7 Fragen an Annette Mützel vom Frauennetzwerk Foodservice

von Redaktion

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Miteinander füreinander: Das „Frauennetzwerk Foodservice“ macht sich stark für mehr weibliche Führungskräfte und Managerinnen in der Ernährungswirtschaft. Frauen sind hier, wieso sollte die Branche auch eine Ausnahme darstellen, deutlich unterrepräsentiert. Statt auf die Politik zu warten, setzt das Netzwerk auf eigene Projekte. Und einen Kongress: Am 23. April findet in Frankfurt das „2. Frauenforum Foodservice“ statt. Im Vorfeld haben mit Annette Mützel, der Vorsitzenden des ehrenamtlichen Projekts, gesprochen.

Frau Mützel, warum ist gerade die Ernährungswirtschaft eigentlich noch so männerdominiert, speziell was die Führungsebenen betrifft?
Gegenfrage: Sieht es in anderen Branchen so viel besser aus? Schaut man sich in der Systemgastronomie an, so findet man in den Betrieben 60 Prozent weibliche Mitarbeiter und bei den Store-Managerinnen sind es 50 Prozent, aber in der Führungsebene in den Konzernen wird es sehr dünn. Unter den Top-100-Systemgastronomiebetrieben gibt es nur ganz wenige mit Frauen im Vorstand. Dies ist zum einen immer noch historisch bedingt, es ist immer noch eine ältere Männergeneration an der Spitze. Kaufentscheidungen, ob im Handel oder in der Gastronomie, werden oft von den Frauen getroffen. Unternehmensentscheidungen hingegen nicht. Männer beschäftigen sich erst mit dem Thema Frauen in Führungsebenen, wenn die eigene Tochter Karriere macht. Zum anderen sind viele Frauen zu sehr Einzelkämpferinnen: Viele denken zunächst, sie schaffen das allein. Irgendwann erkennen sie dann die Notwendigkeit eines Netzwerks. Dafür wollen wir ein Bewusstsein schaffen: Solidarisieren wir uns.

Das Frauennetzwerk betont, gezielt Projekte in Angriff zu nehmen zu wollen. 
Man hört oft: Da ist die Politik gefordert. Das stimmt, aber das lassen wir in unserer Arbeit außer acht. Wir fragen uns: Was können wir selbst verändern, wie können wir mehr Frauen mit hervorragender Ausbildung in die Führungsebenen bringen, wie können wir den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern, die Vereinbarkeit von Karriere und Familie verbessern?

Was wird gezielt gemacht? 
Wir haben zum Beispiel ein Cross-Mentoring-Projekt erarbeitet, in dem junge Unternehmerinnen auf erfahrene Top-Managerinnen treffen. So etwas gibt es innerhalb von Unternehmen durchaus öfter, wir setzen jedoch auf externes Mentoring, weil man dann noch mal ganz anders und offener miteinander sprechen kann, über Unsicherheiten und Ängste etwa. Wir sind mit sieben „Tandems“ gestartet, die gemeinsam Themen besprochen und individuelle Lösungsansätze entwickelt haben. Das Projekt ist jetzt ausgelaufen, aber Mentorinnen und Mentees bleiben miteinander im Austausch. 2016 werden wir wieder mit Cross-Mentoring starten.

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Nur rund ein Zehntel der Startups in Deutschland werden von Männern gegründet. Wenn ich mir hier in Berlin die „Food-Entrepreneur-Szene“ anschaue, also junge Gründerinnen und Gründer, die Lebensmittel herstellen, Gastronomien oder Shops eröffnen, dann erscheint mir der Frauenanteil höher zu sein. Wächst zurzeit vielleicht eine neue Generation heran, die das Ende der Männerdominanz einläutet? Oder kommt das bei großen Marken und Herstellern gar nicht an?
Die Beobachtung teile ich: Da tut sich was. Hier haben wir es mit Frauen zu tun, die in die Selbstständigkeit gehen, selbstverantwortlich handeln. Das ändert aktuell erst einmal wenig in den Konzernen. Aber möglicherweise langfristig.

Würden sich auch Produkte und Dienstleistungen verändern, gäbe es mehr weibliche Führung? Frischere, bessere, nachhaltigere, bewusstere Produkte? Ein anderes Design? 
Da bin ich mir sicher. Frauen haben einen anderen Blick auf die Dinge. Dadurch gäbe es Veränderungen im Design, nachhaltigere Produkte und so weiter. Sobald Frauen im Vorstand sind, herrscht eine andere Stimmung und es wird über andere Themen gesprochen,

Sie haben viel im Ausland gearbeitet, beraten in ihrem „Hauptberuf“ ein großes skandinavisches Unternehmen. Wie sieht es eigentlich im internationalen Vergleich aus? 
Im internationalen Vergleich stehen wir nicht besonders gut da (was diese Zahlen belegen, d. Red.). Das tut dem Standort Deutschland keinen Gefallen, was die Zukunft betrifft. Mehr Weiblichkeit und mehr Diversität wäre eine Bereicherung nicht nur für die Unternehmen, sondern für uns alle.

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Übermorgen findet das „2. Frauenforum Foodservice“ in Frankfurt statt. Und wie geht es danach weiter?
Erstmal verschnaufen wir danach kurz (lacht). Und dann steht schon bald ein regionales Treffen an. Wir werden das Netzwerk kontinuierlich weiter ausbauen, denn noch sind wir klein, aber das Interesse ist groß!

Frau Mützel, vielen Dank. 

Auf der Webseite des Frauennetzwerks Foodservice gibt es mehr Informationen u.a. über die Ziele und über das Programm des 2. Frauenforums Foodservice. Referentinnen sind u.a. Corinna Kretschmar-Joehnk, Innenarchitektin und Geschäftsführerin von JOI Design, Hamburg, Stavroula Ekoutsidou, Country IKEA Food Managerin, und Hildtrud Seggewiss, CEO der Nordsee Holding GmbH. Moderatorin ist Vanessa Koch.

 

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