„Gastronomen als Investoren oder Mitinvestoren halte ich für sinnvoll“ Gründungs-Experte Jan Evers über Finanzierungsmöglichkeiten für Gastro-Startups

von Redaktion
Jan Evers 690x460 - interviews-portraits, gruendung „Gastronomen als Investoren oder Mitinvestoren halte ich für sinnvoll“ Gründungs-Experte Jan Evers über Finanzierungsmöglichkeiten für Gastro-Startups

Dr. Jan Evers ist Experte für Unternehmensgründung

Wer eine Gastronomie oder ein Food-Business gründet, kommt an einem Businessplan heute kaum noch vorbei. Was heißt kommt vorbei: Ein Businessplan ist eine Menge Arbeit, ist aber auch für den Gründer selbst ein wertvolles Instrument, um (s)ein Konzept von allen Seiten zu betrachten und nicht nur die Dinge zu sehen, die ihm leicht fallen bzw. die offensichtlich sind.

Er hilft, Lücken, Schwachstellen und Denkfehler zu erkennen und sich später, im laufenden Betrieb, vergegenwärtigen zu können, inwieweit Planzahlen eingehalten, verfehlt oder übertroffen wurden – oder ob sich konzeptuell vielleicht eine ganz andere Ausrichtung ergeben hat.

Auf einem Event des „Food Entrepreneurs Club“ in Berlin vor einigen Monaten ging es um das Thema Investorensuche und -kooperation. In diesem Branchengespräch kamen zwei Punkte auf: Zum einen scheint die Bank/Hausbank (die ja immer einen Businessplan will) immer seltener Kreditgeber für Gastronomien zu sein. Zum anderen wächst die Bedeutung von Investoren auch in der deutschen Invidualgastronomie, nicht nur in der Systemgastronomie – beides übrigens sind Vermutungen bzw. Wahrnehmungen, Zahlen, die diese Tendenzen belegen, liegen uns nicht vor.

Wenn es so wäre, was bedeutet das dann für den Businessplan? Wie findet man Geldgeber oder Investoren, ob Bank oder Business Angel, im Jahr 2016? Darüber haben wir mit Dr. Jan Evers gesprochen. Er ist Geschäftsführer von „evers & jung“, einem Beratungsunternehmen für Investitionsentscheidungen in Hamburg, Gründungs- und Finanzexperte und berät seit 15 Jahren Gründer und Unternehmer in guten wie in schlechten Zeiten.

Herr Dr. Evers, gibt es einen Unterschied zwischen einem Businessplan für die Bank und einem Businessplan für Investoren?

Ein guter Businessplan funktioniert für beide – nur Nuancen sind unterschiedlich. Wichtig ist etwas anderes: Die Ansprache von Investoren findet, anders als bei Banken, nicht direkt mit einem Businessplan statt – dieser ist eher der dritte Schritt. Im Vordergrund steht eine persönliche Ansprache zur Kontaktaufnahme, gefolgt von einem Onepager oder Pitchdeck. Hier wird Interesse aufgebaut, ein Rahmen gesteckt, der dann mit dem Businessplan geprüft und modifiziert wird.

Wie sehen ein guter gastronomischer Onepager bzw. ein Pitchdeck aus?

Es besteht kein wirklicher Unterschied zu anderen Pitchdecks. Und daher der Tipp an Gründer: Mindestens fünf Pitchdecks anschauen, unterschiedliche eigene Ideen entwickeln, passende Aufmacher-Ideen kopieren und dann: ausprobieren und viel Feedback geben lassen. Erst friends, dann fools, dann family und schließlich Experten.

Aber nochmal gefragt: Wenn ich mit Investoren arbeiten will, zum Beispiel weil die Bank sich nicht überzeugen lässt oder einem diese nicht ins Konzept passt, was muss für anders sein am Businessplan?

