Keine Lust auf heißen Kaffee? Zu viel Mate-Kohlensäure im Bauch? Der neue Energy-Trend könnte Cold Brew werden. New York und Londons Hipster schwören schon seit fünf, sechs Jahren auf den langsam in kaltem Wasser ziehenden Kaffee, jetzt ist Berlin dran. Im Gespräch mit dem Neuköllner Start-up „Good Spirits“, Hersteller des Cold Brew „Black Moon“.
Schmuck sieht es aus, das Fläschchen, das Gründerin Mascha Häupl zu unserem Treffen in die neue „Speiserei No. 58“ mitgebracht hat. Der hier servierte kaltgepresste Saft mit Möhren und Ingwer ist sehr schmackhaft und gehörig pikant, doch dem Thema „cold pressed juice“, auch so ein neuer Getränketrend, widmen wir uns ein andermal.
Nicht bitter, dafür fruchtig und süßlich
Jetzt soll es um „cold filtered coffee“ gehen, wie die hierzulande noch recht unbekannte Kaffee-Kategorie „Cold Brew“ eigentlich auch heißen könnte. Mit Brauen hat das Ganze weniger zu tun, eher mit Extraktion: Das Besondere daran ist, dass der gemahlene Kaffee nicht kurz in brühend heißem, sondern über mehrere Stunden in kaltem, gefiltertem Wasser zieht. Das verhindert das Entstehen von Bitterstoffen und hebt die fruchtigen, süßlichen Noten hoch.
„Good Spirits“ heißt das Unternehmen, das Mascha Häupl zusammen mit ihrem Bruder Florian Häupl und Simone König gegründet hat. Häupl hat u.a. als Area Managerin der Deli-Kette „Goodies“ gearbeitet, ihr Bruder kommt aus der Trendforschung und Unternehmensberatung, Simone König ist Barista-Trainerin und „Coffee Consultant“. Für eine Kaffee-Meisterschaft vor zwei Jahren entwickelte sie einen Cold Brew mit Süßholzinfusion, der zur Basis der gemeinsamen Business-Idee wurde. Es wurde experimentiert, lange an der Rezeptur gefeilt, wie das eben so ist in der Getränke-Startup-Welt. Irgendwann stand das Produkt „Black Moon“, das mit saisonal wechselnden kenianischen Single-Origin-Kaffeebohnen (aktuell: Kenya Kiganyo AA+) zubereitet wird.
Zurzeit produziert man noch in einer gemieteten Küche in Kreuzberg, bald soll das Ganze an einen größeren Ort verlagert werden, weil die Nachfrage deutlich steigt. Die Extraktion in Leogant-vitalisiertem Wasser (ein Filterungsverfahren, das Leitungs- zu Quellwasser macht, mehr dazu hier) dauert 24 Stunden. Der Koffeingehalt liegt bei sportlichen 60 mg pro 100 ml, das ist dreimal soviel wie in der gleichen Menge Club Mate. Der Unternehmensname „Good Spirits“ hat übrigens nichts mit Spirituosen zu tun: „Wir wollen die Lebensgeister wecken“, erklärt Mascha Häupl.
Das funktioniert – am Folgetag, einem Samstag, wird das gekühlte Fläschchen zum frühnachmittäglichen Biorythmus-Tief getrunken. Eine lang anhaltende, aber nicht flirrende Wachheit stellt sich ein. Gut schmecken tut es auch: Nicht bitter, nur leicht herb, mit dunkelschokoladigen, fruchtigen Noten und dezenter Süßholzsüße. Schon anzutreffen ist das Produkt in Berliner Specialty-Coffee-Konzepten wie dem „Filterhouse“, „Nano Kaffee“ oder „Two Planets“, in „Goodies“-Filialen der Stadt sowie Hamburg, München, Leipzig und Essen.
Cold Brew: eigenständiges Produkt mit guter Mixbarkeit
Ist Cold Brew ein Konkurrenz- oder gar Kannibalisierungsprodukt für den Kaffee, bekanntermaßen die Cash Cow vieler Gastronomien? „Es ist ein ganz eigenständiges Produkt. Ein Erfrischungsgetränk, das anders konsumierbar ist. Und das man auch gut mitnehmen kann“, findet Mascha Häupl. Im Prinzip kann man es im Café auch einfach selbst herstellen – es muss allerdings jemand in einer späteren Schicht Bescheid wissen, dass zum Zeitpunkt X abgefiltert werden muss. Da ist je nach Betrieb eine Ready-to-drink-Lösung möglicherweise praktischer, und „Black Moon“ gibt es für die Gastronomie sowohl in der schicken 0,2l-Flasche als auch als Bag-in-Box-System, 3 Liter Füllmenge, vertrieben via „Nano Kaffee“. „Ultra-convenience coffee“ nannte Barista und Cupping-Weltmeister Cory Andreen („CK“, Berlin) den Trend zu trinkfertigen Premium-Kaffee-Lösungen auf dem „Bar Convent Berlin“, wo er auch seinen Kaffee zum Zapfen vorstellte. Produkte, die sich aus seiner Sicht auch besonders gut zum Mixen an der Bar eignen.
Das Team von „Good Spirits“ hat in der Craft-Bier-Bar „Hopfenreich“ schon ein Cocktail-Event mit dem „Black Moon“ ausgerichtet und u.a. einen „Cold Brew Rum Sour“ gemixt. Sehr erfrischend ist auch ein Cold Brew im Mix mit Tonic Water – und wenn das schon mit drin ist, kann (je nach Uhrzeit) auch gerne ein Schuss Gin mit hinein. Cold Brew Gin Tonic: ein Longdrink mit zwei Fillern, der die guten Geister weckt.
Mehr Infos zu Good Spirits und Black Moon hier.
Ein weiterer Cold Brew aus Berlin heißt Master Wolf.
Aus Hamburg kommt Stempels Slow Brew.