Mit dem Namen Martini verbindet man den wohl bekanntesten Wermut der Welt. Doch Martini verfügt auch über eine Range spannender Schaumweine. Drei dieser Spumante gibt es seit 2018 auch in Deutschland. Im Piemont erfuhren wir, wie sie entstehen.
Viele historische Flaschen stehen im riesigen antiquarischen Wandschrank in der schmucken Casa Martini am Stammsitz von Martini in Pessione bei Turin. Hier gründeten Alessandro Martini und Luigi Rossi das Unternehmen, das heute wie kein anderes für Wermut bekannt ist. Den aromatisierten Wein aus alten Zeiten sieht man hier in vielen Facetten und Flaschenformen stehen, aber auch Whisky, Fruchtliköre und andere Spirituosen, die das Unternehmen in seiner mehr als 150 Jahre zurück reichenden Geschichte schon produziert hat. Und auch einige alte Schaumweinflaschen. „Von denen haben wir nur noch sehr wenige“, erklärt uns Cristiana Fanciotto, Leiterin des Besucherzentrums in Pessione.
Spumante gibt es bei Martini von Anfang an
Was daran liegt, dass diese Flaschen – stehen sie doch unter Druck – über einen derart langen Zeitraum nur sehr schwer zu bewahren sind. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen: Martini steht auch für Schaumwein oder Spumante, wie man ihn in Italien nennt. Man ist sogar die italienische Nummer eins unter den Schaumweinmarken. Von Beginn an produzierte man Spumante parallel zum Wermut, mit beiderseits großem Erfolg. Schon 1863, im Jahr der Firmengründung, nahm Martini die Herstellung der prickelnden Produkte in Pessione auf – im Firmenarchiv finden sich auf das Jahr datierende Aufträge für einen „Vino Bianco Canelli Spumante” und einen „Vino Nebbiolo Spumante”.
Von 1863 bis 1899 entstanden die Spumante in einem Weinkeller im kleinen Örtchen Montechiaro d’Asti in den Hügeln des Piemont. Später dann, 1958, kaufte man den großen Weinkeller in Santo Stefano Belbo, mitten in jener idyllischen Gegend, in der seit den frühen 1950er-Jahren die aromatischen weißen Muskatellertrauben (Moscato Bianco) angebaut werden. Sie geben dem Kernprodukt der Schaumwein-Range von Martini, dem Asti Spumante, seinen fruchtigen Geschmack.
300 Weinbauern liefern die Trauben für Martini
Wir sind genau zur richtigen Zeit vor Ort: Es ist Erntezeit im Piemont, ständig kommen Traktoren und kleine LKW angefahren, um ihre Trauben anzuliefern. Rund 300 Weinbauern sind derzeit Partner von Martini, „conferenti“, wie man sie hier nennt. Sie liefern ihr wertvolles Gut entweder selbst an oder lassen es abholen, je nachdem, ob sie über einen entsprechenden Fuhrpark verfügen oder nicht.
Den „conferenti“ steht mit dem eigens von Martini gegründeten „L’Osservatorio Martini & Rossi“ eine Forschungseinrichtung zur Seite, das sie in allen önologischen Fragen berät. Leiter ist Edoardo Monticelli, er ist auch Professor für Weinbau „Instituto Umberto I°“ im benachbarten Alba. Bei einem gemeinsamen Weinbergsbesuch zeigt er uns eine der neuesten Errungenschaften: Vogelhäuschen, passgenau für heimische Singvögel angefertigt. Damit setzt man auch hier immer mehr auf natürliche Schädlingsbekämpfer. „Das funktioniert sehr gut, viele Vögel leben heute wieder in den Weinbergen“, erklärt der Weinbau-Experte. Auf diesem Wege helfe man, so berichtet er, dass die Weinbauern die Verwendung konventioneller Schutzmittel reduzieren.
Aus den ganzen Trauben wird in Santo Stefano Belbo ein edler Most hergestellt. Er wird geklärt und filtriert und schmeckt – das können wir nach einer Kostprobe bestätigen – ausgezeichnet. Der Most wird aber (leider) nicht in dieser Form verkauft, sondern nach Pessione gebracht. Dort wird aus ihm der Martini Asti Spumante hergestellt sowie der Martini Asti Spumante DOCG aus besonders hochwertigen Muskatellertrauben.
Reifung unter Hochdruck
Das Verfahren, mit dem dieses geschieht, nennt sich Martinotti-Methode, benannt nach ihrem Gründer, dem Önologen Federico Martinotti: Er füllte Grundwein, Zucker und Hefe bereits Ende des 19. Jahrhunderts in geschlossene Behälter, die hohen Druck aushielten. Früher wandte man bei Martini auch das Flaschengärungsverfahren an, heute konzentriert man sich ganz auf die moderne Methode Martinottis.
