Brauereien, Braugaststätten, Bier-Genussorte und mehr: Biersommelier Markus Raupach legt ein zweisprachiges Adresswerk über die Berliner Bierszene vor. Wir haben mit ihm über die Bier- und Gastronomieszene der Kapitale gesprochen.
Zwei Jahre Recherche gingen ins Land und ins Buch, in dieser Zeit wurden alle Berliner und Potsdamer Brauereien besucht. Und das bis kurz vor Schluss: „Wir haben bis zum allerletzten Tag vor Drucklegung, recherchiert“, berichtet Markus Raupach (s. Foto links). So ist der Newcomer Brlo noch ganz am Ende reingerutscht – und die Recherche für die zweite Ausgabe des Kompendiums begännen quasi schon, weil die Berliner Bierszene stark in Bewegung ist: „Es geht ständig weiter, gerade entstehen gerade drei, vier neue Brauereiprojekte, über die wir dann beim nächsten Mal berichten können“, freut sich Raupach.
Bis dahin gibt es erstmal genug zu lesen und zu entdecken: Bierhauptstadt Berlin – Berlin Beer Guide ist ein 300 Seiten starkes Buch mit ausführlichen Portraits und Insider-Fotos der 25 Hauptstadt-Brauereien – von der großen Berliner Kindl-Schultheiss-Brauerei über Newcomer wie die Privatbrauerei am Rollberg, Brewbaker bis zur Zukunft am Ostkreuz, die neben Filmen und Livemusik nämlich auch hauseigenes Bier im Programm hat. Ein facettenreiches, aber kein wirklich schönes Buch. Das Cover ist fast scheußlich. Ein bisschen mehr Layout-Schick wäre drin gewesen, finde ich. Aber mit seinen dicken Lettern, zumal in zwei Sprachen, und dem gerstengelben Hintergrund wird es z.B. im Souvenirshop auffallen und seine Käuferschaft finden. Es ist eben ein Guide von A bis Z. Und wie ein Kollege bei der Buchvorstellung im DasMeisterstück bemerkte: Gerade sind in Berlin drei Bier-Bücher erschienen, die alle völlig andere Zielgruppen ansprechen.
In der Tat: Cocktailian: Bier & Craft Beer ist vornehmlich für Hobby- und Kleinbrauer, das Craft-Bier-Buch als reich bebildertes Portrait von Craft-Brauern rund um die Welt spricht Ästheten und Genießer an und dieser umfangreiche lokale Locationguide empfiehlt sich für Fans von Brauereibesichtigungen und von Bier-Gastronomien, sicher auch als ein gutes Geschenk.
Stichwort Bier-Gastronomien: Hier ist die Auswahl an nicht an Brauhäuser gebundenen Orten der Bierkultur immer noch überschaubar. Es gibt mittlerweile zwar mehr als nur sieben Craft Bier-Gastronomien in der Stadt (z.B. das neue Kaschk), aber noch zu wenige. Findet auch der Sprecher des Deutschen Brauerbunds, Holger Eichele. Er lobt den Craft-Brauer-Boom und fordert zugleich die Gastronomie zum Nachziehen auf: „Wenn es so weitergeht in Berlin, dann müssen die Franken (die Region mit der höchsten Brauereidichte der Welt, d. Red.) sich warm anziehen. Wichtig ist, dass es aber auch seinen Niederschlag in der Gastronomie findet. Die Kneipen müssen die Vielfalt unserer Bierlandschaft darstellen.“
Wohl wahr. Und während es einer der vielen Kuckucksuhren im DasMeisterstück „ihre“ Stunde schlägt (es kuckuckt im Minutentakt hier), ergänzt Raupach im Gespräch mit uns dazu: „Der Biertrend wird sich nach und nach durchsetzen. Aber der Großteil der Berliner Gastronomien ist zurzeit noch sehr langweilig aufgestellt. Man sieht überall große Schilder großer Brauereien. Einige haben ein Bier von südbayerischen Brauereien oder aus Schwaben, aber auch das ist eigentlich nicht mehr neu. Ans Thema Craft Bier trauen sich wenige ran.“ Dies sei auch damit begründet, dass manche Betriebe schlechte Erfahrungen mit den Indie-Bieren gemacht haben: „Beim Thema Haltbarkeit und Verfügbarkeit müssen bei den Brauereien sicher noch Hausaufgaben gemacht werden“, mahnt Raupach. Aber insgesamt habe es sich für die Gastronomen, die sich der Sache angenommen haben, sicher gelohnt, schätzt er mit Hinblick auf den Betrieb, in dem wir sprechen, der handwerkliches Bier zu einem für den Betreiber attraktiven Preis verkaufe und stets gut besucht sei.
Der Preis solle indes nicht nur für den Gastronomen attraktiv sein: Craft-Bier-Brauern rät er: „Bier auf keinen Fall zu billig verkaufen, nicht nur knapp über den Produktionskosten. Damit haben sich viele auf Dauer kaputt gemacht.“ Und wo wir gerade dabei sind: Hat er weitere Tipps? Hat er: „Individualität herstellen, damit die Leute die Brauerei wiedererkennen und wiedererschmecken. Das haben viele verlernt.“ Zum Beispiel? „Der Brauer sollte Stile für sein Publikum entwickeln. Zum Beispiel ein fruchtiges Witbier mit Orange und Koriander, das Thema geht in den USA gerade richtig los. Dort ist man am Ende der Hopfensache angekommen, während bei uns gerade das IPA hoch im Kurs ist. Oder ein Sauerbier – da ist man hier mit der Berliner Weiße mitten im Thema! Oder fassgereifte Biere, wie sie z.B. Oliver Lemke (Brauhaus Lemke, d. Red.) macht. Auch dunkle Biere gibt es meiner Meinung nach auch noch viel zu wenige.“
Na, mal schauen, ob wir uns von der steigenden und erwünschten Vielfalt bei der zweiten Auflage des Berliner Bier-Guides dann nochmal umso mehr überzeugen können.
Markus Raupach, Bastian Böttner
Bierhauptstadt Berlin – Berlin Beer Guide
292 Seiten, 19,90 Euro
erschienen bei GuideMedia
www.bierhauptstadt.de