Größer denn je zuvor war der Bar Convent Berlin in diesem Jahr, und das brachte auch mehr Vielfalt denn je mit sich.
So gab es einen eigenen Hallenbereich nur für italienische Produkte (Liköre, Bitters, Brände und mehr), da gab es die wahnsinnig spannenden Shochu-Erzeugnisse aus der subtropischen japanischen Präfektur Kagoshima. Zudem den flüssigen Beweis, dass Cachaça auch gut schmecken kann und nicht in braunem Zucker ertränkt werden muss (erbracht vom diesjährigen Partnerland Brasilien). Plus der von mir völlig sträflich vernachlässigte Craft-Bier-Bereich (aber zum Glück gibt es mittlerweile viele Möglichkeiten, Craft Bier zu entdecken, auch ganz außerhalb der Messen). Meine 7 Entdeckungen vom Bar Convent Berlin 2015 stammen indes alle aus hiesigen Gefilden. Los geht´s.
1. Birds Weissbrand
„Birds Weissbrand“ versammelt Botanicals aus allen Kontinenten, vom Apfel über Eukalyptus bis zu rosa Pfefferbeeren. Die kommen – und das unterscheidet vom Gin – in einen zuvor aus Rieslingwein destillierten Brand. Das Mazerat lagert vier Tage, wird noch mal durchgebrannt, auf rund 42% Vol. Trinkstärke reduziert und lagert dann einige Wochen im Edelstahlfass, das zwischenzeitlich gelüftet wird. Man sei eine Mischung aus Obst- und Weinbrand, erklärt man mir am Stand. Schmecken tut es hervorragend, die Botanicals mit der Weinnote – klasse. Pur oder mit Tonic Water als, „Post Gin Tonic“ (denn mit diesem Produkt beginne die „Post-Gin-Ära“, vermuten die Kollegen von „Eye For Spirits“). Es ist schon das zweite Produkt der „Weissbrand Distilling Company“ von Julian Fichtl, Lukas Fichtl und Lukas Porschen, man hat vor einiger Zeit schon einen Trauben-Weissbrand mit hippem Packaging in die Welt gebracht, „The Wolf“.
www.weissbrand.de
2. Ferdinand´s Saar Dry Riesling Vermouth
Botanicals? Riesling? Gin? Da war doch schon mal was. Richtig: Ferdinand’s Saar Dry Gin. Tolles Produkt mit Riesling-Trauben des Weinguts Zilliken aus Saarburg in Rheinland-Pfalz. Danach kam ein Quitten-Gin, ein fantastischer Goldcap, zudem Bitters und jetzt Vermouth. Liegt ja nahe bei den Trauben. Ein recht trockener ist es geworden, der Name sagt es schon. Fürs Mazerat verwendet man unter anderem Weinberglauch und Liebstöckel. Ein Vermouth mit 18% Vol., angenehmer Säure, leichter Bitterness, herzhaft im Nachklang. Der vor allem auch fürs Mixing genutzt werden soll, so die Standinfo. Nun ja: Wenn man die Bitters hinzunimmt, kann man mit der Ferdinands-Range ja schon einen „saargebrandete“ White-Negroni-Variante mischen.
www.saar-gin.de
3. Amanero
Einen waschechten Bitterlikör, und zwar auf dieser Seite der Alpen, stellt die Familie Schnitzer aus dem Chiemgau her: „Mondino“ heißt er und ich bin ein Fan. Jetzt gibt es neben dem Aperitiv- auch ein Digestifprodukt mit 31% Vol.: Der „Amanero“ (Bio-Qualität) basiert auf einer Rezeptur von Schnitzer sen., die er aus der Lehre in Italien in den 1960ern mitgebracht hat. 30 Kräuteressenzen lagern acht Monate lang im Barriquefass, u.a. Schafgarbe, Wacholder, eine Kaffee-Infusion aus 100% Arabica-Bohnen und Artischocken aus der Hallertau. Nein, nicht Hopfen. Artischocken. Wer kennt sie nicht, die berühmte Hallertau-Artischocke? Eine High-End-Version, die in Münchener Spitzenrestaurants gerne zum Kochen verwendet wird, erklärt man mir am Stand. Im vorerst auf 2.000 Flaschen limitierten Produkt sorgt er für eine lang anhaltende Bitternote.
