Portrait: die Craft-Bier-Brauerei Malz & Moritz Berlin

von Redaktion
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Gründer-Trio: Maximilian Fechtner, Julian von Angern und Jannis Hansen. Foto: Malz & Moritz

Was haben eine Wäschetrommel und eine Gartenpumpe, die Kühlung eines Raster-Elektronenmikroskops und der Motor eines Fitnessgeräts gemeinsam? Sie alle eignen sich hervorragend zum Bierbrauen. Aus Tüftelei und Liebe zum Bier entstand „Malz & Moritz“. 

Mit einer Waschmaschine fing alles vor rund viereinhalb Jahren an. Darin wuschen die drei Berliner Studenten Jannis Hansen, Julian von Angern und Maximilian Fechter nicht etwa ihre Wäsche, sondern brauten damit die ersten Biere. So eine Waschmaschine bietet nämlich alles, was man zum Bierbrauen braucht: „Man kann mit ihr heizen und rühren, durch die Maschen der Edelstahltrommel kann man läutern“, erklärt Julian von Angern.

Das Programm, mit dem sie über einen Mikrocontroller die Motoren ansteuern konnten, um zur richtigen Zeit das Wasser zu erhitzen oder die Trommel zu drehen, schrieben sie selbst. „Und eine Pumpe ist ja schon drin“, so von Angern. Aus dem grauen Schlauch kam dann statt des Brauchwassers die Würze raus. „Man sollte aber einen Toploader nehmen, sonst läuft einem alles entgegen!“, empfiehlt schmunzelnd er allen, die es dem Trio nachahmen wollen.

Malz und Moritz: Ausgetüftelt

Von Angern ist der Bier-Experte des jungen Teams. Nach einem Schulbesuch in einer Brauerei ließ ihn die Faszination für das Metier nicht mehr los. Er studierte Biotechnologie und ist derzeit im Fach Brauereiwesen an der TU Berlin eingeschrieben. Dafür sammelt er gerade jede Menge Praxiserfahrung, denn zusammen mit dem Maschinenbau-Master Jannis Hansen und Max Fechtner, der parallel an seiner Doktorarbeit im Bereich Verfahrenstechnik (Biogasaufbereitung) schreibt, hat er den Weg zur „richtigen“ eigenen Brauerei. „Malz & Moritz“ heißt sie, als erste Biere gibt es ein Pale Ale und ein Blond Ale. Weitere Sorten werden folgen, auch saisonal und temporär.

Das Unternehmen dahinter haben sie „AFH Brauwelttechnik GmbH“ getauft, der Name leitet sich – neben den Anfangsbuchstaben der Nachnamen – vom Nachbarbetrieb auf dem Industrieareal im äußersten Südwesten Berlins ab, das im Bereich Umwelttechnik tätig ist. Kein allein humorvolle Anlehnung – Technik und angewandtes Ingenieurwissen werden in diesem Craft-Bier-Startup groß geschrieben, denn mit dem Tüfteln haben sie es, die Jungs: Die Nachfolger der besagten Waschmaschine haben sie selbst gebaut, aus im Online-Auktionshandel erstandenen Töpfen und selbstgeschweißten Gestellen. Das aktuelle Kühlhaus wird mit einem Aggregat gekühlt, das zuvor für die Temperierung eines Raster-Elektronenmikroskops im Einsatz war. „Haben wir geschenkt bekommen, die Pumpe funktionierte nicht mehr richtig“, erklärt Max. Die haben sie gegen eine 80-Euro-Gartenpumpe ausgetauscht, schon die lief das Kühlaggregat wieder. Ändert sich die Temperatur im Kühlhaus, trifft kurz darauf eine Mail auf dem Smartphone ein – da reicht es, wenn der Journalist ein paar Sekunden die Finger an den Sensor hält, der an eine Raspberry-Pi-Platine angeschlossen ist.

Der Winterbock, der (zum Zeitpunkt des Gesprächs Ende 2015, d. Red.) gerade lagert, wurde auf der aktuellen 200-Liter-Anlage gebraut, die man aus Großküchenkochtöpfen, Labor-Chemiebehälter aus Edelstahl und drei Gasbrennern mit 24-Kilowatt-Beheizung montiert hat. Dessen Vorgängermodell aus 50-Liter-Fässern, betrieben mit dem Motor eines Power-Plate-Fitnessgeräts, nutzt man weiterhin zum Showbrauen auf Events und Festivals, und während Julian dort das Bier aus den Hähnen fließen lässt, macht Jannis mit seinem Nebenprojekt „Lichtfetisch“ die Visuals dazu.

Get ready for business!

