Es ist immer wieder spannend, in Flächen zurück zu kehren, die man noch vom vorherigen Betrieb (oder gar dem vorvorherigen oder beiden) kennt. Erkennt man außer dem Grundriss noch was wieder? Wo zuvor die Naturweinbar „Wild Things“ war (seinerzeit eine der ersten in Neukölln, heute kommt man auf ein knappes Dutzend), ist nun das venue café & bistro.
Was heißt nun: Es sind schon viereinhalb Jahre seit der Eröffnung im November 2018 vergangen. Und nicht wirklich viel erinnert an den Vorgänger – aus der wilden Weinbar ist ein Frühstücks- und Tageskonzept mit Kiezflair geworden. „Wir haben auch praktisch nichts übernommen“, klärt uns Giacomo Patani auf.
Der gebürtige Italiener, der als Kind nach Berlin (genauer: Kleinmachnow) kam und u.a. im Ex-„Cinco“ (Das Stue Hotel) gekellnert hat, übernahm die Location zusammen mit seiner Frau, Ex-Kommilitonin und Geschäftspartnerin Anna – und nur zwei Monate nach dem Opening kam das erste Kind der beiden, mittlerweile sind es zwei. Entsprechend anstrengend war die Zeit nach dem Start.
Low-Budget-Start
„Wir sind low budget gestartet mit 50.000 Euro. Ein Gutteil davon ging in die Einrichtung – Fliesen, Dielen, Equipment“, so Patani. Man habe sich ziemlich reingehängt, viel ausprobiert und geschaut, welches Angebot funktioniert und was weniger, erinnert er sich. „Es war eine intensive Lernzeit. Eigentlich pendelt sich alles erst seit dem letzten Jahr richtig ein.“
Davor erlebten wir ja auch zwei Jahre, in denen sich in keinem Betrieb etwas einpendeln konnte – und wie hat man im „Venue“ die Coronazeit erlebt? Im ersten Lockdown blieb man komplett zu, restartete dann im Sommer 2020 als reiner Cafébetrieb, um dann wieder zu schließen und im Frühjahr 2021 zunächst mit Kaffee zum Mitnehmen loszulegen.
Nach dem zweiten Neustart begann man dann, das Thema Food zu forcieren und hat nun das Frühstückskonzept verfeinert: Konnten sich die Gäste zuvor je nach Hunger 3, 5 oder 7 Sachen auswählen – was mitunter zu Irritationen führte, denn es war eher für eine Person als fürs Sharing gedacht, kalkuliert und portioniert – ist man nun auf größere Einzelportionen umgestiegen, die sich die Gäste aus dem Sortiment durch Ankreuzen mit dem Stift aussuchen. 4 Items bilden ein reguläres Frühstück, zu zweit nimmt man dann acht Sachen. Welche – freie Auswahl.
Von der Kalkulation geht’s auf, so der Chef, weil die meisten gemischt wählen (und nicht viermal den Lachs, dürfen sie aber). Mehr Hunger, mehr Items, kein Problem, wird einfach dazu berechnet. Croissant (Pistazie: mega), Brot und/oder geschlagene Butter können ebenso separat (nach)bestellt werden. Das Frühstück ist vielseitig vom Kräuter-Frischkäse-Quark mit Chicorée über Eier vom Birkschen Biohof Vierlinden (gekocht, gespiegelt oder pochiert) bis zum frittierten Blumenkohl mit Harissa-Joghurt, den man unbedingt ankreuzen sollte.
Wir haben uns zur Peaktime eingefunden – Sonntagvormittag, zudem Schrottwetter – und der Laden ist voll, einige Walk-ins müssen weitergeschickt werden. Bis zum Frühling mit Terrassengeschäft ist es noch etwas hin, da ist trotz großem hinterem Raum mit reichlich Sitzplätzen irgendwann die Kapazitätsgrenze erreicht.
Doch trotz brummender Bude – kein sichtbar gestresstes, augenscheinlich statt dessen gut gelauntes Personal. „Ich denke, wir haben hier einen guten und netten Umgang miteinander“, sagt Patani, der die ganze Zeit mit anpackt, ebenso wie seine Frau. „Viele im Team sind schon lange dabei.“ Eine Mitarbeiterin habe wegen Studienabschluss und Wegzug aufgehört, dafür eine hergezogene Freundin vermittelt. „Wir sind gut aufgestellt.“
Noch ziemlich frisch im Team ist Küchenchef Nico Goll – früher Executive Chef im „Fischers Fritz“ bei Christian Lohse im „Regent Hotel“. Er hat das neue Frühstückskonzept und -angebot ausgearbeitet. „Unser Wunschkandidat, der uns auch bei kommenden Projekten begleiten soll“, so Patani. Denn es soll nicht bei einer Gastronomie bleiben. Stadtteilungebunden schaut man sich bereits nach Flächen um: „Es soll weiterhin Tagesgeschäft sein. Das passt einfach am besten für uns und zu uns.“