Hört man die Geschichte, wie es zur Gründungsidee von Belsazar kam, denkt man sich: Total logisch! Das hätte auch von mir sein können. War es aber nicht.
Denn es gehört doch einiges dazu: Die besondere Gabe zu erkennen, wann die Zeit reif ist für ein neues Produkt. Das Entdecken der passenden Nische auf dem Markt. Talent, Spürnase, der Mut es umzusetzen und das Durchhaltevermögen, um es groß zu machen. Wir sind mit Belsazar-Gründer Maximilian Wagner zu den Ursprüngen des deutschen Wermuts in den Schwarzwald gereist, haben uns die Produktion vor Ort angesehen und die Erfolgsgeschichte dahinter kennengelernt.
Alles begann im Jahr 2013. Sebastian Brack, der zuvor Thomas Henry mitgegründet hatte, lernte Wagner, damals noch bei Duke Gin involviert, über die Barszene kennen und schlug ihm am Telefon vor, gemeinsam einen Wermut zu produzieren. Wermut ist schließlich in einem Großteil der Cocktails enthalten, aber es gab damals kein lokales Produkt, sondern nur importierte Ware aus Italien, Spanien und Frankreich. Somit war die Marktlücke erkannt. Es folgte die Umsetzung und mit ihr einhergehend war sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten.
Denn die meisten Winzer waren gar nicht begeistert, dass die beiden Gründer bei ihnen mit der Idee anfragten, aus ihrem edlen Wein einen scheinbar minderwertigen Wermut machen zu wollen. Teilweise wurden sie direkt wieder vom Hof gejagt, erzählt Maximilian Wagner beim Mittagessen im idyllischen Schwarzwald. „Für viele Winzer war nicht nachvollziehbar, wie man Wermut mit einem Qualitätsanspruch produzieren kann.“
Schließlich trafen sie beim Weingut Zähringer auf offene Ohren, die ihren Wein in Baden produzieren. Hier zieht die warme Luft das Rheintal hinauf und macht die Region zu einer der wärmsten Deutschlands. Darüber hinaus arbeitet das Weingut komplett biodynamisch und ist als eines der ersten seit den 1980er-Jahren Demeter-zertifiziert. Obstbäume stehen mit in den Weinbergen, um den Boden gesund zu halten und Lebensraum für Insekten zu bieten, der Natur wird Platz gelassen. Mittlerweile arbeitet Belsazar mit mehreren Winzern in der Region zusammen, um den gestiegenen Bedarf abdecken zu können, denn Wermut besteht zu 75 Prozent aus Wein.
Badisches Viergang-Menü
Für Zähringer ist Belsazar ein guter Absatzkanal, um seinen biologischen Weinbau rentabel zu halten. Die Sorten Gutedel und Spätburgunder Rosé aus den Edelstahltanks des Weinguts werden heute zu Wermut. Der direkte Austausch mit dem Winzer ist für die Belsazar-Gründer nach wie vor essentiell: Wagner lebt selbst in der Gegend und besucht das Weingut regelmäßig, denn für ihn beginnt Belsazar im Weinberg und im Austausch mit dem Winzer und seinen Produkten entstehen immer wieder neue Ideen. So ist auch der Gedanke, Gutedel für ihren Wermut zu verwenden, im Schwarzwald verwurzelt, denn ein badisches Vier-Gänge-Menü bestehe aus Wurstsalat und drei Gläsern des Weins.
Doch was braucht man außerdem, um einen richtig guten Wermut herzustellen? Einen Partner, der den entsprechenden Produktionsstandort hat, die Logistik übernehmen kann und im besten Fall auch noch jede Menge Know-how im Bereich Drogenkunde für das Aromatisieren des Weins mit Kräutern mitbringt. Diesen Partner fanden die beiden Gründer in Person von Philipp Schladerer, einem langjährigen Freund. Schladerer führt in sechster Generation das 1844 gegründete Familienunternehmen, das vor allem für sein Kirschwasser bekannt und eine der ältesten Obstbrennereien Deutschlands ist. Was heute als „No Waste“ bekannt ist, wurde damals genutzt, um Obst, welches am Ende des Sommers übrig war, für den Winter sinnvoll aufzubereiten.