„Für uns ist es einfach die beste Art und Weise, unsere Spumante herzustellen“, erklärt Marco Boero, Weinmacher von Martini & Rossi. Er zeigt uns beim Besuch der Produktionsstätten in Pessione die imposanten Tanks, die mit bis zu 150.000 Liter Schaumwein befüllt werden können und den entsprechenden Druck, den die Flüssigkeit nach der Fermentation aufgebaut hat, bewahren: Die Kohlensäure, die durch den natürlichen Gärungsprozess entstanden ist, soll ja schließlich in die Flasche und nicht in die Luft entweichen.
Während man für den Asti den hauseigenen Most verwendet, ist Jungwein (Wein nach der ersten Fermentation) die Basis für die anderen Spumante. Insgesamt 12 spritzige Spezialitäten stellen Boero und sein Team her. In den großen Drucktanks, den „autoclavi“ gären u. a. junger Chardonnay, Trebbiano, Riesling oder Pinot, mit Hefe und Zucker angereichert, in einer zweiten Fermentation weiter.
Inmitten dieser Edelstahlwelt, durch die wir uns bewegen, befindet sich ein Tisch mit vielen Gläsern darauf. Ein Tasting steht an, bei dem wir einige der Produkte verkosten. Darunter befinden sich, neben den beiden Asti von Martini, auch drei Sorten, die es seit diesem Jahr in Deutschland zu kaufen gibt. Vorgestellt wurden sie dem Fachpublikum auf der Prowein 2018 in Düsseldorf, wir probieren sie nun an ihrem Entstehungsort: Martini Brut, Martini Prosecco DOC und Martini Rosé Extra Dry.
Der Martini Brut ist ein Blend aus Chardonnay, Trebbiano und Garganega. Als Brut hat er einen Restzuckergehalt von weniger als 11 Gramm, seine zweite Gärung dauert etwa drei Monate. Seine Farbe ist zartgelb. Er hat feine Geschmacksnoten von Birne, Apfel und Brot, seine leichte Säure gibt ihm einen lebendigen Charakter. „Passt ideal zu Pasta und Geflügel, aber ist auch ein guter Appetizer“, so Marco Boero.
Als zweites nun in Deutschland erhältliches Produkt verkosten wir den Martini Prosecco DOC. Ihn dominiert die Glera-Traube mit 85 Prozent, dazu kommen 15 Prozent Trauben aus der Pinot-Familie und Garganega. Die zweite Gärungszeit in den „autoclavi“ beträgt etwa 30 bis 35 Tage. „Grüner Apfel mit einem Blumenkuss von Akazienblüten“, gibt sich Boero beim Geschmack poetisch. Ins Licht gehalten, vernimmt man eine leicht grünliche Tönung. Ideal als Einstimmung in den Abend oder zu hellem Fleisch und Fisch serviert.
Dritter im Bunde ist der Martini Rosé Extra Dry. Eine Vermählung von drei Weinen: Riesling aus der Lombardei, Chardonnay, Trebbiano und seine zartrosa Farbe gibt ihm die zusätzliche Nebbiolotraube. Auch bei ihm beträgt die Zeit der zweiten Gärung in den Stahl-Drucktanks rund 30 bis 35 Tage. Sein Aroma ist sehr spannend: Wildrose, Beeren und eine leichte, frisch Zitrusnote kommen hier zusammen, dank seiner Trockenheit ist er sehr drinkable mit leichter Säure im Nachklang. „Für diesen Spumante haben wir in der letzten Zeit die meisten Auszeichnungen erhalten“, erklärt Boero.
Empfohlene Trinktemperatur für alle drei Spumante: 6 bis 7 Grad Celsius.
Brut, Prosecco DOC und Rosé Extra Dry : Mit diesem Start-Trio will sich Martini nun auch in Deutschland als Schaumwein-Marke positionieren. Ob es in Zukunft weitere Spumante des Hauses auch bei uns geben wird, ist noch nicht bekannt. Doch sollten sie dem Gast und Konsumenten so gut munden wie uns und auch im Rahmen der auflebenden Aperitifkultur in hiesigen Breiten Anklang finden, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis das Sortiment aufgestockt wird.
Übrigens: Die Casa Martini kann auch von Privatpersonen besucht werden. Gäste erwarten dabei gleich zwei Museen, eines über die Geschichte der Marke und eines über die Geschichte des Weins mit vielen historischen Ausstellungsstücken. Auch Tastings und Mixology-Masterclasses bietet Martini in Pessione an. Mehr Infos hier.