Weniger der Businessplan, sondern das beschriebene Geschäftsmodell: Institutionelle Investoren wie Venture Capitalists, Innovationsfonds etc. kommen nur in Frage, wenn ein skalierbares Element Teil der Planung ist, also z.B. ein Franchisesystem. Aber bitte solche Elemente nicht hinzuerfinden – das funktioniert nicht. Bei Business Angels (BAs) mag der Anspruch an Skalierbarkeit etwas abgeschwächter sein, da sicher auch emotionale Faktoren mitspielen.

Was meinen Sie mit emotionalen Faktoren?

Wenn beispielsweise in die als cool und trendig empfundene Bar oder das als lecker empfundene Restaurant investiert wird, um etwas bewirken zu können.

Zu Beginn sprachen Sie von unterschiedlichen Nuancen, darauf würde ich gerne noch mal zurück kommen. Was genau ist darunter zu verstehen?

Investoren sehen sich gerne längere Zeitreihen an als die typischen drei Jahre, die Banken fordern. Außerdem erwarten sie auch mehr strategisches Niveau und eine tiefergehende Marktanalyse. Dafür sind sie anders eingestellt, was das Nachbessern angeht.

Der Businessplan für die Bank muss bei der ersten Sichtung stimmiger sein: Während ein Investor sich bei hohem Interesse auf den Businessplan einlässt und auch bereit ist, gemeinsam daran zu arbeiten, ist die Bank schnell verprellt, wenn Standards nicht eingehalten werden.

Manche Banken schauen erstmal nur auf die Rentabilität und lesen gar nicht weiter, wenn diese als unrealistisch hoch oder tief dargestellt wird. Das liegt halt daran, dass der Businessplan hier ein zentraleres erstes Element der Kommunikation ist. Deswegen haben wir mit „SmartBusinessPlan“ ein Tool gebaut, das die üblichen Fehler gar nicht zulässt, auf das Thema Kreditwürdigkeit hinweist und mit dem KPI-Check ein Tool anbietet, das abzusichern.

Sind Bankkredite für Gastronomen überhaupt noch realistisch?

Ich habe gesehen, dass in Eurem ansonsten sehr aufschlussreichen Fachgespräch beim FEC Tuesday Banken als unwahrscheinliche Geldgeber für Gastronomen hingestellt wurden. Dem möchte ich eindeutig widersprechen. Es werden jährlich deutlich mehr – wahrscheinlich ein Vielfaches mehr – Gastronomiekonzepte von Banken finanziert als von externen Investoren. Wahr ist, dass das Risiko hoch ist. In der Regel ist eine Bürgschaft einer öffentlichen Bürgschaftsbank gewünscht, die es für den Gründer natürlich etwas teurer macht. Mein Tipp wäre, sich nicht vorschnell auf eine Finanzierungsart einzuschießen.

Wie findet man Investoren für Gastronomiekonzepte?

Hier gilt sicher vor allem das, was generell für Business Angels gilt und in einem Interview neulich ganz gut dargestellt wurde. Ich schlage Gründern immer wieder vor, sich mit einem rudimentären Konzept – zum Beispiel mit einer Darstellung als Canvas – Feedback von Experten zu holen und dann als Nebenprodukt eventuelle Investoren zu finden.

Auch bereits gastronomisch erfahrene Investoren sowie erfolgreiche, dem Gründer sympathische Gastronomen, die bereits bewiesen haben, dass sie marktgerechte Konzepte professionell umgesetzt bekommen, können als Initiatoren oder Mitinvestoren ins Team geholt werden. Das ist sinnvoll und überzeugt auch eine Bank.  Neben wertvollem Know-how und Kontakten bringt es gegebenenfalls auch steuerliche Vorteile.

Wie wichtig ist ein Businessplan überhaupt im Vergleich zu anderen Faktoren wie Team, Personal, Konzept?

Der Businessplan ist nur ein Baustein unter vielen. Ein toller Businessplan kann keine substanziellen Schwächen kompensieren – das Gegenteil ist aber auch wahr: Ein stümperhafter oder nachlässiger Businessplan offenbart mangelnde kaufmännische Sorgfalt und Selbsteinschätzung.

Was sind typische Fehler im Businessplan von Gastronomen?