„Hier hören wir auf, das machen wir jetzt“
Einer, der das sein Leben lang tat, ist übrigens der Namensgeber von Belsazar, der Grundform von Balthasar – Philipp Schladerers Urgroßvater. Dessen Foto blickt über den Raum, in dem Wagner und Brack im Trial- and Error-Verfahren die Grundrezepte für ihren Wermut entwickelten. Hier wurden unzählige Mazerate getestet und auch die Dosis des Wermutkrauts, das eine sehr berauschende Wirkung hat, bis an die Grenzen ausgereizt – so jedenfalls die Legende. „Der Clou ist, am Ende den Punkt zu finden und zu sagen: Hier hören wir auf, das machen wir jetzt“, sagt Wagner über die Versuchsreihen. „Die richtige Kombination aus Rebsorten, Regionen, Ausbauarten und Drogenkunde macht Wermut für mich zu einem Produkt, das brutal komplex ist. Die Möglichkeiten sind einfach unendlich.“
Am Ende stand ein eigenes Mazerat für jede Belsazar-Sorte, denn mit nicht weniger als vier Sorten begann der Markteinstieg 2014. Die beiden Gründer tourten durch verschiedene Bars und machten vor Ort Tastings mit Barkeepern. Sie fanden heraus, dass sich mit dem Wermut besonders viel Umsatz generieren ließ, wenn die Gastronomen ihn als Drink mit eigenem Namen in die Aperitifkarte integrierten. Einer der Schlüssel zum Erfolg.
Seit 2018 unter dem Diageo-Dach
Wurde das Kapital zum Start noch bei Freunden und im Familienkreis eingesammelt wurde, gaben sie bereits 2014 20 Prozent der Anteile an ihrer GmbH an den Spirituosen-Weltmarktführer Diageo ab, bevor 2018 die vollständige Integration ins Reserve Portfolio des Konzerns folgte, um deren Vertrieb, Netzwerk und Strukturen zu nutzen. Trotzdem bestehen alle bisherigen Abläufe bei Belsazar weiter. Sebastian Brack leitet das Team von Berlin aus, während Maximilian Wagner im Schwarzwald nah bei den Produzenten ist. „Das ist die schöne Möglichkeit für uns, unser Produkt weiter in die Welt zu tragen“ so Wagner, denn nun ist auch der Vertrieb in andere Länder möglich.
Weiterhin wird Belsazar einmal im Jahr im Frühjahr produziert, wenn der Wein frisch von den Winzern aus dem Keller kommt. Unterschiede im Weinjahrgang werden durch die anschließende Verarbeitung und Zugabe von Mazeraten ausgeglichen. So gibt es nicht ein Grundrezept für die Mazerate, vielmehr hat jede Sorte ihr individuelles Rezept, das sich dem Weinjahrgang entsprechend ändert.
Beim Belsazar Dry bildet die Grundlage der badische Gutsedel, beim Belsazar Rosé ist es ein Spätburgunder Rosé, Gewürztraminer liegt dem Belsazar White zugrunde und der Belsazar Red baut auf einem Spätburgunder auf. Neuester Zuwachs ist der Belsazar Riesling, der 2017 in einer ersten und 2018 in einer zweiten limitierten Edition erschien und nach tropischen Früchten schmeckt. Die Inspiration für diese Variante kam Sebastian Brack im Urlaub auf den Azoren, wo er begeistert war vom Geschmack der lokalen Ananas. Ihr Mazerat wurde kombiniert mit einem fruchtigen Riesling und war so beliebt, dass es 2019 eine dritte Neuauflage geben soll.