Der kaltgepresste Saft ist der neue Smoothie: Mit schonender Verarbeitung und Hochdruck-Konservierung macht sich eine neue Kategorie von Ganzfruchtsäften auf den Weg, den Markt zu erobern. Unter anderem die Säfte der „Juice Dudes“ aus Berlin.
Belebend pikant zum zweiten Frühstück ist sie, die „Scharfe Rübe“ der „Juice Dudes“ aus Berlin. „Das ist mein Favorit“, sagt Malte Gützlaff. Er ist einer der drei Gründer und Geschäftsführer des Saft-Startups aus dem Prenzlauer Berg. Kürbis ist drin und Süßkartoffel – zwei nicht gerade typische Saft-Ingredienzien, ferner Apfel, Karotte und als „Scharfmacher“ eine Portion Ingwer. Zwei weitere Säfte, „Dr. Heart-Beet“ (u.a. mit Rotkohl und Rote Beete) und der „Life Generator“ (mit Gurke und Spinat), bilden das Startsortiment. Neben der geschmacklichen Besonderheit bringt jeder Saft auch gesundheitlichen Nutzen mit sich – von der Unterstützung des Knochenaufbaus über Schutz vor Bluthochdruck bis zur Stärkung des Immunsystems.
Ein Nahrungsergänzungsmittel sind die kaltgepressten Säfte aber nicht. Ein frisches, gesundes Getränk, ja, und aufgrund des hohen Nährstoffgehalts auch ein Speisenersatz – wie die Smoothies, welche vor zehn Jahren, so lang ist das noch gar nicht her, hier noch so unbekannt waren wie es diese neue Kategorie jetzt hierzulande noch ist.
Vor sieben, acht Jahren ging der Boom in den USA los und hat jetzt Deutschland so langsam erreicht. „Die Leute kennen kaltgepresste Säfte noch nicht, finden sie aber sehr interessant. Jeder, der es bei uns zum ersten Mal probiert, hat danach einen Aha-Effekt“, berichtet Gützlaff.
Schonendes Verfahren schützt die Zutaten der Cold Pressed Juices
Das Besondere an den Säften ist ihr schonendes Zubereitungsverfahren: Entsteht im klassischen Entsafter viel Wärme durch die sich schnell drehenden Klingen bzw. Zentrifugen, wird hier mit Pressmaschinen gearbeitet. Der 10-Tonnen-Druck des Herstellungsprozesses bewahrt Nährstoffe und Enzyme aus den Zutaten, bei unbehandelten Lebensmitteln kommt auch die Schale zur Geltung, die oft nicht nur vitamin- und mineralreich ist, sondern auch – Bartender wissen es von Zitrusfrüchten – einen Großteil der Aromatik tragen. Die Säfte sind optisch und geschmacklich kräftiger, weil das Letzte aus den Früchten, Beeren, Gemüsen, Getreiden und Kräutern rausgeholt wird. Ursprünglich hatten die „Dudes“ die Idee, den verbleibenden Trester als Tierfutter zu nutzen. Die Tiere verschmähen ihn aber. Zu trocken. Stichwort Trester: Das Kaltpressen an sich ist natürlich kein Novum, man kennt es von der Wein- und Olivenherstellung schon immer.
