Steuertipps für Gastro-Gründer: 7 Fragen an Steuerberater Arno Böttcher

von Redaktion
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Steuerberater Arno Böttcher hat Tipps für Gastro-Gründer

Wer eine Gastronomie gründet, gründet ein Unternehmen. Und muss sich früher oder später auch über das Thema Steuern Gedanken machen. Ab wann genau? Welche Hürden gilt es zu nehmen, welche Fehler gilt es zu vermeiden, welche Zuschüsse und Finanzierungsmöglichkeiten gibt es?

Wir haben den Hamburger Steuerberater Arno Böttcher, der mit seiner Kanzlei rund ein Dutzend Gastronomie-Betriebe in der Hansestadt betreut, dazu sieben Fragen gestellt.

Herr Böttcher, ab welchem Zeitpunkt der Gründungsphase sollte man sich generell Gedanken über Steuern machen und was ist dann zu tun?
Gründer müssen sich zwangsläufig sehr früh im Rahmen der Erstellung des Businessplans mit der Steuerthematik auseinandersetzen. Ein plausibler Businessplan wird für das Beantragen des Existenzgründungszuschusses erforderlich. Inhalt des Businessplans ist u.a. auch die avisierte Unternehmensform. Entscheidungskriterium ist neben einigen anderen auch die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften. Hier ist insbesondere ist die umsatzsteuerliche Thematik zu beachten (Kleinunternehmer vs. Regelbesteuerer). Es müssen nach Gründung direkt steuerliche Fristen eingehalten werden, hier sollte zumindest partiell ein Steuerberater angehört werden.

Welchen steuerlichen Fehler machen Gastro-Gründer häufig, wie vermeiden sie ihn?
Ein großer Fehler wird häufig bei der Berechnung der veranschlagten Preise gemacht: Die Umsatzsteuer muss bei der Preiskalkulation beachtet werden, da diese monatlich abgeführt werden muss. Ferner stelle ich fest, dass häufig, nicht nur bei Existenzgründern, sondern auch bei langjährigen Gastronomieunternehmern, das Thema Kassenbuch stiefmütterlich behandelt wird. Hier ist Vorsicht geboten und es sind zwingend jedwede formale Vorschriften einzuhalten. Bei offener Ladenkasse: Erstellung eines täglichen Kassenberichtes, zudem tägliche Kassenbestandsermittlung und mehr.

Vom Schuhkarton voller Quittungen zum Kassensystem mit DATEV: Wie schaffe ich Ordnung und Transparenz? Was ist ideal zur Übergabe an den Steuerberater, damit er für beide Seiten effektiv arbeiten kann?
Die Anschaffung einer Kasse mit DATEV-Schnittstelle ist sehr komfortabel, aber auch kostspielig. Es kann am Anfang ratsam sein, die Finanzbuchhaltung händisch zu machen. Dies schärft den Sinn für die notwendige Disziplin bei der Archivierung und lässt Zusammenhänge in der Praxis einfacher erfahren. Alternativ zu einer Kasse mit DATEV-Schnittstelle ist eine Kasse mit Computer-Schnittstelle. Auf dem Rechner lassen sich dann verschiedene Softwares zur automatisierten Finanzbuchhaltung nutzen. Die Entscheidung sollte unbedingt in Zusammenarbeit mit dem entsprechenden Steuerberater sowie einem technischen Experten (bzgl. der Kassen-Anbindung) erfolgen.

Bezüglich alter Kassen gibt es bald eine neue Regelung steuerlicher Art. Worum geht es genau?
Gemäß eines BMF-Schreibens sind ab 1. Januar 2016 sind nur noch Kassensysteme steuerlich unbedenklich, die alle Transaktionen nach Vorgabe des Fiskus speichern, aufzeichnen und auch auslesen lassen. (die so genannte „Verpflichtung zur Belegerteilung und Barzahlungsermittlung“, d. Red.). Dies kann im Rahmen einer Betriebsprüfung vom Finanzamt eingefordert werden. Die offene Ladenkasse ist aber weiterhin erlaubt. Insbesondere für Gastronomen mit niedrigen Jahresumsätzen von unter 15.000 EUR im Jahr zählen weniger strikte Regeln. Ab 2017 gilt: Das elektronische Sicherungssystem oder Aufzeichnungssystem ist durch eine technische Sicherungseinrichtung gegen Manipulation zu schützen.