www.amanero.de
4. Belsazar Vintage Rosé
Auf 2.000 Flaschen limitiert, und das wohl dauerhaft, ist auch der neue „Vintage Rosé“ von Belsazar Vermouth. Es ist schon das fünfte Produkt der jungen Marke, gegründet von Maximilian Wagner, Sebastian Brack und Philipp Schladerer – Sohn jener Brennerfamilie, die für ihre gleichnamigen Obstbrände bekannt ist (die sich ebenfalls auf dem BCB mit Schwerpunkt Mixability präsentierten). An deren Sitz im Schwarzwald wird produziert, gelagert und abgefüllt, von Berlin aus wird vertrieben. Nach „Red“, „Rosé“, „White“ und „Dry“ nun also der „Vintage Rosé“ (19,5% Vol). Mit Rosé bringt man ja eher junge Weine in Verbindung, hier werden bis zu fünf Jahre alte Weine verwendet, die man von Weingütern aus dem Markgräflerland und dem Kaiserstuhl bezieht. Ein schönes Geschmacksprofil u.a. mit Noten von Kirsche, Bittermandel und Honig.
www.belsazar-vermouth.de
5. Ginn & Ginnie
Gins wurden viele vorgestellt auf der Messe. Zwei wie ich finde sehr besondere Exemplare präsentierte die Chefin der „Organic Destillery“ Christine Brugger. Sie ist Sensorikwissenschaftlerin und hat ihr Know-how aus dem Labor in ein Produkt für den Markt übersetzt: „Ginn und Ginnie“ (51 und 52% Vol.) sind zwei Geiste in Bio-Qualität, unfiltriert, mit jeweils rund 20 Botanicals aus biologisch-nachhaltigem Anbau. Sie werden über einem Wasserbad bei niedrigen Temperaturen schonend destilliert, reifen in lichtgeschützten Glasballons und werden von Hand in dunkelgrüne, aromaschützende Flaschen abgefüllt. Jetzt kommt die „Gender-Sensorik“ ins Spiel: Intensives Genießen von Aromen über den Gaumen ist tendenziell männlich, über die Nase tendenziell weiblich – so die Produktinformation. Die Idee ist, Ginn männlich – Holz, Harz, Citrus, Pfeffer, Kaffirlimette – am Gaumen zu erschließen und die floralen Noten von Ginnie (deutlich: Lavendel) zunächst besonders nasal zu entdecken. Als Sample gab´s Miniaturen als Tinktur, da kann man sich immer mal wieder ein Tröpfchen auf die Zunge träufeln.
6. Doc´s Essenz
Träufeln – an der Bar ein großes Thema. So mancher Drink wäre nichts ohne den Dash. Für ein genaues Dosieren braucht man allerdings Fingerspitzengefühl. Hier setzt „Doc´s Essenz“ an. Die Essenzen sind „Profis gewidmet – Menschen, die ihrer Arbeit mit Leidenschaft nachgehen und genau wissen wollen, was in ihren Zutaten steckt“, so die Homepage. Das Produkt besteht zum einen aus Natur-Essenzen – u.a. startete man mi Bergamotte und Rosenholz, viele weitere sind geplant – und einem Profi-Dripper. Das hauchdünne Metallröhrchen gibt genau je einen Tropfen frei, das sind 0,05ml. Das Dosieren ist deutlich präziser als beim Dashen: Der Tropfen entweicht der Röhre einen Zentimeter vor deren Ende, läuft am Metall entlang, tropft ins Glas. Feinjustierung für Cocktails, aber auch zum Kochen.
7. Draught Coffee
Bei so vielen Spirituosen braucht es zwischendurch den einen oder anderen Kaffee, das nach wie vor beliebteste Heißgetränk der Deutschen. Kalt gibt es den mittlerweile auch in vielen Formen, in hippen Berliner Läden stehen die „Cold Brews“ in der Kühlung und werden gerne auch zum „Cold Brew Tonic“ oder „Cold Brew Gin Tonic“ vermixt. Eine andere Kaltvariante ist der „Draught Coffee“, den u.a. die „Brew Box Berlin“ anbietet: Filterkaffee (zurzeit in zwei Sorten) werden in Kegs abgefüllt und an die Zapfanlage angeschlossen – geht mit der herkömmlichen Bier-Zapfanlage. Resultat ist ein kühler, frisch gezapfter Kaffee mit Crema, die an Guinness erinnert. Schmeckt auch mit Schuss sehr gut. Interessante Kaffee-Alternative besonders fürs Abend- und Nachtgeschäft – in der Berliner „Monkey Bar“ schon im Einsatz.
https://twitter.com/brewboxberlin
Fotos vom Bar Convent Berlin 2015 gibt es hier.