Das alles mag nach „funky business“ klingen, aber aus dem Brau-Spaß ist mittlerweile B(r)au-Ernst geworden: In Überstunden und Wochenendschichten hat das Trio über Monate hinweg seine Brauerei zusammengebaut. Schritt für Schritt wurden die teils neu (so das Kühlhaus), teils gebraucht (u.a. die Edelstahltanks) erstandenen Elemente verbunden. Zum Erscheinungstermin dieser Ausgabe wird man bereits „ready for business sein“: Seit Januar wird gebraut, der Vertrieb läuft ab Februar. Investitionssumme für das Bier-Business: 120.000 Euro. Das Geld stammt aus Eigenkapital, das die drei gleichberechtigten Gesellschafter zusammengetragen haben, und einem Privatdarlehen, das binnen fünf Jahren zurückgezahlt werden soll.

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Die erste Brauanlage, mit der man heute noch auf Events Showbrewing macht

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Die Tanks der neuen Brauanlage (Foto vor Inbetriebnahme aufgenommen)

Förderkredite nutzt man nicht: „Wir haben einen Businessplan geschrieben und eine Kostenkalkulation aufgestellt. Es stellte sich heraus, dass wir über der ursprünglichen Planung lagen“, erklärt Max, in dessen Händen die Planung, die Bauzeichnungen und -anträge sowie den Einkauf der Ausstattung liegen. „Die Zinszahlungen für den Bürgschaftskredit wären exorbitant gewesen, dazu wären noch die Kosten für die Businessplan-Prüfung gekommen.“ Für die Katz sei der Businessplan deswegen aber keinesfalls: Er habe gezeigt, dass man entgegen der ursprünglichen Idee, auf kleinen (sozusagen selbstgeschmiedeten) Töpfen zu brauen, mit einer größeren Ausstoßmenge von 1.000 Liter rentabler wirtschaften kann – Skaleneffekte sind eben auch für Mikrobrauer relevant.

Ebenso ist es, wie bei Großprojekten, der Faktor Vorlaufzeit. Jannis, der den Aufbau und die Koordination der Gewerke koordinierte: „Es dauert lange, bis alle Genehmigungen da sind, das muss man berücksichtigen. Wir mussten für die Lagerhalle eine Nutzungsänderung beantragen, brauchten einen Brandschutznachweis, die Traglast der Bodenplatte musste kontrolliert werden und vieles mehr.“ Dass er seine Masterarbeit zuvor über den Bau einer Brauereianlage geschrieben hatte, erwies sich für das Projekt als ebenso vorteilhaft wie Julians lebensmitteltechnische Kenntnisse: Im Vorfeld ging er mit dem Veterinäramt alle zu beachtenden Punkte genau durch, kannte sich in den Bestimmungen gut aus, man musste daher keine Nachbesserungen vornehmen. Arbeitsteilung sei essentiell, findet Jannis: „Es ist gut, wenn man sich im Team so gut ergänzt wie wir“, und Julian ergänzt als Hinweis für zukünftige Gründer: „Dass es sehr viel Zeit und Geld kostet, so etwas zu machen, darüber sollte man sich im Klaren sein.“ Wieder tun würde es jeder von ihnen. „Wir hätten noch viel früher damit anfangen sollen“, sagt Max lachend.

Plan zwei: das Brauwesen revolutionieren

Mit ihrem Fachwissen will sich das Trio langfristig noch ein zweites Standbein aufbauen. Details bleiben Betriebsgeheimnis, aber die grobe Idee ist, das Konzept der kontinuierlichen Fest-Flüssig-Trennung, das bei Biogas-Anlagen angewendet wird, auf das Brauwesen zu übertragen. Damit ließe sich möglicherweise das zeitaufwändige Batch-Verfahren durch eine ständige und effizientere Abfiltration ersetzen. Man wundere sich fast, dass noch niemand zuvor auf diese Idee gekommen sei, sagt Julian abschließend.

Diesen Ingenieuren scheint nichts zu schwör – nicht, eine Waschmaschine zur Mini-Brauerei umzubauen und auch nicht, Methoden aus der Umwelt- in die Brauwelttechnik zu bringen.

Malz & Moritz
Goerzallee 305f
14167 Berlin
www.malzundmoritz.de

Der Text wurde leicht adaptiert und erschien zuerst in „Craft – Magazin für Bierkultur“. Die Brauerei läuft mittlerweile. Wer das Bier probieren möchte: Unter anderem kann man  es in der Bar des Kulturvereins „WerkStadt“ in der Emser Straße in Berlin-Neukölln vom Fass probieren. Ein Hofausschank an der Braustätte, recht idyllisch am Stichkanal des Teltowkanals gelegen, eröffnet in diesen Wochen, schon jetzt finden Events statt. Später will man hier auch eine Gastronomie machen.

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