei, eine glasierte Schwertmuschel oder ein Flanksteak serviert. Und für beide Menüs gibt es eine vegane Alternative.

Überhaupt: Gemüse. Ob als Beilage oder als Hauptelement der Gänge – vieles, was aufgetiskt wird, stammt aus eigener Produktion. Denn die Betreiberfamilie Walter besitzt eine eigene kleine Farm in Brandenburg. Rund um eine alte Schmiede werden dort 1.500 Quadratmeter Feld bestellt. Was erstmal nicht nach viel Fläche klingt. Doch der Ertrag ist ordentlich: „In der Saison von Mai bis Ende Oktober kommen bestimmt 70 Prozent unseres Gemüses und der Kräuter von der Farm“, erklärt uns Hyun Wanner. Dienstag ist Liefertag, dann hält ein Kofferraum voller Salate, Kohlköpfe, Möhren, Kressen und Kräuter vor dem Restaurant. „Wir bekommen auch Meerrettich oder Physalis. In der Tomatensaison acht oder neun verschiedene Sorten. Daraus machen wir einen einfachen Teller, schneiden verschiedene Scheiben auf, tun ein paar  Majopunkte und die Leute sind begeistert. Die Qualität ist enorm spannend.“

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Zander mit Lauch, Salzzitrone und mariniertem Farmgemüse

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Onsenei mit Palmkohl , Labneh und Verjus

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Flank Steak mit Fenchel, Pastinake und Meerrettich

Mittlerweile werde vom Restaurant aus auch auf die Anbauplanung eingewirkt und zukünftig wohl noch mehr, während vieles zuvor recht spontan geschah: „Wenn da eine Riesenkiste Topinambur kam, dann haben wir uns eben zügig was dazu ausgedacht.“ Mit Jan Rzehak, der viel Erfahrung aus der vegetarischen, sprich pflanzenorientierten Küche von „Cookies Cream“-Küchenchef Stephan Hentschel, sei dies die perfekte Spielfläche (was der neue Chefkoch uns vermutlich bestätigt hätte, er hat an diesem Abend frei). In der Küche arbeiten mit Rzehak vier Leute, zwei davon in Teilzeit, drei weitere im Service, hinzu kommen zwei Aushilfen. Wanner, mittlerweile wieder viel als Schauspieler tätig, kann sich bei längeren Drehs auch mal mehrere Tage rausziehen, wie er berichtet. Zudem sind er und Rzehak, auch das ist ein immer häufiger in der Gastronomie anzutreffendes Modell, am „Tisk“-Erfolg finanziell beteiligt, ohne in die Haftung gehen zu müssen, sollte es nicht gut laufen.

Wonach es aber derzeit so gar nicht aussieht. Die Reservierungen seien stabil, erfahren wir, und die Umstellung auf Menüs habe sich wirtschaftlich ausgezahlt. Das klingt gut. Für das Jahr 2023 gibt’s überdies noch ein neues Projekt: Die Erzeugnisse von der eigenen Farm will man mit jenen weiterer Brandenburger Höfe, die nach Permakultur-Prinzip arbeiten, sowie Genusshandwerker*innen (u.a. Kräuter der Provinz und Bilderbuchbrote sowie ein Fischereibetrieb) bündeln und auf einer Lieferplattform für die Berliner Gastronomie zusammen führen, sodass auch andere Restaurants bestellen können. Noch wird an der Logistik gefeilt, doch im besten Falle kann schon im Sommer bestellt und ausgeliefert werden.

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