Gibt es den Gründerzuschuss noch? Crowdfunding ist zu einer Alternative in der Finanzierung geworden, was ist dabei steuerlich zu beachten?
Gründerzuschuss gibt es weiterhin, nur gibt es keinen Rechtsanspruch mehr darauf. Bei sachgemäßer Vorbereitung gibt es weiterhin hohe Erfolgsquoten. Zum Thema Crowdfunding: Aus meiner Sicht ist diese Form der Finanzierung ein sehr gutes Vehikel für Startups zur Kapitalbeschaffung. Es gilt jedoch den Zusatzaufwand im Rahmen des Jahresabschlusses bzw. der Steuererklärung zu beachten. Zudem verlangen Crowdfunding-Plattformen oftmals hohe Einmalgebühren und unter Umständen hohe laufende Gebühren. Eine gesamtwirtschaftliche Beurteilung der Finanzierungsform ist im speziellen Fall zu prüfen.

Trinkgeld ist per se steuerfrei. Richtig?
Richtig! Allerdings nur für Angestellte, nicht für den Inhaber eines Lokals.

Zurzeit fangen viele Gastronomie-Gründer mit einem Markt- oder Streetfoodstand an. Was ist dabei anders? Müssen sie ihre ausgegebenen Portionen zählen? Und welche Unternehmensform ist für so ein zunächst ja sehr kleines Business ratsam?
Grundsätzlich gelten für Streetfood-Stände und ähnliche Gastro-Gewerbearten: Es ist ein „Umsatzsteuerheft“ zu führen. Es handelt sich bei einem solchen Gastro-Modell um ein „fahrendes Gewerbe/Schausteller“, somit unterliegt das Geschäft der Pflicht zur Zusatzsaufzeichnung mit zusätzlicher Kontrollfunktion durch das Finanzamt. Dies erhöht den administrativen Aufwand fallbedingt. Auch kostenseitig gibt es zusätzliche Herausforderungen: Ein Gewerbeschein ist kostenintensiv, aber erforderlich. Es ist jeder Fall einzeln zu prüfen. Denn steuerlich gibt es hier, wie aber auch generell im Gastrobereich, vieles individuell abhängig vom Einzelfall zu prüfen, ein Einzelgespräch mit einem Steuerberater ist zu empfehlen. Zur Gründung würde ich je nach Ausmaß der Geschäftstätigkeit nach Abwägung der Vor- und Nachteile zunächst die Unternehmensform der Einzelunternehmung empfehlen. Je nach Beurteilung des Geschäftserfolges können mittel- bis langfristig andere Rechtsformen steuerlich günstiger sein.

Herr Böttcher, vielen Dank!

www.kanzleiboettcher.de
Foto: Clara Ide

 

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3 Kommentare

Ferdinand Schneider 24. Januar 2020 - 10:19

Mein Bruder und ich möchten ein Restaurant gründen. Wir werden uns auf regionales Essen fokussieren. Diese Steuertipps werden wir berücksichtigen. Es ist toll, dass Trinkgeld steuerfrei ist.

Antwort
Toni Krause 8. Juli 2019 - 12:41

Ich möchte gerne mein eigenes Café öffnen. Danke für den Tipp, dass man die Finanzbuchhaltung händisch machen sollte, bevor man sich gleich eine Kasse mit Datev-Schnittstelle anlegt. Ich werde mit meiner Kanzlei für Steuerrecht eine geeignete Lösung besprechen.

Antwort
Franziska Bergmann 27. Mai 2019 - 13:39

Mein Onkel möchte mit einem Streetfood Stand anfangen. Danke für die Kategorisierung als „fahrendes Gewerbe“ oder „Schausteller“. Ich denke er wird sich mit einem Steuerberater genauer beraten lassen, um eine passende Rechtsform zu finden.

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