Also tschüß, Entsafter? „Wenn die Pressen irgendwann günstiger werden, wird sich das auch in Haushalten durchsetzen“, ist sich der Gründer sicher. Noch sind die Geräte aber so teuer, dass sie sich nur für größere Produktionen rentieren. Pro Woche füllen die „Dudes“ derzeit 1.000 bis 1.500 Flaschen ab und sind zufrieden mit der Steigerung: „Vor ein paar Monaten waren es noch 100 pro Woche.“
Zu den Kunden des biozertifizierten Produkts zählen Biomärkte wie LPG oder die Bio Company. Die kühlpflichtige Ware wird von Terra Naturkost abgeholt und in die Märkte geliefert. Außerhalb von Berlin transportiert die Flotte von Dennree die Säfte in die eigene Biomarkt-Kette Denn´s. Onlineshops beliefert man auch. Derzeit werden alle Säfte vorher in einen Betrieb nach Niedersachsen geliefert und dort unter einem Druck von 6.000 bar in einem Wasserbad vier Wochen haltbar gemacht, ohne Erhitzen, ohne Zusatzstoffe. Ein einzigartiges, aber allein wegen der weiten Wege kostspieliges und auch nicht gerade nachhaltiges Unterfangen. Cafés, Fitness- und Yogastudios zählen bereits zu den innerstädtischen Kunden. Eine eigene Gastronomie zu betreiben wie die Kollegen von „Daluma“ oder „Los Angeles Cold Press“, die kürzlich auf der Friedrichstraße eröffnet haben, ist indes nicht geplant.
Kaufen oder selber pressen?
Natürlich können Gastronomen ihre Säfte auch selbst kalt pressen. Ein Produkt, mit dem man sich wahrlich differenzieren kann. Doch sind neben vierstelligen Kosten für die Gerätschaften auch lange Rüstzeiten und Personalkosten zu bedenken – Waren einkaufen, vorbereiten, pressen, abfüllen, Maschine reinigen und mehr fallen regelmäßig an. Wer dann den Saft nur nebenbei mitverkauft, wird wohl abwinken – ähnlich wie beim Cold Brew-Kaffee fällt die „make or buy decision“ hier eher „pro buy“ aus.
Letzte Frage an den Saftexperten: Was kommt nach Grünkohl? Die „Palme des Nordens“ ist neuerdings ja der Star in Säften und Smoothies. „Kaltgepresste Säfte müssen sich jetzt erstmal als Kategorie durchsetzen, die Rezeptur ist da noch zweitrangig“, meint Malte Gützlaff. Da hat er wohl recht.
www.juicedudes.de
Mehr kaltgepresste Säfte aus Berlin:
Daluma, Weinbergsweg 3, 10119 Berlin (Shop, Café, Restaurant)
Los Angeles Cold Press, Friedrichstraße 71, 10117 Berlin (Shop)
House Press im The Store Kitchen, Torstraße 1, 10119 Berlin
Blooming Juice, Brunnenstraße 194, 10119 Berlin (Onlineshop)
1 Kommentar
Dieser Druck von 6000 bar ist im Vergleich zu dem, was im Mariannengraben, dem tiefsten Punkt unter Wasser herrscht- 800 bar – unglaublich extrem hoch und was da mit den Inhaltsstoffen passiert, ist mir ein Rätsel.
Die Mikroorganismen in den Früchten werden dabei zerdrückt , was ja wohl auch das Ziel ist, was aber geschieht mit den Vitaminen, Enzymen? Die nehmen die Erfahrung eines so hohen Drucks doch auch auf und verändern sich definitiv irgendwie. So bekommen wir eine als bio und kalt gepresst verkaufte Substanz, die die Natur so niemals herstellen könnte, denn in unserem Habitat /Lebensbereich gibt es enfach keine solch hohen Drücke. Nachdem wir nun wissen, wie viele Mikroorganismen unseren Darm besiedeln MÜSSEN (jeder gesunde Erwachsene hat ca. 3.5 kg in sich!), könnte es sein, dass wir uns mit dieser tot gedrückten Nahrung auf einen dermassenen Mangel an Mikrobiom im Darm hin entwickeln, dass wir dann wieder schön Nahrungergänzungshandel mit nützlichen Darmbakterien betreiben können, nur weil wir sonst mit so einem kranken Darm einfach verhungern. Die Mikroben helfen nämlich bei der Verdauung. Ja. ohne sie könnten wir einfach nicht leben. Das ist Binseweisheit. Aber vieleicht wollen wir so krasse Erfahrungen machen…