Der Pflaumenbranntwein Slivovitz ist wahrscheinlich die erste Spirituose, die mir in der Gastronomie begegnet ist, als Kind. Natürlich habe ich sie nicht getrunken, aber die Eltern bekamen nach den üppigen Essen bei den recht häufigen Besuchen „beim Jugoslawen“ immer einen ausgegeben. Manchmal gab es auch einen Julischka, das ist Slivovitz mit Birnenlikör gemixt. Der kam in schmalen, zylinderförmigen Portionsfläschchen an den Tisch und roch gummibärig. Kinder bekamen ein Duplo aufs Haus, und auch daran erinnern sich bis heute alte Schulkameradinnen und -kameraden, die dort auch ihr Cevapcici mit Djuvec-Reis verputzten. Wohin essen gehen, Kinder? Zum Jugoslawen! Der hatte zumindest in Sachen Kids-Marketing alles richtig gemacht.
Slivovitz hat bislang kein besonders modernes, eher ein folkoristisches Image, davon durfte ich mich soeben auf der unsäglichen Grünen Woche überzeugen. Doch natürlich gilt hier das, was immer für Spirituosen gilt: Qualität, gepaart mit einem moderneren Produktauftritt – schon sieht die Sache anders aus. Diese zwei Produkte zeigen: Korn kann gut und zeitgemäß sein, Korn hat sein mieses Image nicht verdient. Über das, was gerade beim Gin passiert, brauchen wir nicht weiter reden. Ich persönlich warte auf den ersten Premium-Tsipouro in Deutschland, die wahre Nationalspirituose Griechenlands. Oder gibt’s den schon?
Slivovitz ins Bar-Shelf bringen: Das ist die Mission von Boris Markic mit Tesla Šljivo. Sein Zwetschgendestillat lässt er in Zagreb herstellen, ausgeschenkt wird es bereits in einigen Frankfurter Bars wie dem „Roomers“ und der „Bristol Bar“, in Berlin steht er u.a. im „Butchers“, in der „Amano Bar“, im „Locke Müller“ und im Fleischrestaurant „Chicago Williams“. Hergestellt wird Tesla aus handverlesenen Pflaumen, destilliert in Kupferkesseln und mit kroatischem Quellwasser auf Trinkstärke herabgesetzt. Geschmacklich ist er überzeugend, kräftig mit klarer Pflaumennote, aber nicht so brennend, wie klassischer Sljivovic (es in meiner Erinnerung tut). Ein guter Obstler, der in einer modernen, formschönen Flasche mit dezent „pflaumfarbenen“ Glas daher kommt.
Das Etikett ziert der Namenspatron Nikola Tesla. Der war nicht nur einer berühmtesten Forscher, Entdecker und Erfinder im Bereich der Elektrotechnik, dem wir u.a. den Zweiphasen-Wechselstrom zu verdanken haben. Der aus dem heutigen Kroatien stammende Düsentrieb soll auch ein großer Genussmensch, Spirituosen-Fan und Prohibitionsgegner gewesen sein und wohnte einen großen Teil seines Lebens in gediegenen US-Hotels. 150 Jahre alt könne man werden, wenn man regelmäßig Whiskey trinke, so Tesla. Er schätzte Bourbon als Energiequelle, und mit denen kannte er sich ja aus. Als sein flüssiger Trafo im Zuge der Prohibition verboten wurde, soll Tesla nur noch Wasser und Milch getrunken haben – verbunden mit der Aussage, nun nur noch 130 Jahre leben zu können. Knirsch. Nun, letztlich wurde das Strom-Genie immerhin 86 Jahre alt. Und der nach ihm benannte Schnaps hätte ihm sicher gefallen. Živjeli!
Foto oben: Slivovitz via Shutterstock