Zuerst einmal die auch bei anderen Gründern beliebten Fehler von Top-Down-Marktanalysen, zum Beispiel: In meiner Stadt ist der durchschnittliche Warenkorb XY oder: Ich möchte fünf Prozent Marktanteil von XY.  Bottom-Up-Nutzerbefragungen sind viel aussagekräftiger: In der Straße meines Standorts laufen abends zwischen 19 und 20 Uhr 95 Personen durch, von denen 15 antworteten, auf dem Weg in ein Restaurant zu sein. Praxis statt Theorie: Rudimentäre Prototypen, beispielsweise eine Nutzerbefragung mit einer Speisekarte im Entwurf mit der Zielgruppe zu testen, ist ein Heilmittel gegen Risiko. Daneben gibt es typische handwerkliche Fehler wie das Verwechseln von Liquidität mit Rentabilität. Diese Fehler zu vermeiden, ist im investitionsintensiven Gastronomiebetrieb sehr, sehr wichtig.

Was ist noch zu beachten?

Saisonale Schwankungen. Wir haben mit einem Berater für Gastronomen zusammengearbeitet und den nach den typischsten Fehlern vor und nach Gründung gefragt, um sie in unseren Spezialplaner für Gastronomen einzuarbeiten.

Welche Vorteile hat der Gastronomie-Gründer, wenn er Ihren Spezialplaner einsetzt?

„SmartBusinessPlan“ unterstützt den Gründer digital mit Leitfragen, Beispiel-Businessplänen erfolgreicher Gründungen, einem Canvastool und vor allem digitalen Assistenten, um den Zahlenteil leicht und fehlerfrei hin zu bekommen. Für Gastronomen haben wir Leitfragen und Struktur angepasst: Im Spezialplaner finden sich ein ländlicher Gasthof und ein Szenelokal, die nach dieser Struktur gearbeitet haben. In der Standardversion, auf die Nutzer kostenlos wechseln können, ist zudem noch ein Café, ein Catering-Unternehmen und ein Online-Delikatessenhandel von hoher Relevanz. Sie können sich Kalkulationen, Marketingstrategien, Argumentationsketten und mehr ansehen. Toll finde ich auch, dass die Gründer nicht nur den Businessplan für andere zur Verfügung stellen, sondern in unser Rubrik „Gründerstorys“ zur Entwicklung Rede und Antwort stehen.

Angenommen, ich stehe jetzt an dem Punkt, einen Businessplan für mein Café-Restaurant aufzusetzen und ich möchte mit einem Investor zusammenarbeiten. Wie gehe ich dann mit ihrem Planer idealerweise vor?

Du bringst dich in wenigen Stunden auf Betriebstemperatur, liest Beispiele, entwickelst eine Canvas zum Diskutieren mit Investoren und entwirfst grob deinen Businessplan. Manche Gründer machen das in einer Nacht, holen sich am nächsten Tag wertvolles Feedback ein und in zwei bis drei Schleifen wird das dann ein gutes Konzept. Für eine zusätzliche Gebühr kontrolliert ein Experte den Businessplan oder eine Lektorin überarbeitet die Textqualität. In Diskussionen mit dem Investor können Sie von jedem Ort der Welt in Sekunden die Zahlen ändern und direkt die Veränderungen besprechen. Unsere Teamfunktionalität ermöglicht auch, dass der Investor selbst im Online-Dokument kommentiert oder mitschreibt.

Herr Evers, vielen Dank für die Informationen.

 

smart business plan - interviews-portraits, gruendung „Gastronomen als Investoren oder Mitinvestoren halte ich für sinnvoll“ Gründungs-Experte Jan Evers über Finanzierungsmöglichkeiten für Gastro-Startups

SmartBusinessPlan

Der „SmartBusinessPlan“ will Gründern das Schreiben eines professionellen Businessplans durch digitale Assistenten und Erfolgsbeispiele vereinfachen.

Mehr Informationen hier.

Weiterlesen:

KOMMENTIEREN

* Durch die Verwendung dieses Formulars stimmen Sie der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website zu.